Trump droht Putin: Können Zölle den Kreml einschüchtern?
Analyse
Kehrtwende des US-Präsidenten :Können Trumps Drohungen Putin einschüchtern?
von Felix Klauser
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Donald Trump droht mit Zöllen und verschärft die Rhetorik gegenüber Wladimir Putin. Doch die markigen Worte aus Washington dürften in Moskau vorerst kaum für Unruhe sorgen.
US-Präsident Trump gibt Russland 50 Tage, um den Ukrainekrieg zu beenden, andernfalls will er Strafzölle gegen Russlands Verbündete verhängen. Er spricht von 100 Prozent Aufschlag.14.07.2025 | 1:43 min
50 Tage, das ist die Frist. 100 Prozent Strafzölle, das ist die Drohung. Frist und Drohung kommen direkt aus dem Weißen Haus, und sie markieren die nächste Kehrtwende von Donald Trump. Bis Anfang September gibt der US-Präsident dem Kreml Zeit, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.
Sollte es bis dahin keinen "Deal", oder zumindest eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine geben, so der US-Präsident, drohten Strafzölle in Höhe von 100 Prozent gegen all jene, die noch immer Geschäfte mit Russland machten. Und damit die Kriegskasse des Kreml füllen.
ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet aus Moskau über die Reaktionen auf die US-Drohungen an Putin.15.07.2025 | 4:16 min
Trumps Geduld mit Putin am Ende
Nach monatelangem Hin und Her scheint die Geduld Donald Trumps mit Wladimir Putin am Ende zu sein. Er habe viel Gerede (von russischer Seite) gehört, so Trump heute, nur damit in der nächsten Nacht wieder Kiew bombardiert werde.
Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, werden wir von Putin mit jeder Menge Bullshit beworfen.
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Donald Trump, US-Präsident
Dass Trump ein Frieden in der Ukraine wichtig ist, sei durchaus glaubwürdig, sagt USA-Korrespondent Theveßen. Dafür möchte der US-Präsident aber auch die Anerkennung.14.07.2025 | 14:10 min
Mit seiner Sanktionsdrohung wählt Trump jetzt den nächsten Eskalationsschritt. Dabei sah es lange so aus, als würde Moskaus Strategie, auf Zeit zu spielen, aufgehen. Mehrere Telefonate zwischen Wladimir Putin und Donald Trump brachten zwar viele warme Worte, jedoch kaum greifbare Ergebnisse.
Auch die Besuche des US-Sondergesandten Steve Witkoff in Russland machten da keinen Unterschied. Außer Sightseeing-Trips in St. Petersburg und Moskau waren konkrete Ergebnisse eher rar. Für den Kreml war all das ein "best-case"-Szenario: reden, verhandeln - und weiter kämpfen.
Sekundärsanktionen könnten Russland hart treffen
Mit den angedrohten Sanktionen Trumps könnte sich das ändern, denn sie zielen auch auf Russlands wichtigste Einnahmequelle: den Verkauf von Rohstoffen, insbesondere Öl und Gas. Rund die Hälfte des russischen Staatshaushalts werden aus entsprechenden Verkäufen gespeist.
Zu viele falsche Versprechen haben Trump zur Kehrtwende gegen Putin bewegt, sagt US-Korrespondent Theveßen. In Moskau bleibt man entspannt, sagt Russland-Korrespondent Coerper.14.07.2025 | 14:29 min
In den vergangenen dreieinhalb Kriegsjahren ist es nicht gelungen, Russlands Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft substanziell zu verringern. Der Kreml umging bisherige Sanktionen beispielsweise mit der sogenannten Schattenflotte. Trumps Androhungen, sogenannte Sekundärsanktionen, gehen daher einen Schritt weiter: Sie sollen die Käufer der russischen Rohstoffe abschrecken.
Sollten die Einnahmen Russlands aus dem Öl- und Gasgeschäft dadurch tatsächlich weg- oder zumindest einbrechen, ergäben sich massive Finanzierungsprobleme für den Kreml. Und damit wohl Schwierigkeiten, die Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten.
Fragezeichen hinter Trumps Drohung
Allerdings stehen hinter der Drohung Trumps, so drastisch sie klingen mag, gleich mehrere Fragezeichen. Russisches Öl aus dem Markt zu verdrängen, das immerhin zehn Prozent des Weltmarktes ausmacht, würde wohl mit massiven Turbulenzen beim Ölpreis einhergehen und wäre kurzfristig nicht umsetzbar.
US-Präsident Trump hat Russlands Präsidenten Putin ungewöhnlich scharf kritisiert. Trump wolle den Krieg beenden, es gehe ihm nicht um seine Seite, sagt US-Politologe Sparding.09.07.2025 | 7:56 min
Fraglich ist außerdem, ob Donald Trump tatsächlich bereit wäre, für die Ukraine einen neuen Zollstreit mit China oder Indien zu riskieren, die zu den größten Abnehmern russischen Öls gehören. Die Auswirkungen eines solchen Zollstreits würden auch die USA treffen und wohl zu neuen Unruhen auf dem Weltmarkt führen.
In Hinblick auf russisches Gas wären Sekundärsanktionen ebenfalls problematisch: Auch europäische Partner, wie Österreich und Ungarn, kaufen russisches Gas.
Sanktionspaket: "Vorschlaghammer", um Krieg zu beenden
Donald Trump verschärft somit zwar die Rhetorik in Sachen Sanktionen - bislang aber nicht viel mehr. Und er geht dabei noch einen vergleichsweise milden Weg.
Putin brauche den Krieg, um sein Regime zu stabilisieren, so Militärökonom Keupp. Der russische Präsident habe das Land transformiert und regiere autoritär. 10.07.2025 | 30:05 min
Der Republikanische Senator Lindsey Graham, der maßgeblich hinter dem Vorschlag von Sekundärsanktionen steht, hatte Zölle in Höhe von bis zu 500 Prozent gefordert. Graham sprach von einem "Vorschlaghammer", der Trump zur Verfügung stünde, um den Krieg zu beenden. Donald Trump hat sich für die deutlich weniger brachiale Variante entschieden.
Moskauer Börse reagiert mit Kursgewinnen
50 Tage bieten dem US-Präsidenten reichlich Gelegenheit seine Meinung zu ändern - und Russland die Möglichkeit, auf dem Schlachtfeld weiter vorzurücken. Zölle in Höhe von 100 Prozent wären außerdem deutlich weniger, als zuvor im Raum standen.
Und dann war da noch eine dritte Zahl, die am Abend die Runde machte - sie kam aus Russland. Die Moskauer Börse stieg nach Trumps Aussagen um mehr als zwei Prozent. Wohl aus Erleichterung, dass die Drohung doch weniger drastisch ausfiel, als manch einer befürchtet hatte.
Felix Klauser berichtet über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.