Ukraine-Krieg: USA und Kiew unterzeichen Wirtschaftsabkommen
Nach langen Verhandlungen:USA und Ukraine schließen Wirtschaftsabkommen
|
Lange hatte es Diskussionen um einen Rohstoff-Deal zwischen Kiew und Washington gegeben. Der Höhepunkt: ein historischer Eklat. Nun wurde das Wirtschaftsabkommen unterzeichnet.
Die USA und die Ukraine haben ein Abkommen unterzeichnet, das den Wiederaufbau der Ukraine finanzieren und den USA Zugang zu Bodenschätzen in dem Land gewähren soll. 01.05.2025 | 0:28 min
Die USA und die von Russland angegriffene Ukraine haben nach langem Ringen ein Rohstoffabkommen unterzeichnet. Es gewährt den Vereinigten Staaten bevorzugten Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen wie den Seltenen Erden. Mit den Einnahmen wiederum sollen Investitionen in den Wiederaufbau der Ukraine finanziert werden.
Die Vereinbarung sei ein klares Signal an die russische Führung, dass sich die Regierung von US-Präsident Donald Trump langfristig für einen Friedensprozess einsetze, in dessen Mittelpunkt "eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine" stehe, teilte US-Finanzminister Scott Bessent mit.
Die Einschätzung von ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen im Video.01.05.2025 | 3:36 min
Zugang für USA zu seltenen Erden der Ukraine
Der Text des Abkommens wurde zunächst nicht veröffentlicht, beide Seiten gaben nur wenige Details preis. Vorgesehen ist Berichten zufolge ein Investitionsfonds zur gemeinsamen Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze, der Mittel zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften soll.
Die USA erhalten damit einen privilegierten Zugang zu ukrainischen Ressourcen - darunter Metalle der seltenen Erden, die für Hochtechnologie wichtig sind. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen bezeichnet das Abkommen als "guten Deal für die USA und die Ukraine" und erklärt:
Für die Ukraine zählt, dass sie tatsächlich nicht die Rohstoffe an die USA gewissermaßen zur Hälfte abgeben muss.
„
Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent
In den gemeinsamen Fonds kämen 50 Prozent der Gewinne und der Gebühren aus der Entwicklung neuer Rohstoffvorkommen, so Theveßen.
In Dnipro wird Titanpulver für die Raumfahrt hergestellt. Trump will mitmischen – und setzt auf die reichen, teils unerforschten Rohstoffvorkommen der Ukraine.01.05.2025 | 1:41 min
Schmyhal: Rohstoffvorkommen bleiben Eigentum der Ukraine
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hatte bereits zuvor erklärt, die Ukraine behalte die Kontrolle über ihre Ressourcen.
Das heißt, Bodenschätze, Infrastruktur, Rohstoffe sind nicht Teil oder Voraussetzung des Fonds oder der Vereinbarung.
„
Denys Schmyhal, ukrainischer Ministerpräsident
Nach Angaben der ukrainischen Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko, die zur Unterzeichnung nach Washington gereist war, sollen durch das Abkommen Projekte zum Abbau von Rohstoffen wie Mineralien, Öl und Gas gefördert werden.
Julia Swyrydenko auf X
Ein Klick für den Datenschutz
Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von X nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von X übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von X informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Insgesamt 17 Elemente zählen zu den Seltenen Erden. Die Eigenschaften der einzelnen Metalle unterscheiden sich, unter dem Sammelbegriff zusammengefasst werden sie, weil die Elemente häufig zusammen vorkommen. Jedes einzelne dieser Metalle hat Eigenschaften, die es für die Industrie wertvoll machen. Teils sind sie unersetzlich. Europium etwa wird für Fernsehbildschirme gebraucht, Cerium zum Polieren von Glas, Lanthan für Katalysatoren in Benzinmotoren. Aus Neodym und Dysprosium werden Magneten für Off-Shore-Windräder hergestellt. Seltene Erden finden sich auch in Drohnen, Festplatten, Elektromotoren, Teleskoplinsen, Raketen oder Jagdflugzeugen.
Jein. Grundsätzlich kommen die meisten Seltenen Erden in der Erdkruste vergleichsweise häufig vor. In einer Bewertung aus dem Jahr 2024 schätzt das US-Institut United States Geological Survey (USGS) die weltweiten Vorkommen auf mindestens 110 Millionen Tonnen, davon 44 Millionen in China, dem bei weitem größten Produzenten der Welt. Weitere 22 Millionen Tonnen liegen demnach in Brasilien, 21 Millionen in Vietnam, zehn Millionen in Russland und sieben Millionen Tonnen in Indien. Auch in Deutschland gibt es im Norden Sachsens ein großes Vorkommen, das jedoch nicht abgebaut wird. In Europa gibt es zudem enorme, nicht erschlossene Vorkommen in Skandinavien. Die entscheidende Frage ist aber, ob sich der Abbau wirtschaftlich lohnt - denn der Aufwand und die Folgekosten für die Umwelt sind hoch.
Seltene Erden sind in der Regel in Verbindungen in Erzschichten enthalten. Problematisch ist die Gewinnung der Seltenen Erden in möglichst reiner Form aus dem abgebauten Erz. Dafür sind chemische Prozesse häufig unter Anwendung von Säuren nötig. Die Verfahren sind komplex und haben zahlreiche Nebeneffekte: Es entstehen radioaktive Isotope und giftige Abwässer; die Gegenden um die Produktionsgebiete gleichen häufig Mondlandschaften. Die Förderung von Seltenen Erden in Deutschland gilt Experten zufolge aus Umweltgründen als nicht möglich.
China ist mit Abstand Weltmarktführer bei Seltenen Erden. Das Land verfügt selbst über große Vorkommen, hat vor allem aber über die Jahre durch massive staatliche Investitionen ein großes Netzwerk zur Veredelung von Rohmaterialien aufgebaut. Zudem hält China viele Patente für die dafür benötigten Technologien. Deshalb exportieren auch viele andere Produzenten von Seltenen Erden diese nach der Gewinnung nach China. Auch hat sich Peking seine Dominanz durch hohe Umweltkosten der eigenen Produktion erkauft. (Quelle: AFP)
Um Bedenken in der Ukraine vor einem möglichen Ausverkauf zu begegnen, betonte Swyrydenko, dass der Fonds gleichberechtigt mit den USA betrieben werde.
Die Ukraine werde ihren Anteil am Fonds nicht aus bestehenden Rohstoffprojekten leisten, sondern 50 Prozent der Einnahmen aus künftigen Förderlizenzen oder Rohstoffverkäufen einzahlen.
So sind die Rohstoffe in der Ukraine verteilt.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung; liveuamap.com
Ukraine: Keine Schulden durch bisherige US-Hilfen
Umstritten war in den Verhandlungen, ob die Ukraine Militär- und Finanzhilfen der USA mit Hilfe der Rohstoffausbeutung quasi zurückzahlen muss. Dies ist nach Angaben Swyrydenkos nicht der Fall. ZDF-Korrespondent Theveßen sagt dazu:
Hier wird nicht eine Schuld zurückgezahlt für die Militärhilfen der Vergangenheit, sondern auf die Zukunft geschaut.
„
Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent
Das Abkommen hält Swyrydenko zufolge fest, dass die Ukraine wegen der bisherigen Waffen- und Finanzhilfen in den gut drei Kriegsjahren seit Beginn der russischen Invasion nicht gegenüber den USA verschuldet ist. In keinem der Partnerländer sollen demnach Steuern auf die Einnahmen des Fonds anfallen.
Das US-Finanzministerium teilte zudem mit, die Wirtschaftspartnerschaft versetze beide Länder in die Lage, "zusammenzuarbeiten und gemeinsam zu investieren, um sicherzustellen, dass unsere gemeinsamen Vermögenswerte, Talente und Fähigkeiten die wirtschaftliche Erholung der Ukraine beschleunigen können".
Es sei eine Welt der Großmachtpolitik, sagt Historiker Timothy Garton Ash. Europas Problem: Putin sei ein berechenbarer Feind, die USA mit Trump aber ein unberechenbarer Partner.30.04.2025 | 10:25 min
Wie steht es um Sicherheitsgarantien?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte das Abkommen im vergangenen Herbst vorgeschlagen, um an Trumps Selbstverständnis als Geschäftsmann zu appellieren und Sicherheitsgarantien der USA zu erhalten. Die Hoffnung auf solche Garantien erfüllte sich nach allem, was bekannt ist, nicht.
"Es stehen keine Sicherheitsgarantien konkret in diesem Abkommen drin", erklärt ZDF-Korrespondent Theveßen.
Aber es steht drin, dass die USA sich langfristig verpflichten, auch für die Sicherheit der Ukrainer einzustehen - wie genau das aussieht, wissen wir nicht.
„
Elmar Theveßen, ZDF-Korrespondent
Die USA könnten aber ihren Beitrag zu dem Fonds auch mit Militärhilfe leisten, zum Beispiel mit Flugabwehrwaffen, schrieb die ukrainische Wirtschaftsministerin auf Facebook. Das eigentliche Abkommen muss vor Inkrafttreten noch vom ukrainischen Parlament ratifiziert werden.
Das Treffen von US-Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Rom ging durch die Medien. Trump scheint seitdem sein Verhältnis zu Russland zu überdenken. Sicher ist aber nichts.28.04.2025 | 2:18 min
Trump sieht Gewinne als Ausgleich für US-Militärhilfen
Trump hatte die Ukraine hinsichtlich eines Abkommens zuletzt massiv unter Druck gesetzt. Verhandlungen über das Abkommen liefen seit Februar. Sie standen aber nach einem historischen Eklat zwischen Trump, dessen Vize J.D. Vance und Selenskyj im Weißen Haus vor dem Scheitern.
Schließlich konnten sich beide Länder doch auf einen neuen Anlauf verständigen. Nun kommt das Abkommen in einer entscheidenden Phase in den Verhandlungen über ein Friedensabkommen.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.