Korruptionsskandal in der Ukraine:Selenskyj belegt Vertrauten mit Sanktionen
Schmiergeldzahlungen, Festnahmen und zwei zurückgetretene Minister: Die Ukraine kämpft mit einem Korruptionsskandal. Im Mittelpunkt steht der Selenskyj-Vertraute Timur Minditsch.
In der Ukraine wurde ein großer Korruptionsskandal aufgedeckt. Die Spuren führen bis ins Umfeld von Präsident Wolodymyr Selenskyj (Archivbild).
Quelle: dpaIn der Affäre um Schmiergeldzahlungen im ukrainischen Energiesektor hat Präsident Wolodymyr Selenskyj Sanktionen gegen seinen Vertrauten Timur Minditsch verhängt. Unter anderem sollen die Vermögen des 46-Jährigen sowie eines weiteren Geschäftsmannes eingefroren werden, wie es in einem am Donnerstag veröffentlichten präsidialen Dekret heißt.
Minditsch steht im Mittelpunkt der Korruptionsaffäre, wegen der bereits zwei Minister in Kiew zurücktreten mussten. Die Anfang der Woche bekannt gewordenen Vorwürfe konzentrieren sich auf Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit Verträgen unter mutmaßlicher Beteiligung des staatlichen Energiebetreibers Energoatom.
Wegen Korruptionsvorwürfen sind in der Ukraine der Justizminister und die Energieministerin zurückgetreten. Präsident Selenskyj hatte sie dazu aufgefordert.
12.11.2025 | 1:44 minMinditsch soll Regierungsbeamte beeinflusst haben
Dem Staatsanwalt zufolge übte Minditsch "Kontrolle über die Anhäufung, Verteilung und Legalisierung von Geldern aus, die durch kriminelle Handlungen im Energiesektor der Ukraine erlangt wurden". Auf diese Art und Weise seien umgerechnet rund 86 Millionen Euro zweckentfremdet worden.
Minditsch wird zudem verdächtigt, hochrangige Regierungsbeamte in ihren Entscheidungen beeinflusst zu haben, darunter Ex-Verteidigungsminister Rustem Umerow, der mittlerweile den nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat leitet. Minditsch hatte die Ukraine kurz vor Bekanntwerden der Vorwürfe verlassen.
Es sei die wohl "schwerste politische Krise für Präsident Selenskyj seit seinem Amtsantritt 2019", sagt Andreas Umland vom Zentrum für Osteuropa-Studien.
13.11.2025 | 5:11 minGrößter Korruptionsskandal seit Russlands Angriff
Für die Ukraine ist es der größte aufgedeckte Korruptionsfall in den mehr als dreieinhalb Jahren des russischen Angriffskrieges.
Er trifft das Land in einer schwierigen Lage: An den Fronten im Osten und Süden dringen russische Truppen vor. Das Stromnetz ist durch ständige russische Luftangriffe stark beschädigt. Damit drohen den Ukrainerinnen und Ukrainern im Winter immer wieder Stromausfälle sowie Unterbrechungen der Wärme- und Wasserversorgung.
Russland hat die Energie-Infrastruktur der Ukraine in den letzten Tagen massiv angegriffen. In der Folge waren Millionen Menschen ohne Strom.
10.11.2025 | 1:57 minZwei Minister zurückgetreten, zwei Verdächtige in U-Haft
Bis Mittwochabend erklärten unter dem Druck Selenskyjs Energieministerin Switlana Hryntschuk und ihr Vorgänger Herman Haluschtschenko, der zuletzt Justizminister war, ihren Rücktritt. Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko kündigte an, sie werde im Parlament die Entlassung der beiden beantragen.
Gegen erste Beschuldigte in dem Korruptionsskandal haben Gerichte Untersuchungshaft verhängt. Ein Verdächtiger muss bis zum 8. Januar in U-Haft bleiben, falls er nicht eine Kaution von 95 Millionen Hrywnja (1,94 Millionen Euro) hinterlegt, wie der öffentliche Rundfunksender Suspilne berichtete. Der Mann soll in das Verschleiern hoher Schmiergeldsummen aus dem Atomkonzern Energoatom verwickelt sein.
Über die Hintergründe des Korruptionsskandals berichtete Anne Brühl aus Kiew.
12.11.2025 | 1:00 minAuch eine Frau muss für 60 Tage in U-Haft; die mögliche Kaution wurde auf 25 Millionen Hrywnja festgesetzt. Sie soll ebenfalls an der inoffiziellen Buchhaltung für die Gruppe korrupter Politiker und Beamter mitgewirkt haben. Insgesamt ist bislang die Festnahme von fünf Personen bekannt.
Geldgeber stehen bislang zur Ukraine
Deutschland und andere europäische Partner halten trotz des Skandals an der Unterstützung für Kiew fest. Das sagte Außenminister Johann Wadephul (CDU) vor Journalisten beim Außenministertreffen der G7-Länder wirtschaftsstarker Demokratien in Kanada.
Man habe dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha aber klargemacht, "dass es einen entschlossenen Kampf gegen Korruption in der Ukraine braucht, damit die Unterstützung im Westen auch glaubwürdig bleiben kann".
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