Zement mit weniger CO2-Ausstoß: Wie das mit KI gelingen kann

Geringerer CO2-Ausstoß als Ziel:"Klimakiller" Zement: Grüne Lösungen für eine graue Last

von Eva Schmidt

|

Revolution im Betonmischer? Das Schmiermittel, der sogenannte Zementklinker, ist der Hauptgrund für die miese Klimabilanz des Baustoffs. Doch es gibt klimafreundliche Alternativen.

Zement fließt aus einem Betonmischer in eine Schubkarre.

Die Zementherstellung muss klimafreundlicher werden. Welche Ansätze gibt es?

Quelle: imago images

CO2-Emissionen bei der Herstellung von Beton galten lange Zeit als unumgänglich, aber das ist vorbei. Der technologische Fortschritt hat "richtig Fahrt aufgenommen", meint Frank Dehn, Professor für Baustoffe und Betonbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Zement ist ein Bestandteil von Beton und dient als Bindemittel für die übrigen Bestandteile wie Kies, Sand und Wasser. Obwohl Zement nur etwa 15 Prozent der Betonmischung ausmacht, entfallen rund 80 Prozent aller mit der Betonherstellung verbundenen Emissionen auf die Zementproduktion. Geht es also um die Reduktion von CO2-Emissionen beim Bauen, dann ist die "Zementherstellung der größte Hebel", erklärt Frank Dehn.

Ein Mann hält einen Sembla-Baustein in die Kamera

Bauen ohne Zement, umweltfreundlicher Recyclingbeton, Häuser aus traditionellen Baustoffen - die Baubranche wird nachhaltiger.

20.01.2025 | 29:45 min



KI reduziert Anteil von Zementklinker deutlich

Das Berliner Startup "Alcemy" hat eine Software entwickelt, die die Beimischung von Zementklinker deutlich reduzieren kann. Zementklinker sorgt für die Härtung des Zements und stößt besonders viel CO2 aus. Da es mehrere Wochen dauert, bis Beton beziehungsweise Zement vollständig ausgehärtet ist, wird bisher in der Regel großzügig Klinker verarbeitet, um ausreichend Sicherheitspuffer zu haben.

Kindertagesstätte in Darmstadt wird nachhaltig saniert

Die Bauwirtschaft ist für mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Abfalls verantwortlich. Zirkuläres Bauen soll für mehr Nachhaltigkeit und Kosteneinsparung bei neuen Bauprojekten sorgen.

15.04.2025 | 1:29 min

Mithilfe der von "Alcemy" entwickelten KI kann schon während des gesamten Prozesses im Werk und auch bei der Ausfahrt im Betonmischer in Echtzeit gemessen werden, ob der Baustoff am Ende stabil genug sein wird, erklärt Mitgründer und CEO Leopold Spenner. Dadurch lassen sich nach Angaben des Unternehmens bis zu 50 Prozent Zementklinker und damit CO2 einsparen.

Die etablierten Arbeitsprozesse zur Herstellung von Zement und Beton werden dadurch nicht verändert.

Leopold Spenner, Startup "Alcemy"

Was die Optimierung der Betonzusammensetzung mittels KI angehe, ist "Alcemy" laut Frank Dehn inzwischen ein sehr prominentes Beispiel.

Selbstheilender Beton
:Wie Bakterien Risse in Bauwerken schließen

Beton ist der wichtigste Baustoff weltweit und ein echter Klimakiller. Deshalb setzt ein niederländischer Professor auf Beton, der sich selbst reparieren kann.
Beim Wohnungsbau wird eine Bodenplatte aus Beton gegossen.
Interview

Alternativen bisher nur "spärlich eingesetzt"

Was hilft noch dabei, von den hohen CO2-Emissionen bei der Beton- und Zementherstellung wegzukommen? Wesentlich klimafreundlicher sind beispielsweise calzinierte Tone, berichtet Ricarda Sposito. Sie ist Professorin für Baustoffe und Bauchemie an der Hochschule München. Calzinierte Tone werden aber leider "in Deutschland nur spärlich eingesetzt, obwohl damit teils hervorragende Betoneigenschaften erzielt werden können".

Aber warum werden solche Alternativen zu dem klimaschädlichen Zementklinker nicht stärker vorangetrieben? Verantwortlich dafür, vermutet Sposito, sei eine "gewisse Trägheit" in der Baustoffindustrie. "Stattdessen wurde zunächst versucht, ein gewisses Depot an CO2-Zertifikaten aufzubauen und so der notwendigen Klimaneutralität entgegenzuwirken, ohne erst einmal verfahrenstechnisch beziehungsweise materialseitig nach langfristigen Alternativen zu suchen."

Baustelle für einen Hausbau

Die Baubranche verursacht rund 40 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Für neue Projekte kann man jedoch recycelte Materialien verwenden und eine Menge Abfall vermeiden.

15.04.2025 | 1:50 min

Akzeptanzprobleme in Baufirmen und -büros

Der Betontechnologe Michael Haist von der Uni Stuttgart sieht das Problem allerdings weniger bei der Zementbranche, für ihn sind es eher "Akzeptanzprobleme bei den Baufirmen oder den Planungsbüros".

Der Markt nimmt Alternativen bislang nur zögerlich auf unter anderem aus Gründen der Kostenunsicherheit.

Prof. Michael Haist, Universität Stuttgart

-

Eine Mülldeponie für CO₂ unter der Nordsee bietet das CCS-Pilotprojekt. Dabei wird das verflüssigte CO₂ durch Tanks und 100 Kilometer Pipeline 2600 m tief in den Grund gepumpt.

23.10.2024 | 2:04 min

Und was ist mit CCS, also der Einlagerung von CO2 im Boden? Das umstrittene Verfahren erlebt gerade wieder eine Renaissance. Auch im Zehn-Punkte-Plan zur Energiewende, den Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) im September vorstellte, gilt CCS als zentrale Klimaschutztechnologie. Ein Gesetz soll es schon bald möglich machen.

Die Grafik zeigt das CCS-Verfahren: Flüssiges CO2 wird durch Pipelines in untere Gesteinsschichten geführt. Barriere-Gestein verhindert das Austreten.

Doch brauchen wir überhaupt noch CCS in der Beton- und Zementbranche, wenn es bereits effektive Verfahren gibt, CO2 erst gar nicht entstehen zu lassen? Es komme auf die Mengen an, erklärt Michael Haist. Also, "ob man das ganze CO2 abscheiden muss in CCS oder nur die Reste, die am Ende übrig bleiben". Für ihn ist die zweite Variante die bessere.

USA: Petra Nova CCS-Anlage im NRG-Kraftwerk in Richmond

Die Bundesregierung will durch eine Gesetzesnovelle das Verpressen von Kohlendioxid-Emissionen im Boden ermöglichen. Für einige Industriezweige könnte diese Änderung überlebenswichtig sein.

02.09.2025 | 9:12 min

Icon von whatsapp
Quelle: dpa

Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.


Mehr Nachrichten zur Baubranche

  1. Auf einer Baustelle beaufsichtigt ein Bauarbeiter mit Schutzhelm einen 3D-Drucker, der einen Spezialzement aufträgt.

    Halbe Million Wohnungen fehlen:3D-Betondruck und Holz-Hybridbau: Löst das die Wohnungsnot?

    von Max Schwarz
    mit Video

  2. Rohbau eines Mehrfamilienhauses. (Symbolbild)

    Hausbau wird immer teurer :Wie Bauherren trotz steigender Kosten sparen können

    von Anne Sophie Feil

  3. Neubaugebiet

    Statistik zu Immobilienmarkt:Eigenheime immer teurer - hilft "Bau-Turbo"?

    mit Video

  4. Verena Hubertz zu Gast bei "Markus Lanz".

    Bundesbauministerin bei "Lanz":Hubertz will keine Zielmarke für neue Wohnungen

    von Felix Rappsilber
    mit Video

Mehr zum Thema Nachhaltigkeit

  1. Auch wenn sich die Natur ihren Platz langsam zurück erkämpft, Schacht "Lerche" bei Hamm ist aktuell noch eine Industriebrache.

    Kampf gegen Umweltschäden:Wie ein Unternehmer seine Klimabilanz repariert

    von Torsten Mehltretter
    mit Video

  2. Zwei Männer joggen an einem befestigten Ufer entlang. Im Hintergrund liegen Schiffe im Hafen, Kräne ragen empor.

    Sport mit gutem Gewissen:Fünf Tipps für nachhaltige Sportkleidung

    von Marc Haenecke
    mit Video

  3. Nachhaltige Mode im Bekleidungsgeschäft "slow friday".

    Nachrichten | heute:Nachhaltigkeit wird Trend in der Modebranche

    von Kathrin Haas
    1:28 min

  4. Kunstaktion vor Verhandlungen über globales Plastikabkommen

    UN-Konferenz in Genf:Letzte Chance für globales Plastikabkommen?

    von Elisa Miebach
    mit Video