Welttag der Biodiversität: Kinder für die Natur begeistern

Welttag der Biodiversität:Kinder für die Natur begeistern

Mark Hugo
von Mark Hugo
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Biodiversität ist fad und abstrakt - oder auch nicht. Die Zooschule Nordhorn zeigt Kindern, wie wertvoll und spannend Natur sein kann. Und ist dafür jetzt ausgezeichnet worden.

Artenvielfalt zum Anfassen
Die Zooschule des Tierparks Nordhorn an der niederländischen Grenze macht für Kinder und Erwachsene Biodiversität hautnah erlebbar.22.05.2025 | 3:39 min
Die kleinen Entdecker von heute sind die Naturschützer von morgen. Das ist zwar nicht das Motto der Zooschule des Tierparks Nord, könnte es aber gut sein. Denn das Team um Biologin Ina Deiting gibt wirklich alles, um den Kindern die Natur und deren Wert näherzubringen.
Für ihre Exkursionen und Projekte bekommt die Zooschule in diesem Jahr den "Nationalen Preis Bildung für nachhaltige Entwicklung".
Mark Hugo und Nadine Krüger im Gespräch im "Volle Kanne"-Studio
Mark Hugo von der ZDF-Umweltredaktion erklärt, warum biologische Vielfalt für die Menschen überlebenswichtig ist.22.05.2025 | 6:04 min

Natur erfühlen vom Boot aus

Auf dem Boot, das an diesem Tag im renaturierten Abschnitt der Vechte im Grenzgebiet von Niedersachen und den Niederlanden unterwegs ist, kreist gerade der bleiche Schädel eines Storches. Fasziniert befühlen ihn die Kinder einer vierten Klasse der Grundschule Lahr. Hin und wieder schauen sie zum Vergleich hinauf zum gut bewohnten Storchennest am Ufer, das sie eben erst passiert haben.
"Auf dem Schiff kriegt man sie eigentlich alle gepackt", sagt Ina Deiting und lacht. "Erstmal ist der Vorteil: Sie können nicht weglaufen." Aber auch darüber hinaus sorge das Naturerleben immer für Begeisterung. Wenn auch nicht zwei Stunden am Stück, räumt sie ein.

Die Zooschule flankiert mit seinem Bildungsangebot sozusagen das Programm des Tierparks Nordhorn in Niedersachsen. Mehr als 15.000 Teilnehmer nehmen laut Schule jedes Jahr an den Angeboten teil. Dazu gehören Exkursionen etwa auf Wacholderheiden ebenso wie Kurse im Tierpark oder Besuche in Schulen.

Als "Leuchtturmprojekt" erhält die Zooschule 2025 den "Nationalen Preis - Bildung für nachhaltige Entwicklung", den alle zwei Jahre das Bundesministerium für Bildung und die Deutsche UNESCO-Kommission vergeben. Er wird am Welttag der Biodiversität in Berlin überreicht.

Ausgestopfter Biber an Bord

Ein ausgestopfter Biber - das tragische Opfer eines Verkehrsunfalls - und ein Otter fahren auf dem Boot mit. Beide Tiere sind hier zwar in der Vechte wieder heimisch, seit dem einst begradigten Fluss vor etwa zehn Jahren wieder seine alte Form zurückgegeben wurde. Tagsüber lassen sie sich aber so gut wie nie blicken.
Dafür aber Enten, Libellen und Blesshühner. "Man kann einfach mal in der Natur schauen, ob es Tiere gibt, die du vielleicht noch nie kennengelernt hast", schwärmt Schülerin Martha. Und Sven findet: "Jeden Tag gehst du in den Klassenraum. Das ist nix Neues. Und das hier ist wohl was Neues."

Taumelkäfer, Muscheln und Libellen im Käscher

Das Highlight jeder Fahrt: Käschern in der Vechte. Kaum verteilt, tauchen die Kinder die Fanggerät an Steuer- und Backbord ins Wasser. Heraus holen sie bald Krebse, Muscheln oder Fische. Und Arle fängt sogar einen der seltenen Taumelkäfer.
"Klar, da ist erstmal ein Iiiih", sagt Ina Deiting. "So ein Wasserskorpion oder eine Libellenlarve, die sehen mitunter wie ein kleines Monster aus". Für die Kinder ist das aber ein Spaß, einer, der sogar was bringt. "Sie lernen dabei, es zu schätzen und dadurch zu schützen."

Seit 2001 wird der 22. Mai als Internationaler Tag der biologischen Vielfalt begangen. Er erinnert an den Tag im Jahr 1992, an dem der Text der Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity; CBD) offiziell angenommen wurde. Die CBD ist ein weltumspannendes, völkerrechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der belebten Natur. Sie hat 196 Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland.

Forscher: Menschen mehr ermutigen

Der vielleicht wichtigste Punkt dabei, findet auch Professor Thomas Hickler von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Etwas, das man nicht erlebt, das man nicht kennt, das schützt man auch nicht.

Professor Thomas Hickler, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Jasmina Neudecker im Wald
Ein Ort voller Mythen und Wunder. Was können wir vom Wald lernen? 13.05.2020 | 17:29 min
Deshalb müsse man die Menschen ermutigen, mehr raus in die Natur zu gehen, dabei ein paar Arten kennenzulernen oder etwa Vögel an ihren Stimmen zu erkennen, sagt Hickler weiter.

Wenn wir uns in der Natur bewegen, frische Luft, auch allein diese Farben in der Natur, im Wald - das macht einfach glücklich.

Professor Thomas Hickler, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Experte: Zu wenig Schutz der biologischen Vielfalt

Für den Schutz der biologischen Vielfalt werde "ganz offensichtlich" noch zu wenig getan, kritisiert der Biogeograph. Weltweit sei bereits eine von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.

Wir leben in einem Zeitalter des Massensterbens. Zum letzten Mal sind in so kurzer Zeit so viele Arten ausgestorben, als vor 65 Millionen Jahren ein Asteroid die Erde getroffen hat.

Professor Thomas Hickler, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Artensterben in Deutschland - Eule
Seit ein Meteorit vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier auslöschte, hat es auf der Erde kein so rasantes Artensterben gegeben wie heute. Was bedeutet das für unsere Zukunft?23.08.2022 | 43:58 min
Auch in Deutschland sind fast ein Drittel der rund 30.000 auf der Roten Liste aufgeführten Arten bestandsgefährdet. Das heißt, sie sind vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Etwa drei Prozent gelten bereits als ausgestorben.
Der ziemlich aufgeregte Taumelkäfer, den Arle und die anderen in seiner Klasse in einem kleinen Behälter mit Lupe genauesten inspizieren, gehört zum Glück noch nicht dazu. Auch das gefangene Exemplar muss nicht um sein Leben fürchten. Wie alle anderen Tiere auch, wird es bald wieder freigelassen. Der Schutz der Natur ist Ina Deiting eben wichtig. Und den Kindern auch.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion

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