Reisner: Gezielte Jagd auf ukrainische Drohnenteams

Interview

Vorstöße durch neue Taktik Russlands:Reisner: Gezielte Jagd auf ukrainische Drohnenteams

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Die russische Armee setzt auf Anti-Drohnen-Einheiten und hat Pokrowsk fast eingekesselt. Oberst Reisner analysiert aktuelle Herausforderungen für die Ukraine.

Oberst Markus Reisner vor einer Karte der Ukraine und einer fliegenden Drohne

Pokrowsk und Huljajpole stehen im Fokus neuer russischer Angriffe. Selenskyi steht wegen eines neuen Korruptionsskandals unter Druck. Die Auswirkungen auf den Ukraine-Krieg bei ZDFheute live.

13.11.2025 | 37:45 min

In der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk im Donbass verteidigen ukrainische Soldaten weiter Häuserblocks und Straßenzüge - sie zu halten wird aber immer unwahrscheinlicher. Bei ZDFheute live erklärt Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer die neue russische Taktik, die die ukrainische Armee auch an anderen Frontabschnitten unter Druck setzt.

Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Oberst Reisner …

… zur russischen Anti-Drohnen-Taktik

Russland habe nicht nur eine eigene Teilstreitkraft für Drohnenkriegsführung aufgestellt, sondern auch spezielle Verbände gebildet wie zum Beispiel Rubikon, eine sehr bekannte Einheit, erklärt Oberst Reisner.

Diese Einheit werde an Brennpunkte der Front verlegt, um ukrainische Drohnen und Drohnenteams zu finden. Sie sondiere zum Beispiel Funkabstrahlung und mache gezielt Jagd. Ähnliches versuche auch die ukrainische Armee.

Wir sehen, dass die Russen mit Rubikon eine Einheit haben, die zunehmend in der Lage ist, die Ukraine zurückzudrängen.

Oberst Markus Reisner, Österreichisches Bundesheer 

Auch das amerikanische Institute for the Study of War berichtet, dass dem Eindringen russischer Truppen nach Pokrowsk ein Kampf um die Lufthoheit vorausging, in dem ukrainische Drohneneinheiten gezielt festgesetzt wurden. Ähnlich gehe die russische Armee weiter nördlich in Kupjansk und jetzt auch in Huljajpole in der Region Saporischschja vor.

Eine kommerzielle Anlage wurde durch einen russischen Angriff auf Charkiw schwer beschädigt.

Wie andere ukrainische Städte steht auch Charkiw immer wieder unter Beschuss. Besonders die Strom- und Wärmeversorgung ist betroffen.

14.11.2025 | 1:36 min

… zur Einnahme von Pokrowsk

Pokrowsk ist an der Front in der Region Donezk ein wichtiger Logistikknotenpunkt. Seit fast einem Jahr gebe es hier schwere Kämpfe. Während diese lange "wechselvoll" waren, ist das Bild für Reisner nun eindeutig:

Wir sehen, dass letzte Woche im Prinzip die Stadt gefallen ist.

Oberst Markus Reisner, Österreichisches Bundesheer 

Russland habe die Stadt von mehreren Seiten eingekesselt. Die Ukraine versuche jetzt noch mehrere hundert Soldaten herauszubringen und zu verhindern, dass Russland den Kessel schließe.

Zu sehen ist eine Länderkarte mit Ukraine und Russland im Fokus, auf der die Landesgrenzen und die Kriegsfronten farblich hervorgehoben sind. Das Bild zeigt den Stand zu Beginn des Krieges an.

Seit Monaten ist die Stadt Pokrowsk in der Region Donezk heftig umkämpft. Der russischen Armee ist es gelungen, sie nach und nach einzukesseln und Teile der Stadt einzunehmen.

14.11.2025 | 3:05 min

Wäre Russland erfolgreich, wäre nicht nur Pokrowsk eingenommen, sondern die Russen würden auch hunderte Soldaten als Gefangene präsentieren.

Dennoch sei es ein typischer Abnutzungskrieg und damit auch für Russland von hohen Verlusten geprägt: Die Armee habe es aber geschafft, mehrere Städte so schlussendlich für sich zu gewinnen, sodass sich die Ukraine nach verlustreichen Kämpfen wieder zurückziehen musste.

… ist Militäranalytiker, Historiker und aktiver Soldat beim österreichischen Bundesheer. Seit 2024 leitet er das Institut für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt. Zuvor war er Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung.

Zudem ist er Kommandant des österreichischen Gardebataillons. Von 2004 bis 2013 war er Teil einer Spezialeinheit des österreichischen Bundesheeres. In dieser Zeit nahm er an verschiedenen Auslandseinsätzen teil unter anderem in der Zentralafrikanischen Republik, Tschad, Afghanistan, Bosnien und Herzegowina sowie Kosovo, später auch in Mali.  


Oberst Reisner befürchtet, dass Russland in vielen Städten langsam weiter vorrückt. Wenn das so weitergehe, habe die Armee gute Voraussetzungen, um im Frühjahr die nächste Offensive zu starten, die möglicherweise dann auch Städte im Zentrum des Donbass bedrohen könnte. Wie Slawjansk und Kramatorsk, die dann genauso verloren gehen könnten.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht während einer Pressekonferenz.

Die Ukraine wird von einem millionenschweren Schmiergeldskandal erschüttert. Energieministerin Hryntschuk und Justizminister Haluschtschenko haben ihren Rücktritt erklärt.

12.11.2025 | 2:19 min

… zu Krankheiten an der Front

Für die Soldatinnen und Soldaten an der Front habe sich die Lage sehr verändert.

Wir haben eine Situation, wo Verwundete Tage, Wochen lang ausharren müssen unter sehr prekären hygienischen Bedingungen.

Oberst Markus Reisner, Österreichisches Bundesheer 

Eine Evakuierung sei wegen der vielen Drohnen am Himmel oft nicht so schnell möglich. Die lange Wartezeit führe aber zu zum Teil gefährlichen Krankheiten wie Gasbrand. Verursacht wird Gasbrand durch Bakterien, die sich in tiefen, schlecht durchbluteten Wunden ansiedeln. Die Bakterien vermehren sich und bilden im menschlichen Gewebe Gase, verursachen Schmerzen und Infektionen.

Eine Krankheit, die das letzte Mal im Ersten Weltkrieg aufgetreten sei, so Reisner.

Das ist eine Qualität, die man so eigentlich nicht mehr für möglich erachtet hat.

Oberst Markus Reisner, Österreichisches Bundesheer 

Die Keime könnten sich auch weiter ausbreiten. Reisner beschreibt das schon jetzt als großes Problem für die ukrainischen Militärärzte.

Das Interview führte Christian Hoch bei ZDFheute live, zusammengefasst haben es Janine Arendt und Gregor Burkhardt.

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