Wirtschaftsgipfel: Investitionsoffensive oder Mogelpackung?

Wirtschaftsgipfel im Kanzleramt:Investitionsoffensive oder Mogelpackung?

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von Frank Bethmann
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"Made for Germany" heißt die Wachstumsinitiative, die mehr als 30 Unternehmen und Finanzinvestoren heute dem Kanzler vorstellen wollen. Worum geht es?

Friedrich Merz.Im Hintergund steht in pinker Farbe: Chef
Bundeskanzler Merz will nach Jahren der Stagnation das Thema Wirtschaftsaufschwung zur Chefsache machen. Dafür hat er über 30 Unternehmen nach Berlin eingeladen.21.07.2025 | 1:30 min
Wirtschaftsgipfel hat es im Kanzleramt schon einige gegeben: Autogipfel, Maschinenbaugipfel, Digitalgipfel oder Gipfel für bezahlbares Bauen und Wohnen. Alle eint: Es geht um die Bewältigung von Krisen.
In der jüngsten Vergangenheit stand Deutschland vor einigen dieser Krisen. Längst nicht alle Probleme sind gelöst, neue sind hinzugekommen oder haben sich seit langem angekündigt. So wie Deutschlands Schwäche bei Investitionen, die hinlänglich bekannt ist und heute der Grund für ein neues Treffen auf höchster Ebene ist - dem Investitionsgipfel.
Merz: "Signal für Wirtschaftswachstum"
Die Auftaktveranstaltung zur "Made for Germany"-Initiative im Video.21.07.2025 | 19:30 min

Investitionsgipfel im Kanzleramt mit einigen Unbekannten

Wer genau, wann die Initiative ergriff, wer alles dran teilnimmt und welche konkreten Ziele der Gipfel verfolgt, darüber drang nur wenig an die Öffentlichkeit. Was man inzwischen weiß ist, dass namhafte Unternehmen - unter ihnen die Deutsche Bank und Siemens - den Bundeskanzler über die Initiative "Made for Germany" informieren wollen.
Es ist generell zu begrüßen, "wenn Manager mit dem Kanzler reden und man gegenseitig Positionen und Wünsche austauscht", findet Klaus Wohlrabe vom Münchner Ifo-Institut. "Ich will nicht ausschließen, dass es ein kleiner Stein für eine positive Investitionsdynamik sein kann", so der Konjunkturexperte.
ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer in Berlin
Heute findet in Berlin der Investitionsgipfel statt. ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer ordnet ein: ist der Gipfel eine große PR-Aktion- oder eine echte Investitions-Offensive?21.07.2025 | 1:18 min

Im Gepäck: Investitionsversprechen von rund 300 Milliarden Euro

Investitionsversprechen im Gesamtvolumen von 300 Milliarden Euro sollen die Konzernlenker mit im Gepäck haben. Inwieweit es sich dabei um ohnehin geplante Investitionen oder neue zusätzliche Vorhaben handelt, ist nicht klar, weswegen das Treffen Gefahr läuft, nur eine "PR-Nummer" zu sein. Carsten Brzeski, Chefvolkswirt von ING Deutschland, sagt:

Gipfel beim Kanzler bringen ein paar Bilder in den Nachrichten, eventuell ein paar Versprechungen und danach häufig nur Enttäuschung.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING Deutschland

Brzeski ist aber wichtig zu betonen, dass Investitionen in Milliardenhöhe schon viel bewegen können. Nur Geld allein wird die Wirtschaft, seiner Meinung nach, nicht wieder auf Vordermann bringen. "Die Wirtschaftsvertreter werden dem Kanzler deutlich machen, wie hart die Konkurrenz aus China mittlerweile schon ist, wie stark die Wettbewerbsfähigkeit abgenommen hat und dass die Regierung Deregulierung und Energiepolitik beschleunigen muss", so Brzeski.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Deutschland, Berlin, Schloss Bellevue, Vorstellung des Abschlussberichts der Initiative für einen handlungsfähigen Staat mit anschließender Diskussion
Die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat" empfiehlt der Regierung 35 Maßnahmen zur Staatsmodernisierung - darunter eine zentrale Plattform für Sozialleistungen.14.07.2025 | 2:48 min

Ziel der Wirtschaft: Handlungsdruck hochhalten

Es geht also bei diesem Gipfeltreffen auch darum, den Handlungsdruck hochzuhalten. Die Position der Unternehmen ist dabei klar: Die Stromsteuer muss runter, ebenso die überbordenden Kosten durch Bürokratie. "Der Staat kann und muss Anreize setzen", sagt Brzeski.
Kanzler Friedrich Merz (CDU) wird aufmerksam zu hören, aber auch darauf verweisen, dass die von ihm geführte Regierung bereits erste Weichen gestellt hat. Verbesserte Abschreibungsbedingungen und eine schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer von 2028 an sollen Unternehmen eben genau dazu veranlassen, wieder mehr in Deutschland zu investieren. "Die Politik denkt schon in die richtige Richtung", findet Wohlrabe. "Der beschlossene Investitionsbooster war ein wichtiger Schritt", ergänzt der Ökonom. "Jetzt heißt es, dranbleiben."
Kritik am Stromsteuer-Beschluss
Streitpunkt Stromsteuer: Der Koalitionsausschuss von Union und SPD konnte sich nicht auf eine Senkung auch für Verbraucher einigen. Das sorgt für Kritik aus allen Richtungen.03.07.2025 | 1:39 min

Schlüssel für mehr Wachstum: Private Investitionen

Das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen, das die Bundesregierung dafür locker gemacht hat, kann nur ein Anfang sein. So imposant sich diese Summe anhören mag, allein wird der Booster wenig an der Investitionsschwäche Deutschlands ändern. Dafür reicht ein Blick auf die Statistik: 87 Prozent der Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland entfallen auf private Unternehmen, während der Anteil der öffentlichen Investitionen lediglich bei 13 Prozent liegt.
Kurzum: Selbst, wenn die steigenden Staatsinvestitionen den einen oder anderen privaten Auftrag anstoßen, der Schlüssel zu mehr Wachstum liegt bei den privaten Investitionen.
SGS Zimmermann Bethmann
Ein Milliardenpaket soll Investitionen ankurbeln, unter anderem durch bessere Abschreibungen und eine schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer.26.06.2025 | 1:27 min

Werden aus Absichten auch zusätzliche Investitionen?

Viel wird also von der Frage abhängen: Werden aus den guten Absichten der Unternehmen auch konkrete zusätzliche Investitionen? Das weiß auch der Kanzler, der erst kürzlich zu Protokoll gab, er wünsche sich, dass jeder Euro des Staates am besten fünf Euro private Investitionen auslöse, "besser eins zu zehn".
Ein Wunsch, den er heute in der Gipfelrunde sicher wiederholen wird.

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Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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