Nachhaltigkeit: Wie ein Unternehmer seine Klimabilanz repariert
Kampf gegen Umweltschäden:Wie ein Unternehmer seine Klimabilanz repariert
von Torsten Mehltretter
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Unsere Art zu leben schadet oft der Umwelt. Ein Unternehmer hat seinen Lebensstil komplett verändert und macht vor, wie man im Kampf gegen Umweltschäden sogar Geld verdienen kann.
Jedes T-Shirt, jeder Snack, jede Flasche Wein, jeder Flug und jede Autofahrt belastet die Umwelt. Doch es gibt Lösungen, wie wir Umweltschäden kompensieren können.09.08.2025 | 29:45 min
Dirk Gratzel aus Aachen war viele Jahre Chef eines Unternehmens, das Künstliche Intelligenz entwickelte. Für höhere Gewinne jettete der 57-Jährige um die Welt. Materieller Wohlstand war ihm wichtig, bis er bemerkte, dass seine Kinder gar keinen Wert auf teure Autos und Designerklamotten legten. Ihr Lebensschwerpunkt lag auf Nachhaltigkeit. Mit Anfang 50 begann Gratzel, sich zu hinterfragen. Seinen Gesinnungswechsel begründet er so:
Ich wollte Spuren meines Lebens nicht nachfolgenden Generationen hinterlassen.
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Dirk Gratzel, Unternehmer aus Aachen
Doch welche Schäden hatte er in seinem Leben bislang genau verursacht?
Er überzeugte Professor Matthias Finkbeiner, Umweltwissenschaftler an der TU Berlin, ihm zu helfen, die Schäden seines Lebens zu ermitteln. "Das hat noch nie jemand gemacht, weil es unter anderem extrem aufwendig ist. Aber bei Dirk hatte ich das Gefühl, er meint es ernst damit und dann haben wir losgelegt", erinnert sich Finkbeiner.
Aus wissenschaftlicher Sicht war das ein extrem spannendes Projekt.
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Matthias Finkbeiner, Umweltwissenschaftler TU Berlin
Der Wissenschaftler gab Gratzel Hausaufgaben mit auf den Weg zurück in seine Heimat nach Aachen. Jedes Paar Socken, jeden Snack, jede Flasche Wein, jeden Flug und jede Autofahrt, den Konsum und die Mobilität seines bisherigen Lebens musste Gratzel rekonstruieren - für fünf Lebensjahrzehnte.
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Finkbeiner und sein Team ermittelten über den Verbrauch und den Lebenswandel die dafür benötigten natürlichen Ressourcen und die Schäden, die Nahrungsmittelproduktion, Mobilität und Warenverbrauch hinterlassen. Nach 49 Lebensjahren hatte Gratzel demnach Umweltkosten in Höhe von 257.476 Euro verursacht.
Als erste Konsequenz änderte Gratzel sein Leben. Keine Flugreisen mehr, Fleisch nur noch ausnahmsweise und an seinen Hosen kann er inzwischen ohne Scham akzeptieren, wenn sich die Cordreihen Stück für Stück auflösen. Energie bezieht er nur noch aus regenerativen Quellen. Aber was ist mit den Umweltschäden aus der Vergangenheit?
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Auch die wollte Dirk Gratzel wiedergutmachen und kaufte einen alten Kohleschacht im Ruhrgebiet. Der Beton musste weichen für Bäume und Gräser - so wie es sie früher vermutlich dort gab. Das Wachstum der Pflanzen entzieht der Atmosphäre CO2 und es entsteht neuer natürlicher Lebensraum. Den Wert der Wiedergutmachung haben die Forschenden aus Berlin ebenfalls berechnet. Er steigt Jahr für Jahr. Mittlerweile ist Gratzels Klimabilanz sogar positiv.
Geschäftsmodell mit Vorbildfunktion
Für seine private Idee, Klimaschäden durch die Renaturierung von Flächen zu kompensieren, interessieren sich mittlerweile auch Firmen, die ihre Umweltbilanz verbessern wollen. Denn immer mehr Verbraucher sind bereit, für Produkte von Unternehmen, die etwas für die Umwelt tun, mehr Geld auszugeben.
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Gratzel hat daraus eine Geschäftsidee entwickelt, sammelt Geld bei Unternehmen ein und kauft Industriebrachen. Auf Flächen so groß wie 230 Fußballfelder lässt Gratzel inzwischen die Natur wieder wachsen. Ein Geschäftsmodell, von dem auch kommende Generationen profitieren werden.
Der Klimawandel schreitet voran - abgeschwächt wird er, wenn wir weniger CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen. Wichtige Daten zum Klimawandel im Überblick:
von Moritz Zajonz
Grafiken
Quelle: dpa
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