Korruptionsskandal:Kiew: Justizminister und Energieministerin treten zurück
Korruptionsermittlungen im Energiesektor setzen die Regierung in Kiew unter Druck. Der Justizminister und die Energieministerin sind nach Selenskyjs Aufforderung zurückgetreten.
Es sei die wohl "schwerste politische Krise für Präsident Selenskyj seit seinem Amtsantritt 2019", so Andreas Umland, Zentrum für Osteuropa-Studien.
13.11.2025 | 5:11 minIn der Ukraine haben Energieministerin Switlana Hryntschuk und Justizminister Herman Haluschtschenko wegen des Korruptionsskandals im Energiesektor ihren Rücktritt erklärt.
"Ich bitte um die Annahme meines Rücktritts vom Posten des Energieministers", hieß es in einem von Hryntschuk veröffentlichten Rücktrittsgesuch auf Facebook. In ihrer Erklärung betonte Hryntschuk, sie habe nicht gegen das Gesetz verstoßen.
Kurz darauf reichte auch Haluschtschenko seinen Rücktritt ein, wie Regierungschefin Julia Swyrydenko mitteilte.
Herman Haluschtschenko war seit Juli 2025 Justizminister in der Ukraine und reichte an diesem Mittwoch seinen Rücktritt ein. (Archivfoto)
Quelle: dpaSelenskyj forderte Minister zum Rücktritt auf
Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj die beiden Minister zum Rücktritt aufgefordert. "Ich bitte die Parlamentsabgeordneten, diese Gesuche zu unterstützen", sagte er in einer Videobotschaft. Es sei eine Frage des Vertrauens.
Haluschtschenko war am Morgen bereits durch Ministerpräsidentin Swyrydenko von seinen Aufgaben entbunden worden. Der ehemalige Energieminister Haluschtschenko ist einer von mehreren Verdächtigen in einem bisher unter Führung von Präsident Selenskyj beispiellosen Korruptionsskandal.
Wegen eines Korruptionsskandals in der Ukraine hat Präsident Selenskyj zwei Minister zum Rücktritt aufgefordert. Über die Hintergründe berichtet Anne Brühl.
12.11.2025 | 1:00 minAm Vortag hatte es bei Haluschtschenko, der seit Juli Justizminister war, Durchsuchungen gegeben. Haluschtschenko kündigte er an, sich rechtlich verteidigen und seine Position darlegen zu wollen.
Sein Ministerium in Kiew hatte die Ermittlungen am Vortag bestätigt. Haluschtschenko unterstütze die Strafverfolgungsbehörden in vollem Umfang, hieß es in einer Mitteilung. Das Justizministerium halte sich konsequent "an den Grundsatz der Nulltoleranz gegenüber Korruption". Details zu möglichen Vorwürfen wurden nicht genannt.
Die Ukraine hat ein umstrittenes Gesetz zurückgenommen, das Anti-Korruptionsbehörden geschwächt hätte.
31.07.2025 | 1:40 minFünf Festnahmen und sieben Verdachtsfälle
Das Nationale Antikorruptionsbüro und die Staatsanwaltschaft hatten zuvor Ermittlungen beim Konzern Energoatom bekanntgemacht. Es geht um Bestechungsgelder, die beim Bau von Schutzvorrichtungen um Energieanlagen gegen russische Luftangriffe geflossen sein sollen.
Am Dienstag sprach das Antikorruptionsbüro von fünf Festnahmen und sieben Verdachtsfällen. Die Gruppe soll etwa 100 Millionen US-Dollar (86,4 Millionen Euro) an Schmiergeld gewaschen haben.
ZDF-Reporterin Anne Brühl berichtet über die Lage in der Ukraine: Nicht nur die Situation rund um die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk sei "schwierig", auch Richtung Norden gebe es "schwere Kämpfe".
12.11.2025 | 3:47 minWegbegleiter von Selenskyj im Visier der Ermittler
Im Zentrum der Ermittlungen steht Selenskyjs langjähriger Wegbegleiter Tymur Minditsch. Er habe nicht nur Einfluss auf Haluschtschenko ausgeübt, sondern auch auf Ex-Verteidigungsminister Rustem Umjerow, sagte Staatsanwalt Serhij Sawyzkyj laut Medienberichten. Umjerow räumte zwar Kontakte zu Minditsch ein, wies aber Korruptionsvorwürfe strikt zurück.
Minditsch ist ein Vertrauter und Geschäftspartner von Präsident Selenskyj aus dessen Zeiten als Schauspieler. Der Hauptverdächtige habe Einfluss auf staatliche Entscheidungen "im Energie- und im Rüstungsbereich" genommen, hieß es. Minditsch soll die Ukraine verlassen haben. Selenskyj forderte, Schuldige ohne Ansehen der Person zu verurteilen.
Russland hat die Energie-Infrastruktur der Ukraine massiv angegriffen. In der Folge waren Millionen ohne Strom.
10.11.2025 | 1:57 minEnergoatom sprach von einem "Vorfall", der keinen Einfluss auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens, die Stromproduktion und die Sicherheit der ukrainischen Kernkraftwerke habe.
Bundesregierung erwartet Aufklärung
Die Bundesregierung erwartet eine transparente Aufklärung der Korruptionsvorwürfe im ukrainischen Energiesektor. Auswirkungen auf die deutschen Hilfszahlungen an die Ukraine habe der Skandal derzeit aber nicht, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwoch in Berlin.
Wir werden jetzt die Entwicklung in diesem konkreten Fall betrachten, und gegebenenfalls müssen daraus Konsequenzen gezogen werden.
Stefan Kornelius, Regierungssprecher
Die Vorwürfe seien Grund zur Sorge - insbesondere, weil der Energiesektor "beträchtliche Unterstützung aus Deutschland" erhalte.
Ukraine - Land mit sehr hoher Korruptionsanfälligkeit
Trotzdem scheint es um den größten Bestechungsskandal der Ukraine zu Zeiten des seit mehr als dreieinhalb Jahren dauernden Krieges gegen Russland zu gehen.
Das in die EU strebende Land gilt trotz Reformen immer noch als einer der Staaten in Europa mit der höchsten Korruptionsanfälligkeit.
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