Angriffskrieg: Wie Moskau in der Ukraine seine Grenzen austestet
Russischer Angriffskrieg:Wie Moskau in der Ukraine seine Grenzen austestet
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Russland setzt die Ukraine mit massiven Angriffen unter Druck. Damit teste Putin seine Grenzen aus, sagt Russland-Expertin Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Sehen Sie hier das Interview mit Sabine Fischer in voller Länge.25.05.2025 | 4:49 min
Russland greift die Ukraine mit Drohnen an, in der Nacht zu Montag mit mehr als 100 unbemannten Flugkörpern. Insbesondere in Odessa, aber auch im Norden, Osten und Süden des Landes herrschte Luftalarm.
Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnt vor einer gezielten Eskalationsstrategie des Kremls. "Wir sind ja in einer Art Prozess jetzt", sagt die Politikwissenschaftlerin im Interview mit dem ZDF heute journal.
Ich denke, was Russland jetzt tut, ist vor allen Dingen Stärke demonstrieren durch die massiven Angriffe des vergangenen Wochenendes.
... ist Politikwissenschaftlerin und seit 2021 Senior Fellow bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Die Russland-Expertin beschäftigt sich seit 2014 besonders intensiv mit Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Fischer: Moskau testet seine Grenzen
Außerdem wolle Russland "Signale aus[senden] an Washington, an die Europäische Union", indem es zeige, "dass man sich auf der Siegesstraße befindet", erklärt Fischer. Gleichzeitig versuche Kreml-Chef Wladimir Putin weiterhin, "vor allem durch die Angriffe auf zivile Ziele, den Widerstandswillen der ukrainischen Bevölkerung zu brechen".
Bundesaußenminister Johann Wadephul verurteilte die russischen Drohnenangriffe in der Nacht zu Montag. "Putin tritt die Menschenrechte mit Füßen, das ist ein Affront auch gegen den US-Präsidenten Donald Trump", sagte der CDU-Politiker in der ARD. Trump habe sich bemüht, Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen - "und jetzt diese Reaktion".
US-Präsident Trump hat den russischen Präsidentin Putin als "absolut verrückt" bezeichnet. Damit übte er Kritik an den schweren russischen Luftangriffen auf die Ukraine.26.05.2025 | 1:44 min
Trump: "Weiß nicht, was mit Putin los ist"
Während die europäische Reaktion prompt ausfiel und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj neue Sanktionen forderte, blieb die US-Regierung lange auffallend still. In der Nacht zum Montag äußerte sich US-Präsident Donald Trump jedoch erstmals deutlich kritisch. "Ich bin nicht glücklich damit, was Putin macht", sagte Trump vor Journalisten.
Er tötet viele Menschen, und ich weiß nicht, was zum Teufel mit Putin los ist.
Auch der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, verurteilte die jüngsten russischen Luftangriffe auf das Land. "Das wahllose Töten von Frauen und Kindern bei Nacht in ihren Häusern ist ein klarer Verstoß gegen die Genfer Friedensprotokolle von 1977, die dem Schutz Unschuldiger dienen", schrieb er auf X. "Diese Angriffe sind beschämend. Stoppen Sie das Töten. Waffenstillstand jetzt." Kellogg nannte Russland in seinem Post jedoch nicht direkt.
X-Post von Keith Kellogg
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Seit Januar sei ein "ständiges Hin und Her" zwischen US-Verhandlungsversuchen und russischer Reaktion zu beobachten gewesen, sagt Fischer. Eine mögliche Annäherung zwischen der Ukraine, der EU und den USA sei "von Trump selbst am vergangenen Wochenende und vor allen Dingen dann während des Telefonats mit Wladimir Putin konterkariert" worden. Moskau nutze diese Situation, "um da Grenzen auszutesten".
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Gefährliche Lage für die Ukraine
Das sei für die Ukraine eine gefährliche Lage, erklärt Fischer. Denn: "Putin versucht in dieser sehr offenen und auch chaotischen Verhandlungssituation, die Donald Trump geschaffen hat und in der er sich immer wieder abgewendet hat von der Ukraine und auf Russland zubewegt hat, […] durch militärischen Druck auf die Ukraine möglichst viele Zugeständnisse zu erreichen."
Auch Trumps außenpolitische Motive sieht Fischer kritisch. Er habe "letztendlich zwei Ziele", so Fischer.
Er sagt einerseits, er möchte das Blutvergießen beenden, und es ist dabei relativ gleichgültig, so wie Washington agiert, ob es tatsächlich auch zu einem nachhaltigen Frieden kommt.
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Sabine Fischer, Politikwissenschaftlerin
Andererseits strebe er "die Normalisierung der Beziehungen mit Russland" an. "Sehr häufig hat man tatsächlich das Gefühl, dass das seine erste Priorität ist", sagt Fischer. Das stelle für die Ukraine "eine sehr, sehr schwierige Situation" dar, weshalb sie nun "ganz besonders auf die Unterstützung der europäischen Staaten angewiesen" sei.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Anne Gellinek. Zusammengefasst von Katharina Schuster.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.