Ukraine-Krieg: Was Trumps 50-Tage-Ultimatum an Putin bedeutet

Analyse

50-Tages-Frist im Ukraine-Krieg:Warum Trump seine Politik gegenüber Putin verändert

von Beatrice Steineke, Washington D.C.
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Nach vielen Gesprächen ohne Erfolg zeigt sich US-Präsident Trump enttäuscht und steht innenpolitisch vor einem Spagat. Trumps Lösung: ein Ultimatum an Putin im Ukraine-Krieg.

USA, Washington D.C.: US-Präsident Trump spricht im Weißen Haus in ein Mikrofon.
Bundesverteidigungsminister Pistorius fordert, dass sich auch andere NATO-Partner an der Finanzierung der Patriots beteiligen.15.07.2025 | 1:23 min
Anfang Juli, Kabinettstreffen in Washington: US-Präsident Donald Trump spricht über seine Telefonate mit Wladimir Putin: "Er ist die ganze Zeit sehr nett, aber am Ende stellt sich heraus, dass es bedeutungslos ist." In der Nacht darauf startet die russische Armee ihren bis dato größten Angriff auf die Ukraine - mit 728 Drohnen und 13 Raketen.

Meine Gespräche mit ihm sind sehr angenehm, und dann werden nachts Raketen abgefeuert.

US-Präsident Donald Trump

Viermal habe eine Einigung im Raum gestanden, erzählte US-Präsident beim Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Oval Office, doch dann habe es erneute russische Angriffe auf die Ukraine gegeben. Trump machte deutlich, er ist sauer und enttäuscht.
ZDF-Korrespondentin Lara Wiederking bei einem Schaltgespräch.
US-Präsident Trump hat einen Kurswechsel gegenüber Russland angekündigt. Wie der neue Kurs in Europa aufgenommen wird, schätzt ZDF-Korrespondentin Lara Wiedeking ein. 15.07.2025 | 0:59 min
Seine Lösung: eine Frist von 50 Tagen für Kremlchef Putin. Kommt es zu keiner Einigung, drohen allen Handelspartnern Russlands Zölle in Höhe von 100 Prozent.
Doch ist dieses Ultimatum nun wirklich die Kehrtwende, wenn Trump kurze Zeit später betont: Dies sei nicht sein Krieg, sondern Ex-Präsident Joe Bidens Krieg. In Wahrheit verschafft sich Trump mehr Zeit, um einen innenpolitischen Spagat hinzulegen.
Schaltgespräch Slomka & Lange
Nach Trumps Wende in der Ukraine-Politik solle man nicht davon ausgehen, dass er für Europas Sicherheit sorgt, sondern selbst Druck auf Putin ausüben, so Militärexperte Nico Lange.14.07.2025 | 5:02 min

Steve Bannon: Sanktionen verschärften die Lage

Die MAGA-Anhänger des US-Präsidenten fordern die Einhaltung eines zentralen Wahlversprechens: weniger bis gar keine Einmischung mehr in ausländische Konflikte. Auf einer Konferenz der rechts-konservativen Gruppe "Turning Point USA" in Florida am Wochenende hatte Trumps ehemaliger Chefberater Steve Bannon drei Hauptanliegen: der Fall Epstein, Migration und der Krieg in der Ukraine.

Ich bin gegen Sanktionen. Das wird die Lage noch verschärfen. Russland wird nicht nachgeben - selbst mit zusätzlichen Sanktionen nicht.

Steven Bannon, Trumps Ex-Stabschef

Im ZDF-Interview erklärte Bannon, die USA habe "kein wesentliches nationales Sicherheitsinteresse" an der Ostgrenze der Ukraine. Amerika habe ganz andere Probleme im eigenen Land zu lösen, als einen Krieg in Europa zu führen.

Steve Bannon und Donald Trump
Quelle: ap

... genannt Steve Bannon ist eine der einflussreichsten Stimmen im ultra-konservativen Lager. Er hetzt seit Jahren mit Verschwörungserzählungen und Falschinformationen. Er verbreitet etwa die Lüge, die Präsidentschaftswahl 2020 sei gestohlen worden - wofür es keine Beweise gibt.

Bannon war Gründer der Internetplattform "Breitbart" und wurde 2016 zum Chefstrategen im Wahlkampf von Donald Trump. Nach der Wahl ernannte Trump ihn zum Chefstrategen im Weißen Haus, nach einigen Wochen kam es zum Bruch. Bannon feierte sein Comeback als Talkshowhost, sein Podcast "WarRoom" gehört zu den erfolgreichsten politischen Podcasts in den USA. 2022 war Steve Bannon wegen Missachtung des Kongresses bei einem Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er saß sie von Juli bis Oktober 2024 ab und wurde kurz vor der US-Präsidentschaftswahl nach Verbüßung der Strafe entlassen.

Die ebenfalls zur MAGA-Bewegung gehörende Republikanerin Marjorie Taylor Greene sieht auch im Verkauf von Waffensystemen an die Nato einen zentralen Vertrauensbruch. Das Versprechen an die Wählerschaft sei gewesen, die USA halte sich aus allen Konflikten raus.

Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht generell um alle ausländischen Kriege und um eine Menge US-Hilfsprogramme im Ausland.

Marjorie Taylor Greene, US-Republikanerin

Auch wenn die Nato für die Waffen bezahle, so Green, gebe es indirekte Kosten etwa wenn die USA die Kosten für die Ausbildung an den Waffensystemen übernehmen würden.
Schaltgespräch zwischen Elmar Theveßen und Christopher Wehrmann
Trump fühle sich von Putin verhöhnt, sagt ZDF-Korrespondent Theveßen. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der US-Präsident es mit seiner Wende in der Russland-Politik ernst meint.15.07.2025 | 2:14 min

Sanktionspaket im US-Senat vorbereitet

Der republikanische Senator Lindsey Graham und der demokratische Senator Richard Blumenthal bezeichneten Trumps Ankündigung dagegen als einen "echten Vorschlagshammer". Graham hatte bereits am Sonntag in einem TV-Interview einen Kurswechsel der USA im Umgang mit Moskau angedeutet.
Beide Senatoren hatten ein gemeinsames Sanktionspaket vorbereitet: Zölle von bis zu 500 Prozent gegen Russland und seine Handelspartner. Überparteilich würden 85 Senatoren diese Sanktionen unterstützen. Zunächst werde das Paket auf Eis gelegt, solange die 50 Tages-Frist für Putin laufe.
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US-Präsident Donald Trump hat sich noch nicht dazu geäußert. Da der Vorschlag der Senatoren aber sehr viel Spielraum für Trump lässt, gibt es keine Gründe ihn nicht zu unterstützen. Insgesamt zeigt sich: Donald Trump muss Antworten finden, ohne die Gräben in dieser Streitfrage innerhalb der Republikanischen Partei zu verstärken.

US-Sicherheitsexperte: Ultimatum wenig effektiv

In der 50-Tages-Frist sieht der US-Experte für Nationale Sicherheit, Jeffrey Edmonds, keine Chance Putins Ziele zu verändern. Edmonds war Berater im Verteidigungsministerium unter Ex-Präsident Joe Biden und zuvor Direktor für Russland im Nationalen Sicherheitsrat.

Trump ist enttäuscht, weil er dachte, dass allein das Gewicht seiner Persönlichkeit und seine Beziehung zu Putin, sobald er an der Macht ist, irgendeine Art von Friedensabkommen zustande bringen würden.

Jeffrey Edmonds, US-Experte für Nationale Sicherheit

Aber was Trump nicht verstehe, so Edmonds im CNN-Interview, dass der Krieg in der Ukraine für Putin "alles bedeutet". Das Ultimatium des US-Präsidenten werde nicht sehr effektiv sein.
Donald Trump und Waldimir Putin auf einer Fotomontage vor einer Karte der Ukraine.
Frieden in 50 Tagen oder 100% Strafzölle für Russlands Handelspartner, damit droht US-Präsident Trump und kündigt Waffenlieferungen für die Ukraine an. ZDFheute live analysiert.14.07.2025 | 31:14 min

Verteidigungsminister Pistorius in Washington

Am Montag war allerdings nicht nur Nato-Generalsekretär Mark Rutte zu Besuch in Washington, sondern auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Er bestätigte, dass Deutschland zwei weitere Patriot-Luftverteidigungssystemen im Wert von etwa zwei Milliarden Euro finanzieren und in die Ukraine liefern wird.
Nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Pete Hegseth zeigte sich Pistorius zuversichtlich: Der US-Kongress werde "entsprechend auch mit Unterstützung des Präsidenten darauf reagieren", falls Putin sich nicht so verhalte, "wie man es jetzt von ihm verlangen muss".
US-Drohungen: Spott aus Moskau
ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet aus Moskau über die Reaktionen auf die US-Drohungen an Putin.15.07.2025 | 4:16 min
Doch 50 Tage sind ein langer Zeitraum. Wie beständig wird US-Präsident Donald Trump bei seiner Haltung gegenüber Putin bleiben? Bringt das nächste Telefonat zwischen Trump und Putin schon die Wende von der Kehrtwende? Der Sicherheitsexperte Nico Lange im ZDF heute journal hat Zweifel:

Putin ist ein KGB-Agent, in psychologischer Kriegführung geübt, wer weiß, wie er im nächsten Telefonat mit Trump seinen Charme spielen lässt - und was Trump danach dann sagt.

Nico Lange, Sicherheitsexperte

Fast ein halbes Jahr ist Donald Trump nun zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei hat er gezeigt: Trump lässt sich immer Spielraum für einen alternativen Weg offen.
Beatrice Steineke berichtet als Korrespondentin aus dem ZDF-Studio Washington in den USA.

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