SPD-Minister: Politologe hält Überraschungen für möglich

Interview

Politologe über SPD-Ministerien:Warum Klingbeil es schwerer hat als Merz

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Am Vormittag will die SPD bekanntgeben, wer künftig die Ministerposten übernimmt. Ein Politologe erklärt, warum das für Lars Klingbeil komplexer ist als für den baldigen Kanzler.

Gespräch Karl-Rudolf Korte
Sehen Sie hier das ganze Gespräch mit Karl-Rudolf Korte im Video - oder lesen Sie nachfolgend eine Zusammenfassung.04.05.2025 | 4:06 min
An diesem Montagvormittag will die SPD bekanntgeben, wie sie ihre Plätze in der künftigen Bundesregierung besetzen wird. Neben Kabinettsposten dürften auch weitere Führungsämter innerhalb der Partei neu verteilt werden. Fest stehen bislang nur wenige Namen.
So soll Co-Parteichef Lars Klingbeil Finanzminister und Vizekanzler werden. Auch die Fortsetzung von Boris Pistorius als Verteidigungsminister gilt als sicher. Zudem sollen nach ZDF-Informationen zwei weitere Ministerien an die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und den Ostbeauftragten Carsten Schneider gehen.
ressekonferenz der CSU nach Vorstandssitzung
Der künftige Innenminister Dobrindt (CSU) kündigt vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags verschärfte Grenzkontrollen an.04.05.2025 | 2:44 min

Politologe hält Überraschungen für möglich

Für den Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sind weitere Überraschungen nicht ausgeschlossen - ähnlich wie bei der Vorstellung der Unions-Personalien. Sollte die SPD tatsächlich mit Unerwartetem aufwarten, so zeuge das von "Souveränität und Unabhängigkeit des Hauptakteurs", so Korte.
Mit Hauptakteur meint Korte Klingbeil. Dieser habe es schwerer als Bald-Kanzler Friedrich Merz (CDU).

Er muss ja wahrscheinlich dem ein oder anderen etwas wegnehmen, Merz konnte geben.

Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler

Das zeigt sich auch an der Personalie Hubertus Heil, dem langjährigen Arbeitsminister unter Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD), der offenbar kein Amt mehr bekommen wird.
Diana Zimmermann in Berlin.
"Klingbeil fällt die Entscheidung, was mit Saskia Esken passieren soll, offenkundig schwer. Inzwischen gibt es laute Kritik, dass er die Debatte so lange laufen lässt" sagte Diana Zimmermann.30.04.2025 | 1:56 min

Klingbeils Schulterschluss zu Esken "auffällig"

Auch über die künftige Rolle von Co-Parteichefin Saskia Esken dürfte bald Klarheit herrschen. Auffällig sei, so Korte, dass Klingbeil ihr zuletzt demonstrativ den Rücken gestärkt habe.

Das war schon auffällig, sodass er damit auch etwas in die Partei hinein artikulieren wollte.

Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler

Noch bedeutsamer sei jedoch die langfristige Weichenstellung: "Viel wichtiger, glaube ich, ist die Frage, ob die SPD zu einer Einpersonenführung zurückkehrt auf dem kommenden Parteitag im Juni." Für Klingbeil wäre das aus Sicht des Politologen eine Möglichkeit, "den Machtanspruch nochmal zu untermauern - ohne einen abzudrängen".
SGS Slomka Schröder
Esken habe die Partei zwar geeint und stabilisiert - aber es bilde sich ein Kraftzentrum um Klingbeil, das stark auf ihn zugeschnitten sei, so Politologe Wolfgang Schroeder.30.04.2025 | 4:01 min

Korte kritisiert künftige Mehrfachfunktion Klingbeils

Dass die Union mit ihrer Kabinettsliste und der Berufung von Jens Spahn zum Fraktionsvorsitzenden vorgelegt hat, erhöhe zudem den Druck auf die SPD, meint Korte. Danach gefragt, ob die Sozialdemokraten damit unter Zugzwang gesetzt würden, antwortet der Politologe: "Ja, das kann man schon sagen."
Kritisch sieht Korte insbesondere, dass erneut ein Parteivorsitzender zugleich das Finanzministerium übernimmt, zumal Klingbeil darüber hinaus Vizekanzler werden soll.

Das ist eine Machtballung, die ungewöhnlich ist.

Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler

Gerade der Finanzminister habe eine herausgehobene Rolle, die über Parteigrenzen hinaus integrieren müsse - was in der Vergangenheit nicht funktioniert habe. Korte verweist dabei auf die Ampel-Koalition, in der Christian Lindner gleichzeitig FDP-Chef und Finanzminister war.
Die personellen Entscheidungen der SPD-Spitze werden für den Vormittag erwartet - ZDFheute live überträgt. Spätestens dann wird klar sein, wie die Partei sich an der Seite der Union aufstellt - und welches Signal sie mit ihrer neuen Führungsmannschaft senden will. Die Unterzeichnung des Koalitonsvertrags soll kurz darauf am Mittag stattfinden.
Das Gespräch führte Marietta Slomka, den Text schrieb Christian Harz.

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