Forschungsprojekt zum Klimawandel:Riesige CO2-Duschen im Amazonas-Wald
von Birgit Schuler
Eine gigantische Forschungsstation, wie es sie weltweit nur einmal gibt: AmazonFACE untersucht, was eine massiv erhöhte CO2-Konzentration mit dem Regenwald in Brasilien macht.
Wie verändert die Zerstörung des Regenwalds das Klima auf der Welt? ZDF-Umweltreporter Sherif Rizkallah und Wissenschaftlerin Mira Pöhlker wollen das auf einer Amazonas-Expedition herausfinden.
10.11.2025 | 43:14 minWie sieht sie aus, die Zukunft, mit der es der Regenwald in Brasilien zu tun bekommen könnte? Und wie lässt sie sich simulieren? Dieser Herausforderung stellt sich ein internationales Wissenschaftlerteam in einem der weltweit größten Freiluftlabore auf 25.000 Hektar Fläche - mitten im Regenwald etwa 80 Kilometer von Manaus entfernt.
AmazonFACE versetzt einen Teil des Amazonas-Regenwaldes in eine Zukunft mit mehr Kohlendioxid - wie eine Zeitmaschine.
Prof. Mira Pöhlker, Aerosolforscherin
Das sei nicht nur "unheimlich spannend", sondern auch einzigartig, sagt Forscherin Prof. Mira Pöhlker. Dazu nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Technologie, die man sich wie riesige CO2-Duschen vorstellen kann, und simulieren einen Anstieg der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre um bis zu 50 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau.
Die WISO-Doku "Expedition Amazonas - Brasiliens Regenwald und die globale Klima-Krise" geht der Frage nach, wie der Rückgang des Regenwaldes das Klima weltweit verändert. Eine faszinierende Fahrt auf dem größten Strom der Erde. Sie können den Film am 10. November um 19:25 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streaming-Portal.
ZDF-Reporter Peter Theisen besucht ein abgelegenes Stück Regenwald in Papua-Neuguinea. Dort versuchen Ureinwohner dem wachsenden Einfluss der Holzindustrie Einhalt zu gebieten.
26.04.2025 | 3:06 minTürme und Düsen "düngen" den Regenwald mit CO2
Mehrere Ringe aus je zehn stählernen Türmen und mit Düsen versehen "düngen" so den Regenwald vom Boden bis hinauf in die Baumspitzen auf zirka 35 Metern Höhe. Dieser Feldversuch zur Freiluft-CO2-Anreicherung bildet das Herzstück des Programms.
AmazonFACE steht für Free-Air CO2 Enrichment (Freiluft-CO2-Anreicherung). Das Experiment besteht aus sechs FACE-Ringen, darunter drei sogenannten Behandlungsringen mit einer CO2-angereicherten Atmosphäre, und drei Kontrollringen mit Luft aus der Umgebung, also ohne erhöhte CO2-Konzentration. Das Forschungsprojekt läuft über einen Zeitraum von zehn Jahren bis 2030.
Die österreichische Biologin Lucia Fuchslueger beschäftigt sich bei AmazonFACE mit den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Böden als Reaktion auf erhöhte CO2-Konzentration. "Ich interessiere mich sehr für das, was unter unseren Füßen vor sich geht. Dazu gehört viel graben, aber auch viel Labor- und Analysearbeit", so die Expertin.
Kurz vor dem Weltklimagipfel treffen sich Staats- und Regierungschefs im brasilianischen Belém. Mit dem Amazonas als Kulisse soll die Dringlichkeit des Klimaschutzes betont werden.
06.11.2025 | 1:40 minFür Forschung über den Baumwipfeln im Regenwald schweben
Fuchslueger stellt sich dabei die Frage: Wie reagiert der Amazonas-Regenwald auf die prognostizierten Klimaveränderungen der nächsten Jahrzehnte? Dazu schwebt sie häufig in einem riesigen Kran in die Höhe über die Baumwipfel des Regenwald-Areals.
Wir versuchen mit einem Experiment, künstlich CO2 zu erhöhen, um zu sehen, wie die einzelnen Bäume und Baumarten darauf reagieren, ob sie mehr CO2 aufnehmen können oder ob sie quasi schon an ihrem Limit sind. Oder ob sie vielleicht gar nicht reagieren.
Lucia Fuchslueger, Forschungsbereich Nährstoffe bei AmazonFACE
Bäume und die nährstoffarmen Böden bilden hier ein Ökosystem, das repräsentativ für die gesamte Amazonas-Region ist.
Das AmazonFACE-Experiment aus der Luft. Von einem 45 Meter hohen Kran aus kann man den Regenwald und die gesamte Infrastruktur überblicken.
Quelle: Ralf GemmeckeDas Projekt läuft noch bis 2030. Bis dahin soll das Experiment zuverlässige Daten liefern, wie der Regenwald auf den steigenden CO2-Gehalt in der Luft und den "Düngungseffekt" reagiert. Ob er darunter leidet, vielleicht sogar stärker wächst oder ab einem gewissen Punkt einfach aufhört, CO2 aufzunehmen.
CO2-Senke Regenwald in Gefahr
Der Amazonas-Regenwald nimmt riesige Mengen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 auf und speichert es als Kohlenstoff. Etwa 150 bis 200 Milliarden Tonnen sind in Biomasse und Böden gebunden - eine gigantische CO2-Senke. Aber Abholzung, Soja-Monokulturen und Viehwirtschaft sowie steigende Temperaturen bringen diese Fähigkeit des tropischen Waldes an seine Grenze.
Bleibt die Politik untätig, droht laut UN eine Erderwärmung um bis zu 2,8 Grad - weit entfernt vom Pariser 1,5-Grad-Ziel. Die Warnung: Das Tempo müsse deutlich höher werden.
04.11.2025 | 1:27 minDas System droht zu kippen. Wie bleibt der Regenwald widerstandsfähig? Kann er sich regenerieren? Zu viel CO2 in der Atmosphäre sorgt dafür, dass sich die Erde unnatürlich stark aufwärmt und den globalen Klimawandel befeuert. Was passiert, wenn der CO2-Speicher nun selbst Kohlendioxid freisetzt und mehr Treibhausgase ausstößt, als er absorbiert?
Prinzipiell ist tropischer Regenwald eine sehr starke Senke für CO2, aber man weiß nicht genau, wie stark und wie weit das geht.
Dr. Lucia Fuchslueger, Biologin bei AmazonFACE
Das Experiment bringt den Amazonas-Wald quasi schon heute in die Zukunft. Es liefert realitätsnahe Prognosen für die Ursachen des globalen Klimawandels und hilft politischen Entscheidungsträgern - auch bei der COP30 in Belém und bei künftigen internationalen Klimakonferenzen.
Neuer UN-Bericht :Welt besser beim Klimaschutz, aber nicht gut genug
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