Dorf der Hunderjährigen: Südafrikas blaue Zone in Limpopo

Wo die Menschen alt werden:Das Dorf der Hundertjährigen in Südafrika

von Verena Garrett

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In einem kleinen, abgelegenen Dorf im Nordosten des Landes leben auffallend viele hochbetagte Menschen. Solche Gebiete bezeichnen Forscher als blaue Zonen. Was ist das Geheimnis?

Im Dorf der Hundertjährigen

In einem Dorf in Südafrika leben ungewöhnlich viele Menschen, die älter als 100 Jahre sind. Von der Kunst, das Alter einfach geschehen zu lassen.

03.11.2025 | 3:01 min

Sie ist mittlerweile ein bisschen wackelig auf den Beinen, aber das hält sie nicht vom Tanzen ab. Sie hat gerne Leben um sich - und Musik, das war schon immer so. Tshikhakhisa Magoro ist 105 Jahre alt. "Meine Familie war früher sehr groß. Mein Mann hatte 5 Frauen, aber drei von ihnen sind gestorben. Obwohl wir so viele waren, lebten wir friedlich zusammen", sagt sie.

"Gott macht es möglich"

Auch ihr Mann ist seit vielen Jahren tot, wann genau er gestorben ist, weiß sie nicht mehr. Sie lebt bei ihrer Tochter. Tshikhakhisa Magoro ist blind, alles Andere, sagt sie, funktioniere noch einwandfrei. In ihrem langen Leben sei Familie und Zusammenhalt immer wichtig gewesen. Und tiefer Glaube: sie glaubt, dass ihr langes Leben göttlicher Wille ist und betet jeden Morgen.

Gott macht es möglich, dass ich heute da bin, ich glaube, er hat alles unter Kontrolle. Es ist die Kraft, die er mir gegeben hat. So wie Sie mich jetzt sehen: das ist alles Gott.

Tshikhakhisa Mamashia Magoro, 105 Jahre alt

Tshikhakhisa Magoro lebt im Norden Südafrikas - in der Provinz Limpopo, in einer kleinen Gemeinde namens Thulamela. Hier, zwischen grünen Hügeln und Feldern, leben auffallend viele Menschen, die 100 Jahre oder älter sind. Zurzeit sind es mehr als 500. Ist hier eine sogenannte blaue Zone, also eine Region, in der viele Menschen weitaus länger leben?

Drei ältere Männer sitzen auf Stufen und beobachten die Straße.

Auch in den Bergen Sardiniens werden viele Menschen über 100 Jahre alt - einige der Hundertjährigen berichten, worauf sie ihr hohes Alter und ihre Lebensfreude zurückführen.

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Saubere Luft, ruhiges Leben

Die Luft ist sauber, das Leben ruhig. Viele Familien leben über Generationen hinweg zusammen, bauen ihr eigenes Gemüse an, teilen, was sie haben.

Ein einfaches Leben, im Rhythmus der Natur - und geprägt von gegenseitigem Respekt. Der Dorfhäuptling Chief Matsila sagt, in dieser Region wurden schon immer biologische, einheimische Lebensmittel bevorzugt: "Unsere Vorfahren hatten viel Vieh. Fleisch war nichts, was man so oft gegessen hat wie heute. Es wurde zu besonderen Anlässen verzehrt".

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Vor allem aber sei es ein Leben mit wenig Stress und einer starken Dorfgemeinschaft, meint er: "In unserer Kultur glauben wir an ein gemeinschaftliches Konzept, das Eltern, Großeltern und Urgroßeltern umfasst. Wir sind dazu erzogen worden, uns wirklich um unsere Angehörigen zu kümmern."

Die Menschen sind mit sich selbst und untereinander im Reinen. Das ist ein natürliches Phänomen, sehr organisch, nicht geplant. Das kommt daher, weil wir so erzogen wurden und weil unsere Vorfahren so auf diesem Land gelebt haben.

Chief Livhuwani Matsila, Dorfchef Gemeinde Thulamela

"Blaue Zonen" sind Regionen der Welt, in denen Menschen viel länger als der Durchschnitt leben sollen. Der Forscher Dan Buettner prägte den Begriff "Blaue Zonen" in Bezug auf fünf Regionen weltweit, in denen die Menschen "außergewöhnliche Langlebigkeit und Vitalität" genießen. Gemessen wird dies unter anderem anhand des Anteils der Menschen, die ein Alter von 100 Jahren erreichen.

Zu den "Blauen Zonen" gehören laut Buettner: Okinawa (Japan), Sardinien (Italien), die Nicoya- Halbinsel (Costa Rica), Ikaria (Griechenland) und Loma Linda (USA).

Die Menschen in den Blauen Zonen haben gemeinsame Lebensstil-Merkmale, die zu ihrer Langlebigkeit beitragen.

  • Familie als Priorität
  • Nicht rauchen
  • Pflanzenbasierte Ernährung, besonders Hülsenfrüchte
  • Ständige moderate körperliche Aktivität - ein untrennbarer Bestandteil des Lebens
  • Soziales Engagement - Menschen jeden Alters sind sozial aktiv und in ihre Gemeinschaften integriert.


Gartenarbeit im Alter von 100 Jahren

Nyawasedza Nematombeni ist im Juni 100 Jahre alt geworden und gehört damit zu den Jüngeren unter den Alten im Dorf. Das Erste, was sie morgens tut, ist, sich zu bewegen. Um den Garten vor ihrem Haus hat sie sich, so lange sie denken kann, selbst gekümmert. Und sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern. "Ich werde so müde, wenn ich den ganzen Tag nur rumsitze", sagt sie. "Deshalb bin ich oft draußen und jäte Unkraut, um mich zu bewegen."

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Sie isst nur einmal am Tag - am Morgen, meistens gibt es zum Frühstück Maisbrei und Spinat. Und Tee mit zwei Löffeln Zucker. Einfache Nahrungsmittel, so hat sie es ihre ganzes Leben gemacht. "Ich esse auch gern Reis oder Süsskartoffeln und trinke Milch. Alles, was meine Familie für mich kocht, esse ich", sagt Nyawasedza Nematombeni. "Meine Hände sind leider schwach und ich kann nicht mehr richtig laufen, früher habe ich mein eigenes Gemüse angebaut."

Ihre Familie, das sind ihr Sohn und ihre Tochter, dazu Enkel und Ur-Enkel. Vier Generationen in einem Haus, zwischen ihr und ihrer jüngsten Urenkelin liegen 98 Jahre Leben. Nyawasedza Nematombeni hat sechs Kinder geboren, drei davon sind bereits tot.

Eine alte Frau aus Südafrika sitzt auf einem Bett, neben ihr steht jeweils links und rechts ein Kind. Auf dem Bett sitzt noch eine Person, die verdeckt ist.

In Südafrika leben die alten Menschen in der generationsübergreifenden Gemeinschaft ihrer Familie. Ist das ihr Geheimnis für ein langes Leben?


Innere Stärke für ein langes Leben?

Es sind nicht nur äußere Einflüsse, die die Menschen hier gesund alt werden lassen, sagen Experten, sondern auch innere Stärke - die Fähigkeit, das Leben so zu nehmen, wie es kommt.

Es geht um die richtige Einstellung; dass man erkennt, wenn Dinge nicht zu ändern sind.

Bumani Solomon Manganye, Gesundheitsökonome Venda Universität

Bumani Solomon Manganye nennt ein Beispiel: "Dass man, wenn man zum Beispiel einen geliebten Menschen verliert, alle Phasen der Trauer durchläuft, um darüber hinwegzukommen. Und man trotzdem einen Weg nach vorn findet. Und sich selber sagen kann: da ist ein Licht am Ende des Tunnels."

Lebenselixier Familie

Auch Tshikhakhisa Magoro lebt nicht allein, sondern bei ihrer Tochter. Ganz ohne Unterstützung geht es für die 105-Jährige nicht mehr. Doch so viel sie kann, macht sie noch selbst.

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Das war ihrer Mutter immer wichtig, sagt Lydia Mudau: "Durch meine Mutter habe ich gelernt, wie wichtig es ist, eine Situation zu akzeptieren, und sich seine Eigenständigkeit zu bewahren. Ich wünsche mir, dass sich meine Kinder eines Tages genauso um mich kümmern können, wie ich es für meine Mutter mache."

Altwerden durch Zuhören

Tshikhakhisa Magoro zieht ihre ganz eigenen Lehren aus dem Leben. "Ich habe dieses Alter erreicht, weil ich erkannt habe, wie wichtig es ist, zuzuhören. Ich habe meinen Eltern immer zugehört, auch wenn sie mich zurechtgewiesen haben, weil ich wusste, dass sie mir damit den Weg ins Leben ebnen", sagt sie.

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Zuhören, annehmen, im richtigen Moment loslassen, weitermachen. Vielleicht ist das das Geheimnis der Menschen von Thulamela: die Kunst, das Alter einfach geschehen zu lassen.

Verena Garrett ist Studioleiterin im ZDF-Studio Johannesburg.

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