Politischer Aschermittwoch: Warum sich die Parteien streiten

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Auftritte der Parteien:Worum es beim politischen Aschermittwoch geht

von Sophia Seitz
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Der Fasching ist vorbei - und nicht nur in Bayern fliegen die politischen Fetzen. Der politische Aschermittwoch ist Bühne für scharfe Reden. Was steckt hinter dem Spektakel?

Markus Söder, Parteivorsitzender der CSU, Ministerpräsident von Bayern, gestikuliert auf der Veranstaltung der CSU zum politischen Aschermittwoch.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf der Veranstaltung der CSU zum politischen Aschermittwoch.
Quelle: dpa

Nach Karneval, Fasching oder Fastnacht kommt der Aschermittwoch - und mit ihm ein Tag mit langer Geschichte. Während manche den Beginn der Fastenzeit nutzen, um auf Süßigkeiten, Alkohol oder Social Media zu verzichten, liefern sich die Politiker an diesem Tag jährlich hitzige Wortgefechte.

Was steckt hinter dem politischen Aschermittwoch?

Der politische Aschermittwoch ist eine traditionsreiche Großveranstaltung, bei der Politiker lautstarke Reden schwingen. Es geht um Stimmungsmache, das Setzen von Themen und politische Positionierung - oft polemisch, mit dem Ziel, Botschaften zu platzieren.
Der bekannteste Schauplatz ist Passau, wo die CSU seit Jahrzehnten ihre politische Veranstaltung abhält. Nach und nach haben auch Parteien wie die SPD, die Grünen und die FDP das Konzept übernommen.
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Was prägte den politischen Aschermittwoch?

Das Ereignis, wie man es heute kennt, wurde in den 1960er Jahren maßgeblich vom damaligen CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß geprägt - vor allem durch seinen unverblümten, oft stundenlangen Redestil. 1975 etwa warf er der SPD-geführten Regierung Misswirtschaft und Chaos vor:

Sie haben einen Saustall ohnegleichen angerichtet.

Franz Josef Strauß, ehemaliger CSU-Chef und bayrischer Ministerpräsident

Reden wie diese setzten Maßstäbe für eine Tradition, die auch der aktuelle Ministerpräsident Bayerns Markus Söder (CSU) fortführt, mit markanten Aussagen wie 2021 über die AfD: "Wenn Sie die 'Herr der Ringe'-Saga kennen, wo wäre dann die AfD? Sie würde sich nur in Mordor wohlfühlen. Da würde sie hingehören." In der fiktiven Welt der Saga ist Mordor das Reich und die Basis des bösen Zauberers Sauron.
Für Empörung und Debatten sorgten im vergangenen Jahr die Ereignisse im baden-württembergischen Biberach zum politischen Aschermittwoch der Grünen: Demonstrierende, darunter viele Landwirte, hatten Zufahrtswege blockiert und symbolisch Mist vor der Stadthalle abgeladen. Angesichts der Eskalation und mehrerer Verletzter sagten die Grünen ihre Veranstaltung kurzfristig ab.
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Wo liegen die Ursprünge des Aschermittwochs?

Die Wurzeln liegen im frühen Christentum. Ursprünglich war dieser Tag eine Einladung zum gemeinsamen Nachdenken und Eingestehen. Es ging vielmehr um einen Moment der Buße und Besinnung, weniger um politische Schimpferei.
Seinen politischen Charakter erhielt der Aschermittwoch im 19. Jahrhundert, als der Bayerische Bauernbund nach der Faschingszeit sogenannte Volksversammlungen abhielt. Bauern trafen sich auf Viehmärkten und machten ihrem Ärger über die Politik Luft. Die CSU griff diese Tradition in den 1950er-Jahren auf - als Partei der ländlichen Bevölkerung und traditionellen Werte nutzte sie den Tag, um ihre Positionen zu vertreten.

Wie haben sich die Reden gewandelt?

Der Politikwissenschaftler Daniel Nagl beschreibt den politischen Aschermittwoch so:

Für die einen ist es der größte Stammtisch der Welt, für die anderen eine bierselige verbale Kampfarena.

Daniel Nagl, Politikwissenschaftler

Nagl betont, dass die Veranstaltung weit mehr sei als ein einfaches Bierzeltgespräch. Sie diene nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Parteimobilisierung, der Positionierung und der Abgrenzung von politischen Gegnern.
Laut Nagl haben sich die Reden vereinfacht: "Die Verkürzung der Redezeit und die Dominanz von TV-Schnipseln haben die Aschermittwochsrede simplifiziert." Heute dominieren weniger sachliche Argumentationen als vielmehr populistische Botschaften, die besonders im Fernsehen und auf Social Media maximale Wirkung erzielen sollen.
Sophia Seitz berichtet aus dem ZDF-Landesstudio Bayern.

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Quelle: dpa

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