Halbe Million Wohnungen fehlen:3D-Betondruck und Holz-Hybridbau: Löst das die Wohnungsnot?
von Max Schwarz
Beim Baugewerbetag in Berlin suchen Politik und Bauwirtschaft nach Wegen aus der Wohnungsbaukrise. Neue Bauverfahren könnten helfen.
In Deutschland fehlt Wohnraum, gleichzeitig leidet das Baugewerbe unter Fachkräftemangel. In Heidelberg entstehen Mehrfamilienhäuser mit einer innovativen Technologie – dem 3D Betondruck.
05.11.2025 | 1:53 minDer Bau eines Wohnhauses ist selten ein Grund, stehen zu bleiben - geschweige denn, ein Foto davon zu machen. Im Heidelberger Süden ist das anders. Immer wieder steigen Passanten vom Rad, schauen mit großen Augen auf das, was sich dort in einigen Metern Höhe abspielt.
Wohnungen aus dem 3D-Drucker
Unermüdlich dreht dort der Druckkopf seine Runden. Schicht für Schicht trägt er Spezialbeton auf - die Fassade einer Wohnanlage, die Hans-Jörg Kraus gerade bauen lässt. Zwölf Monate von der Baugenehmigung bis zum Einzug, sagt er stolz. Konventionell würde es wohl doppelt so lange dauern.
Wir bauen hier in 20 Tagen ein ganzes Haus im Rohbau. Diese Geschwindigkeit ist ein Riesenvorteil.
Hans-Jörg Kraus, Geschäftsführer Kraus Immobilien
Wenn man zum seriellen Bauen übergehe, könnte mit diesem Verfahren in großem Maßstab Wohnraum geschaffen werden, erklärt Kraus.
In Alvdal bauen Bewohner runde Häuser, inspiriert von der Natur. Für sie ist rund gesünder, heller und geselliger. Die Siedlung zeigt, wie Architektur das Lebensgefühl verändert.
28.10.2025 | 2:09 min3D-Betondruck soll 2026 in Serie gehen
Noch sind die dreigeschossigen Mehrfamilienhäuser Prototypen. Nächstes Jahr soll das Konzept in Serie gehen - und so den Wohnungsbau entlasten: weniger Fachkräftebedarf, weniger Ressourcenverbrauch, geringere Kosten. 30 Prozent schneller und zehn Prozent günstiger als herkömmliche Bauweisen, lautet das Versprechen.
Der 3D-Betondruck sei zwar kein Wundermittel, sagt Kraus, aber ein Verfahren, das Baustellen verändern werde: "Wir werden auf der Baustelle der Zukunft weniger Fachkräfte sehen, weniger Müll und weniger Lärm."
Die Baubranche verursacht rund 40 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Für neue Projekte kann man jedoch recycelte Materialien verwenden und eine Menge Abfall vermeiden.
15.04.2025 | 1:50 minBau bisher noch stark vom Handwerk geprägt
Viele Projekte stecken noch in der Entwicklung. Es fehlt an baurechtlichen Standards. Frank Dehn vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schätzt, dass es noch fünf bis zehn Jahre dauern könnte, bis sich der 3D-Betondruck flächendeckend durchsetzt. Bisher ist das Bauwesen noch stark vom traditionellen Handwerk geprägt.
"Wir müssen Geschwindigkeit in die Bauprozesse bringen", sagt Dehn. Dafür brauche es mehr Digitalisierung, mehr Automatisierung."
Der Beton-3D-Druck ist dabei ein wesentlicher Innovationstreiber.
Prof. Frank Dehn, Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, KIT
Doch der 3D-Druck ist nicht das einzige Verfahren, das niedrige Kosten und schnelle Bauzeiten verspricht.
Bauen ohne Zement, umweltfreundlicher Recyclingbeton, Häuser aus traditionellen Baustoffen – die Baubranche wird nachhaltiger.
20.01.2025 | 29:45 minNeue Bauweise: Holz trifft Beton
In Kernen im Remstal, im Stuttgarter Speckgürtel, entsteht auf dem Gelände der Hangweide ein neues Quartier für 1.300 Menschen. Das erste Gebäude: ein Mehrfamilienhaus mit 34 geförderten Wohnungen - gebaut von Züblin in Holz-Hybridbauweise.
Außenwände aus Holz, Decken aus Beton - die meisten Teile werden serienmäßig vorgefertigt und auf der Baustelle montiert. Züblin-Vorstand Markus Landgraf ist überzeugt: Der serielle Ansatz ist der richtige, um Baukosten zu senken. "Durch den Einsatz von Holz ist er CO2-ärmer und durch die Vorproduktion deutlich schneller als die konventionelle Bauweise" erklärt Landgraf.
Die Zeit auf der Baustelle kann sich um bis zu 40 Prozent verkürzen.
Markus Landgraf, Vorstandsmitglied bei Züblin
Neben technischen Lösungen brauche es aber auch schnellere Genehmigungen und weniger Bürokratie. Der kürzlich in Kraft getretene "Bauturbo" der Bundesregierung sei ein erster richtiger Schritt, sagt Landgraf.
Die Regierung wollte 400.000 Wohnungen im Jahr bauen, hat das Ziel aber nie erreicht. Pilotprojekte zeigen, dass es möglich ist, mehr Wohnungen günstig und schnell zu bauen.
19.11.2024 | 1:24 minBürokratie bremst
In Kernen selbst fehlen mehrere Hundert Wohnungen, berichtet Bürgermeister Benedikt Paulowitsch (SPD). Die Entscheidung für das neue Quartier fiel schon lange vor "Bauturbo" und milliardenschwerem Sondervermögen.
Geld allein schafft keine Wohnungen. Wir brauchen verlässliche Förderprogramme, Bauland, das sich schneller erschließen lässt.
Benedikt Paulowitsch, Bürgermeister von Kernen im Remstal
Und vor allem müsse man aufhören, für jede Kleinigkeit noch ein neues Gutachten zu verlangen, bevor endlich gebaut werden darf.
Max Schwarz ist Reporter im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.
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