Experten zu Weidel und Habeck:"Charmeoffensive" und großer Regierungswille
Bei der Wirtschaft sieht Ökonom Fuest bei beiden Kanzlerkandidaten Kritikwürdiges. Von Lucke attestiert Habeck unbedingten Regierungswillen und Weidel eine "Charmeoffensive".
Die Analyse zu den Interviews von Weidel und Habeck hier in voller Länge.
10.02.2025 | 37:30 minRobert Habeck, Kanzlerkandidat der Grünen, und Alice Weidel, Kanzlerkandidatin der AfD, stellen sich in "Was nun, ...?" wichtigen Fragen zur Bundestagswahl und den Wahlversprechen ihrer Parteien.
Bei ZDFheute live analysieren Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke und der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, die Gespräche mit den Spitzenpolitikern.
Sehen Sie oben die gesamte Sendung ZDFheute live mit den Analysen der Experten und lesen Sie diese hier in Auszügen.
Grünen-Kandidat Habeck wisse, dass er nicht Kanzler werden kann, sagt Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Eine Rolle in der Opposition wolle er aber unbedingt vermeiden.
10.02.2025 | 8:31 minLucke über Habeck: Geht um "den Platz an der Sonne"
Die Vorstellung, dass die Grünen mit Habeck rund 15 Prozentpunkte auf die Union aufholen könnten, sei unrealistisch, stellt von Lucke klar. Mit der Bewerbung als Kanzlerkandidat gehe es Habeck vielmehr um "den Platz an der Sonne".
Er will regieren. Er will auf jeden Fall mitregieren.
Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler
Habeck wisse ganz genau, dass er nicht als Bundeskanzler Teil einer künftigen Bundesregierung werden könne - er ziele hingegen abermals auf das Amt des Vizekanzlers ab, so von Lucke.
Was sich immer wieder zeige: Habecks Stärke liege darin, dass er "die großen, langen Linien sehr gut zeichnen kann", meint von Lucke. "Was sicherlich nicht seine Stärke ist, das ist die Arbeit im Detail." Sein Vorstoß, höhere Abgaben auf Kapitalerträge einzuführen, sei etwa "ziemlich ungeschickt" gewesen.
Das Wirtschaftskonzept der Grünen weise in die richtige Richtung, sagt Ökonom Prof. Clemens Fuest. Das Ganze sei aber zu planwirtschaftlich orientiert.
10.02.2025 | 6:29 minFuest über Habeck: "Zu planwirtschaftlich orientiert"
Fuest hat von dem amtierenden Wirtschaftsminister Habeck bei "Was nun, ...?" Lösungen zur deutschen Wirtschaftsflaute vermisst: "Was man von einem Wirtschaftsminister erwarten würde, ist eine Aussage, ein Plan darüber, wie kann Deutschland diese strukturelle Krise, von der er selber gesprochen hat, wie kann die überwunden werden?" Der Präsident des Ifo-Instituts resümiert: "Dazu gab es bis jetzt jedenfalls keine Antwort."
Als "richtig" bewertet Fuest Habecks Versprechen, Geflüchtete schneller in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen und seine Haltung zu Zöllen. Dem Wirtschaftskonzept der Grünen kann Fuest insgesamt durchaus etwas abgewinnen, doch: "Ich glaube einige Maßnahmen weisen in die richtige Richtung, aber das Ganze ist zu planwirtschaftlich orientiert", ist Fuest sicher. Auch überzeuge ihn Habecks Haltung zu Ausgaben nicht:
Ein Wirtschaftsminister, der sagt, ich kann nur mit Schulden vorankommen, der überzeugt nicht.
Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung
Es sei davon auszugehen, dass die AfD die zweitstärkste Kraft im Parlament werden wird, so Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Das werde das Parlament maßgeblich verändern.
10.02.2025 | 9:17 minVon Lucke über Weidel: Eindruck des "Wünsch dir was"
Das war die Charmeoffensive. Und das war ja wohl ganz eindeutig und das zeigt, welches Geschenk Alice Weidel für diese Partei ist.
Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler
Von Lucke meint, Weidel habe sich im Gespräch bei "Was nun, ...?" souverän gezeigt. Es gebe aber auch eine andere Alice Weidel, etwa im Bundestag oder auf dem vergangenen AfD-Parteitag, sagt von Lucke. "Dann ist das eine Ansprache, die von Ressentiment und Aggressivität nur so bebt." Weidel verstehe es gut, den Eindruck des großen, wirtschaftlichen "Wünsch dir was" und Beschenkens der Bürger zu erwecken, während dahinter "die ganz harten Aussagen der AfD, die es gibt" - etwa zu Migration - zu verstecken.
Weidels Koalitionsangebot an die Union sieht von Lucke kritisch. Er gebe zu bedenken, "dass im Hintergrund das Ziel der AfD ist, vor allem die CDU, CSU zu attackieren, denn das ist der originäre Widerpart".
Das Wirtschaftsprogramm der AfD verspreche viel, sagt Ökonom Prof. Clemens Fuest. Der vorgeschlagene Finanzierungsplan sei aber unrealistisch.
10.02.2025 | 7:43 minFuest über Weidel: "Nicht überzeugt"
In Deutschland gebe es durchaus "ziemlich viele Interventionen des Staats", so Fuest, anders als von Weidel behauptet befände man sich aber nicht in einer "Planwirtschaft" sondern in einer Marktwirtschaft. Weidels Wortwahl sei damit "total überzogen".
Und wenn man solche Begriffe verwendet, führt das ja dazu, dass nicht ganz klar ist und dass man sich auch nicht dazu äußern muss, was möchte man denn wirklich ändern und was sind die Abwägungsprobleme.
Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung
Weidels Aussagen zur Finanzierung der Vorhaben, die die AfD in ihrem Wahlkampf verspricht, hätten Fuest "nicht überzeugt". "Die Einsparungsideen von Frau Weidel waren für mich jetzt nicht nachvollziehbar. Ich halte die nicht für tragfähig."
Große Versprechungen ohne Erklärung, wie diese finanziert werden sollen, seien typisch für populistische Parteien, sagt Fuest. "Fairerweise muss man sagen, dass das bei vielen politischen Parteien in Ansätzen so ist. Aber so extrem wie bei der AfD sehe ich das jetzt nirgends", bilanziert Fuest.
Die Interviews führte ZDFheute live-Moderator Philip Wortmann. Zusammengefasst hat sie ZDFheute-Redakteur David Metzmacher.
Rückblick:Bundestagswahl 2025: Scholz und Merz haben Stimme abgegeben
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