Korruptionsskandal schockiert Ukraine: Bargeldberge, Geldwäsche

Bargeldberge, Affären, Geldwäsche:Korruptionsskandal: Abhörprotokolle schockieren Ukraine

|

Gesprächsmitschnitte belasten ukrainische Spitzenpolitiker und Vertraute Selenskyjs schwer. Trotz der Rücktritte - das Vertrauen in die Regierung der Ukraine bröckelt.

Ein ukrainischer Aktivist mit einem Seil um den Hals nimmt am 17. August 2016 an einem Protest vor der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew, Ukraine, teil.

Korruptionsskandal in der Ukraine - insgesamt rund 100 Millionen US-Dollar sollen geflossen sein.

12.11.2025 | 1:41 min

Die rund 1.000 Minuten langen Gesprächsmitschnitte von Verdächtigen des Korruptionsskandals in der Ukraine haben es in sich: Einer der Abgehörten ist Tymur Minditsch, ein enger Geschäftspartner des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Minditsch taucht in den Gesprächsprotokollen als Karlsson auf. Ein zweiter Verdächtiger, Olexander Zukerman, als Sugarman. Beide sollen Millionen an Bargeld verschoben und sich inzwischen nach Israel abgesetzt haben. Selenskyj hat sie nun mit Sanktionen belegt

"Der Hauptvorwurf lautet, dass beim Bau von Schutzbauten für Energieanlagen Bestechungsgelder geflossen sein sollen", erklärt ZDF-Reporterin Anne Brühl bei heute live. Die Ermittler sprechen von einem schweren Fall organisierter Kriminalität.

Justizminister Ukraine

Die ukrainische Regierung hat Justizminister Haluschtschenko entlassen. Er soll in einen Korruptionsskandal um den Atomenergiekonzern Energoatom verwickelt sein.

12.11.2025 | 2:20 min

Ehemaliger Vizeregierungschef soll verwickelt sein

Im Folgenden einige wichtige Punkte aus den Mitschnitten, die aus den 15-monatigen Ermittlungen der Antikorruptionsbehörden stammen: 

Der Ex-Vizeregierungschef und Selenskyj-Vertraute Olexij Tschernyschow, in den Aufzeichnungen Che Guevara genannt, erhielt demzufolge 1,2 Millionen US-Dollar und fast 100.000 Euro in bar. Ihm wird vorgeworfen, sich an Geldwäsche beteiligt zu haben.

Justizminister Herman Haluschtschenko und Energieministerin Switlana Hryntschuk traten wegen des Korruptionsskandals bereits zurück.

Anne Brühl vor Kiew bei Nacht.

Ein neuer Korruptionsskandal erschüttert Selenskyj. Gelder, die für die ukrainische Infrastruktur gedacht waren, sollen missbraucht worden sein, berichtet ZDF-Reporterin Anne Brühl.

13.11.2025 | 6:32 min

Verdächtiger beklagt sich über Gewicht von 1,6 Millionen Dollar

Vor Gericht protokolliert wurde zudem, dass beide auch eine Liebesaffäre pflegten. Den Korruptionsermittlern zufolge übernachtete Hryntschuk mehrfach bei Haluschtschenko, der ihr Vorgänger als Energieminister war. 

Die Behörden veröffentlichten außerdem Bilder mit Bergen von Bargeld, in Safes, Reisetaschen und - teils noch eingeschweißt - in Verpackungen von mehreren US-Notenbanken. In einem der Mitschnitte beklagt ein Verdächtiger, wie schwer es sei, 1,6 Millionen Dollar zu schleppen. In dem Video wird ein Mann mit zwei vollgepackten Taschen eingeblendet, die er am Tage durch Kiew trägt.

Mit dem Bargeld kaufte Minditsch auch für rund sechs Millionen Dollar ein Haus in der Schweiz. Dazu wurden Geldübergaben in Wien, in Israel und Überweisungen nach Mauritius und die Seychellen besprochen. 

Die veröffentlichten Mitschnitte sind wie eine kleine Videoserie aufgemacht. Und wie im Kino, so endet jede Sequenz mit pompöser Musik und einem sich schließenden Theatervorhang - "Fortsetzung folgt".

Ukraine, Kiew: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht während einer Pressekonferenz.

Wegen Korruptionsvorwürfen sind in der Ukraine der Justizminister und die Energieministerin zurückgetreten. Präsident Selenskyj hatte sie dazu aufgefordert.

12.11.2025 | 1:44 min

Schwere Vertrauenskrise - vor allem für Selenskyj

Die Bevölkerung reagiere empört, berichtet ZDF-Reporterin Anne Brühl - denn "im Kern geht es ja tatsächlich um Gelder, die für den Schutz der Infrastruktur verwendet werden sollten" - die Infrastruktur, die täglich von Russland angegriffen wird, worunter Millionen Menschen leiden.

Zudem sei das Ansehen der Ukraine im Ausland beschädigt. Die Europäer, die größten Unterstützer des Landes, hätten ihre Hilfe immer an die Voraussetzung geknüpft, dass die Ukraine die Korruption bekämpft, so Brühl. "Und da muss die Ukraine wirklich liefern."

Nun gebe es eine schwere Vertrauenskrise - vor allem für Selenskyj. Der Präsident müsse seinem innersten Zirkel klarmachen, "dass die Führung dieses Staates kein Family-Business ist", zitiert Brühl eine Antikorruptionsexpertin. Diese habe erklärt: "Man hat manchmal den Eindruck, dass es denen gar nicht um Kampf gegen Korruption geht, sondern eher darum, die Antikorruptionsbehörden zu bekämpfen."

Quelle: dpa, ZDF

Aktuelle Nachrichten zur Ukraine