Ukraine: Geringe Verlässlichkeit der USA macht Expertin Sorge
Interview
Claudia Major zu Ukraine-Krieg:Expertin besorgt: Wenig Verlass auf USA
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Zum ersten Mal, seit Friedrich Merz Bundeskanzler ist, kommt der ukrainische Präsident Selenskyj nach Berlin. Aktuelle Probleme gibt es viele.
"Die geringe Verlässlichkeit der US-Position macht es für uns schwer", so Claudia Major, Sicherheitsexpertin des German Marshall Funds zur US-Rolle im Ukraine-Krieg. Sehen Sie hier das komplette Interview.28.05.2025 | 5:19 min
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat schon angekündigt, dass er davon ausgeht, dass der Ukraine-Krieg nicht so schnell beendet sein werde. Dennoch soll es heute beim Antrittsbesuch von Wolodymyr Selenskyj in Berlin darum gehen, welche Lösungen es im Ukraine-Konflikt geben könnte.
Die Rahmenbedingungen sind allerdings denkbar schlecht. Claudia Major, Sicherheitsexpertin bei der Denkfabrik German Marshall Fund, fasst die aktuelle Lage im ZDF-Morgenmagazin so zusammen:
Die russischen Ziele haben sich nicht verändert, Russland signalisiert mit den Luftangriffen der letzten Tage - mit dem fehlenden Verhandlungeswillen - [...] dass sie im Endeffekt immer noch glauben, dass sie siegen können.
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Claudia Major, Sicherheitsexpertin
Notfallplan, falls USA ausfallen?
Major geht davon aus, dass es bei den Gesprächen der beiden Regierungschefs auch darum gehen wird, eine "Art Notfallplanung" zu entwickeln - für das Szenario "was machen wir denn, wenn die USA sich immer mehr aus diesem Krieg zurückziehen?"
"Es ist nicht sinnvoll, über einzelne Waffensysteme öffentlich zu reden", so Unionsfraktionsvorsitzender Jens Spahn über aktuelle Debatten zu Taurus-Lieferungen.28.05.2025 | 5:37 min
Auch wenn es längst Überlegungen gibt, wie die Europäer die Ukraine politisch, militärisch und finanziell unterstützen könnten, sollten die USA sich zurückziehen, so ist die Politikwissenschaftlerin skeptisch, ob das funktionieren könnte. Sie ist sich sicher, dass es ohne die USA sehr schwierig werden würde. Noch schwieriger werde es ihrer Meinung nach:
Wenn die USA tatsächlich die Normalisierung mit Russland voranbringen.
Gegenseitige Drohungen von Politikern über social media sieht Major als höchst problematisch an. US-Präsident Donald Trump hatte Russland mit "schlimmen Dingen" gedroht, die passieren könnten, da Russland "mit dem Feuer spiele".
Kanzler Merz hat bekräftigt, dass die Ukraine auch westliche Waffen einsetzen darf, die Ziele in Russland treffen können. Vom Koalitionspartner SPD gibt es Kritik. 27.05.2025 | 1:35 min
Im Gegenzug hatte der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, Trump massive Konsequenzen angekündigt, sollte er gegen Russland vorgehen. In diesem Zusammenhang formulierte er:
Ich kenne nur eine wirklich schlimme Sache - den Dritten Weltkrieg.
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Dmitri Medwedew, Putin-Vertrauter
Major zeigte sich über diese Äußerung sehr besorgt. Eine solche Drohung, sollte einen immer besorgen, meint sie.
Insbesondere, wenn es von einer Nuklearmacht wie Russland kommt. Und wenn Russland in den letzten drei Jahren [...] gezeigt hat, dass es Kriegführen als effizientes und legitimes Mittel ansieht.
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Claudia Major, Sicherheitsexpertin
US-Präsident Trump hat den russischen Präsidentin Putin als "absolut verrückt" bezeichnet. Damit übte er Kritik an den schweren russischen Luftangriffen auf die Ukraine.26.05.2025 | 1:44 min
Schwierige Partner auf zwei Seiten
Beunruhigend ist in Majors Augen vor allem die "ganz klare rhetorische Drohung Russlands, weil sie ja zeigen, wir sind bereit, den Krieg weiterzuführen, egal was Ihr uns vorschlagt." Allerdings dürfe man da die andere Seite nicht aus den Augen verlieren: Trump, der drohe, dann wieder telefoniere und zurückrudere, dann wieder drohe.
Die geringe Verlässlichkeit der US-Position macht es ja für uns Europäer so schwer. [...] Also: Wie gehen wir um mit einem wichtigsten Verbündeten USA, wo wir nicht mehr wissen, was er macht?
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Claudia Major, Sicherheitsexpertin
"Ich befürchte, dass Moskau an seinen Maximalforderungen festhalten wird, weil ein Ende der Kampfhandlungen im Moment nicht im Interesse des Kremls ist," so ZDF-Reporter Timm Kröger.27.05.2025 | 3:04 min
Hoffnung trotz fehlender Hoffnung
Für Major stellt sich eine zentrale Frage: Nämlich, wie vorgehen, falls es tatsächlich einen langen Krieg gibt, falls Russland glaube, dass es länger durchhalten werde: "Was sind die westlichen Staaten bereit zu machen - langfristig - um die Ukraine zu unterstützen?"
... ist seit dem 15. März 2025 Senior Vice President für internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim German Marshall Fund. Der German Marshall Fund of the United States (GMF) ist eine 1972 gegründete gemeinnützige Organisation, die die transatlantische Zusammenarbeit in Bereichen wie Sicherheit, Wirtschaft und Demokratie fördert. Major ist Verteidigungsexpertin mit Schwerpunkt auf Nato, europäischer Sicherheit und transatlantischen Beziehungen. Zuvor war sie Leiterin der Abteilung Internationale Sicherheit bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sowie tätig bei Institutionen wie dem Zentrum für Sicherheitsstudien der ETH Zürich und dem EUISS.
Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen hat Major nicht. Dennoch gibt es Dinge, die ihr Hoffnung geben:
Dass die Europäer bisher sehr geschlossen zusammenstehen und dass auch der Kanzler sehr klar in seinen Ansagen war.
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Claudia Major, Sicherheitsexpertin
Es sei gut, dass Merz klar sei, dass es ein langer Krieg werde. Mit diesem Wissen könne man sich anders aufstellen.
Man sei dafür, dass "die Ukraine mit beispielsweise dem Taurus" die Möglichkeit habe, "sich weitreichend zu verteidigen", so Felix Banaszak, Parteivorsitzender Bündnis 90/Die Grünen.28.05.2025 | 6:30 min
Das Interview führte Andreas Wunn, zusammengefasst hat es Julia Vonier.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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