Stegner bei "Lanz": SPD-Neuaufstellung - ein Gesamtkunstwerk

SPD-Debatte bei "Lanz":Stegner: SPD-Neuaufstellung - ein Kunstwerk

von Felix Rappsilber
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Die SPD-Basis ticke "konservativer" als die Spitze, sagt JU-Chef Winkel. SPD-Politiker Stegner kontert - und verteidigt zudem, dass sich die SPD mit ihren Personalien Zeit lässt.

Markus Lanz vom 1. Mai 2025: Ralf Stegner, Markus Lanz, Johannes Winkel, Mariam Lau, Kai Ambos
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 1. Mai 2025 in voller Länge.01.05.2025 | 74:28 min
"100 CSU-Leute, 350 CDU-Leute - und bei uns waren es Hunderttausende. Das ist schon ein Unterschied, oder?" - Ralf Stegner verteidigte bei "Markus Lanz", dass nur 56 Prozent der SPD-Mitglieder an der Abstimmung über den schwarz-roten Koalitionsvertrag teilgenommen hatten. Am Donnerstagabend sagte er:

Ich finde nicht, dass das Desinteresse ist. Man muss sehen, dass das eine rein digitale Abstimmung gewesen ist, auch in den Osterferien und bei 360.000 Leuten.

Ralf Stegner, SPD

Der CSU-Vorstand und ein kleiner Parteitag der CDU hatten dem Koalitionsvertrag zuvor zugestimmt. Die erforderliche Mindestbeteiligung der SPD-Mitgliederbefragung hatte bei 20 Prozent gelegen. Laut Parteiangaben stimmten 84,6 Prozent zu.
Das SPD-Logo mit Lars Klingbeil und Friedrich Merz im Vordergrund
84,6 Prozent der SPD-Mitglieder haben für den Koalitionsvertrag mit der Union gestimmt - überraschend viele. Analyse mit Politikwissenschaftler von Lucke bei ZDFheute live.30.04.2025 | 44:00 min
Das Durchschnittsalter der SPD-Mitglieder liege bei Mitte 60, betonte Stegner, sodass es "für den einen oder anderen schwierig war, sich digital zu beteiligen".
Zwar räumte Stegner ein, dass er sich "mehr Beteiligung" gewünscht habe. Doch: "Ehrlich gesagt fand ich das so schlecht nicht - und die Zustimmung wiederum war ja doch sehr hoch."
SPD-Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag
Die SPD-Mitglieder haben entschieden: Die neue Koalition kann kommen. Welche Rolle Co-Chefin Esken künftig spielen soll, ist in der Partei umstritten – die Kritik an ihr wächst. 30.04.2025 | 2:45 min

Winkel: SPD-Basis konservativer als SPD-Führung

Johannes Winkel, Chef der Jungen Union, fand das Ergebnis "gar nicht so überraschend". Der CDU-Politiker sagte:

An dem Ergebnis sieht man […], dass die SPD-Basis viel konservativer tickt als große Teile der SPD-Führung, die viel linker sind als ihre eigene Basis.

Johannes Winkel, Chef der Jungen Union

"Vielen Dank für die Erklärung", spottete Stegner und widersprach: "Wenn die Alternative hieße, dass Rechtsradikale Einfluss haben, dann wird Verantwortung übernommen. Das weiß die SPD, und zwar in der Basis wie in der Führung."
Zudem habe die Parteiführung "sehr ordentlich" verhandelt:

Das hat die Basis gesehen. Insofern hat das mit links und rechts gar nichts zu tun, sondern eher damit, dass diese beiden Hauptpunkte begriffen worden sind.

Ralf Stegner, SPD

Winkel entgegnete, dass sich die Union beim Thema Migration "deutlich durchgesetzt" habe: "Vielleicht war das ein Punkt, auf den die SPD-Basis all die Jahre gewartet hat, aber von der Führung nicht erhört worden ist und jetzt sagt: 'Okay, wir können diesen Koalitionsvertrag zu 85 Prozent mitgehen, auch wenn Friedrich Merz vielleicht nicht immer unser persönlicher Held der SPD war.'"
Diana Zimmermann in Berlin.
"Tatsächlich war die Zustimmung für einen Koalitionsvertrag nie höher. Das obwohl die SPD einer Koalition mit der CDU unter Merz deutlich skeptisch gegenüber stehen" sagte Diana Zimmermann in Berlin.30.04.2025 | 0:59 min

Schein und Sein des Koalitionsvertrags?

Der Schlagabtausch zwischen Stegner und Winkel ließ die Frage aufkommen, wie harmonisch die schwarz-rote Koalition regieren wird. Stegners Ton wurde rauer: "Ganz ehrlich: Was die Frage der Migrationspolitik angeht, ist die Rhetorik im Koalitionsvertrag deutlich christdemokratischer als die Substanz, wenn man mal genau hinguckt."

Insofern gehen Schein und Sein ein bisschen auseinander.

Ralf Stegner, SPD

Die SPD sei in der Migrationspolitik auch "für Ordnung", aber "trotzdem dafür, dass das Asylrecht beibehalten wird, dass wir europäisches Recht einhalten, dass wir Humanität nicht verletzen", sagte Stegner.
Winkel widersprach:

Dass Sie für Ordnung sind, hat man in den letzten dreieinhalb Jahren nicht so wirklich mitbekommen.

Johannes Winkel, Chef der Jungen Union

"Das werden Sie kennenlernen, wenn Sie das von innen betrachten können", beharrte Stegner mit Blick auf die schwarz-rote Koalition.
ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann in Berlin
Nach der Zustimmung von CDU und CSU haben auch die SPD-Mitglieder den Koalitionsvertrag gebilligt. ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann ordnet das Ergebnis der Abstimmung ein.30.04.2025 | 1:03 min

SPD-Neuaufstellung - ein Gesamtkunstwerk?

Die SPD wird am 5. Mai die Besetzung ihrer Ministerposten bekanntgeben. Dass seine Partei damit auf sich warten lässt, rechtfertigte Stegner:

Es ist ein Gesamtkunstwerk bei uns, weil es um Parteiführung, Fraktionsführung und Kabinett geht.

Ralf Stegner, SPD

Nach der Bundestagswahl hatte SPD-Chef Lars Klingbeil eine personelle Neuaufstellung der Parteispitze angekündigt. Immer wieder waren Gerüchte laut geworden, dass Saskia Esken als Co-Vorsitzende parteiintern umstritten sei.
Diana Zimmermann in Berlin.
"Klingbeil fällt die Entscheidung, was mit Saskia Esken passieren soll, offenkundig schwer. Inzwischen gibt es laute Kritik, dass er die Debatte so lange laufen lässt" sagte Diana Zimmermann.30.04.2025 | 1:56 min
Stegner kommentierte: "Man kann von Saskia Esken halten, was man möchte. Ich finde die Form der Debatte öffentlich unterirdisch. […] Das an einer Person festzumachen, im Guten wie im Bösen, finde ich daneben." Für das miserable Wahlergebnis von 16 Prozent gebe es nicht "eine Schuldige und einen, der alles richtig macht". Die "Frage, wer am Ende was macht", werde der Parteitag entscheiden.
SGS Slomka Schröder
Esken habe die Partei zwar geeint und stabilisiert - aber es bilde sich ein Kraftzentrum um Klingbeil heraus, das stark auf ihn zugeschnitten ist, so Politologe Wolfgang Schroeder.30.04.2025 | 4:01 min
Wird Stegner Saskia Esken in die Parteiführung wählen? "Ich finde nicht, dass ich das hier öffentlich darlegen muss, wen ich wähle", antwortete er knapp.

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Quelle: dpa

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