Rheinland-pfälzischer Ministerpräsident:Schweitzer: Rente ist kein Charity-Projekt
von Torben Schröder
Wir brauchen Wachstum und Reformen, der Satz ist Konsens. In welche Richtung sie gehen sollen, ist zwischen Schwarz, Rot und einer "Wirtschaftsweisen" alles andere als ausgemacht.
Sehen Sie hier die Sendung "maybrit illner" vom 13. November 2025 in voller Länge.
13.11.2025 | 63:36 minWirtschaftspolitik, heißt es, ist zur Hälfte Psychologie. Über diesen Punkt allerdings ist die Lage in Deutschland längst hinaus. Vielmehr belegt die Debatte in der ZDF-Sendung "maybrit illner" handfeste Verteilungskonflikte und Fragen der grundsätzlichen Neuausrichtung der Bundesrepublik.
"Derzeit ist vielen noch nicht bewusst, in welcher schwierigen Situation wir in der Wirtschaft sind", merkt Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, an. Die jüngsten Arbeitsergebnisse der schwarz-roten Koalition seien "der kleinste gemeinsame Nenner". Viel mehr müsse passieren.
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD beraten über Maßnahmen, die die Wirtschaft ankurbeln sollen. Eine Einigung gab es etwa bei der Entlastung der Industrie bei den Strompreisen.
13.11.2025 | 1:34 minRobin Alexander: Schwarz-rote Uneinigkeit nicht mit Ampel-Streits zu vergleichen
Den nötigen Stimmungsumschwung sieht Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, noch nicht. Auf Bundesebene seien enorme steuerpolitische Entscheidungen getroffen worden. Es tue sich einiges, was aber durch kontroverse Debatten, die nur der Profilierung dienten, wieder eingerissen werde. Der Journalist Robin Alexander ("Welt") stellt fest:
Es ist einiges anders, als es noch im Wahlkampf geklungen hat.
Robin Alexander, Journalist
Die Uneinigkeit in der Koalition sei mit der Zeit der Ampel nicht zu vergleichen, allen Dissonanzen zum Trotz. Beim Verbrenner-Aus sieht Alexander eine Machtprobe zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und Kanzler Friedrich Merz (CDU), bei der Rente zwischen Jünger und Älter in der Unionsfraktion. Dort allerdings braue sich ein großes Problem für die Koalition zusammen.
Bei ihrem Koalitionsausschuss haben Union und SPD mehrere Beschlüsse zur Wirtschaft gefasst. Beim Verbrenner-Aus gebe es weiter "Zwist", so ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese.
13.11.2025 | 2:05 minSchweitzer: Bürger müssen sich auf gesetzliche Rente verlassen können
Auf Schweitzers Formel, "wir brauchen Wirtschaftswachstum und wir brauchen Reformen", können sich alle einigen. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm skizziert die Dringlichkeit. Im Jahr 2029 würden die Sozial-, Verteidigungsausgaben und Zinskosten schon die gesamten Einnahmen des Bundes aufzehren.
Das heißt, wir brauchen schon sehr, sehr klare Maßnahmen, um die Kosten zu senken und Wachstum anzustoßen.
Veronika Grimm, Wirtschaftsweise
Stattdessen würden die anstehenden Rentenreformen die Kosten aber eher steigern.
"Die Rente besteht aus Ansprüchen, die Menschen erworben haben", sagt Schweitzer. Es handele sich nicht um ein Charity-Projekt je nach Kassenlage. Die Bürger müssten sich auf die gesetzliche Rente verlassen können.
Eine große Mehrheit der Deutschen hat Zweifel an der langfristigen Verlässlichkeit der gesetzlichen Rente. 83 Prozent halten sie für nicht mehr zukunftssicher.
04.11.2025 | 1:34 minGrimm wiederum sieht den aktuellen Regierungskurs sehr kritisch. Die Rente sei nicht nachhaltig aufgestellt. "Man müsste das Rentenalter langsam an die längere Lebenserwartung anpassen." Zudem müsse der Nachhaltigkeitsfaktor wieder aktiviert und die Frühverrentung zurückgefahren werden.
Haseloff sieht Spielräume bei den Sozialleistungen
Haseloff sieht Spielräume bei den Sozialleistungen, auch hinsichtlich der Anzahl der Leistungsempfänger bei der Einwanderungspolitik. Schweitzer lenkt den Blick in eine andere Richtung:
Wir haben einen Sozialstaat, als wären wir noch bei Bismarck. Er ist nicht digital, er ist nicht schlank.
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz
So bestehe schon rein moralisch nicht das Recht, den Menschen zu sagen, dass sie den Gürtel enger schnallen müssen.
Der Sozialstaat hat breite Unterstützung, doch viele halten die Kosten für zu hoch. Besonders Menschen mit geringem Einkommen kritisieren fehlende Leistungsanreize.
23.10.2025 | 1:28 minSchweitzer: "Wir kaufen uns gerade Zeit"
Auch den Verlust von wichtigen Leitindustrien sieht Haseloff kritisch. In Sachen Klimapolitik müsse eine Neugewichtung her: "Wir müssen einfach feststellen, dass bestimmte Technologien nicht nachhaltig laufen." Es gelte, erst Deutschland zu konsolidieren, bevor wir an anderen Stellen Hilfen leisten. Die Diskussion, was Deutschland schaffen kann, müsse geführt werden.
Es ist ja gar nicht so, dass die deutsche Industrie nicht investiert - sie investiert nur immer weniger in Deutschland.
Robin Alexander, Journalist
Entlastungen für die Industrie beim Strompreis wiederum sieht Journalist Alexander kritisch: "Das ist doch nicht langfristig gesund."
Schweitzer betont: "Wir kaufen uns gerade Zeit." Seit den ersten Transformationsentscheidungen sei einiges dazwischen gekommen - ein Krieg in Europa, US-Präsident Donald Trump. "Aber wir haben keinen Plan für danach", entgegnet Grimm.
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