KI-Abhängigkeit von US-Technologie:"Digitale Souveränität ist bisher nur ein Buzzword"
von Lisa Brockschmidt und Dennis Berger
Studien zeigen ein enormes Potential für künstliche Intelligenz. In Deutschland sehen 82 Prozent der Industriekonzerne KI als entscheidend an. Oft aber kommt die aus dem Ausland.
Wie digital unabhängig ist Deutschland? Viele Unternehmen hängen von US-Tech ab. Doch wie gelingt mehr Souveränität? Wie Firmen sich auf eine Zukunft mit weniger Abhängigkeit vorbereiten.
17.11.2025 | 4:34 minService-Chatbots, Musik und Videos erstellen: Generative KI-Anwendungen werden vielfältig genutzt. Bereits jedes dritte Unternehmen nutzt laut einer Bitkom-Umfrage Technologien der Künstlichen Intelligenz, Tendenz stark steigend.
Generative KI, die selbständig dazu lernt, biete dabei etwa 330 Milliarden Euro an jährlichem Wirtschaftspotential, sagt Marc Scheufen vom Institut der deutschen Wirtschaft. Vorausgesetzt, man nutze sie flächendeckend.
Bundeskanzler Merz und Frankreichs Präsident Macron habe zu dem deutsch-französischen Gipfel eingeladen. Das Ziel: mehr digitale Souveränität und Unabhängigkeit für Europa.
18.11.2025 | 1:30 minAbhängigkeit von US-Technologien
Doch es gibt ein Problem: Deutschland ist abhängig vor allem von US-Technologie. Google und Microsoft investieren Milliarden in neue Rechenzentren in Deutschland, die Telekom kooperiert mit Chip-Gigant Nividia.
"Verglichen mit den USA sind wir nicht da, wo wir sein müssten", sagt Staatssekretär Thomas Jarzombek (CDU) im Rahmen des Digitalgipfels.
18.11.2025 | 4:03 minAll das vergrößert den Einfluss der US-Technologiekonzerne und erschwert den Aufbau einer eigenen deutschen oder europäischen KI-Landschaft.
Für Siemens-Vorstand Cedric Neike ist das nicht neu: "Natürlich sind wir abhängig von amerikanischen Chips oder Software-Know-how und von chinesischen Seltenen Erden."
Aber die USA seien es auch von uns, so Neike, denn kein Chip werde designt, ohne dass auch beispielsweise Siemens-Software dabei sei. Und kein Chip würde in Taiwan produziert, ohne dass deutsche Unternehmen Technologie zur Verfügung stellten.
In den USA werden "viermal so viele Rechenzentren installiert pro Jahr wie es in Deutschland insgesamt gibt", so ZDF-Wirtschaftsexperte Neuhann. "Wir müssen da irgendwie mithalten."
11.11.2025 | 2:23 minExperte: Industrie und Forschungsexzellenz ausbauen
Laut Scheufen braucht Deutschland neben KI und Rechenzentren vor allem einen Fokus auf die eigenen Stärken. "Wir haben eine starke Industrie, wir haben Forschungsexzellenz und das sollte man weiter ausbauen." Souveränität sei bisher nur ein Buzzword, ein bloßes Schlagwort also.
Für Ralf Wintergerst, Bitkom-Präsident, bedeutet es dagegen: "Wir müssen eigene Produkte und eigene Leistungen hier in Europa erbringen, um unabhängiger zu werden." Das Vertrauen in globale Partnerschaften, etwa zu den USA, sei drastisch gesunken, umso wichtiger sei es, in die Eigenständigkeit einer Region wie Europa zu investieren.
Wir sind rohstoffarm und datenreich.
Siemens-Vorstand Cedrik Neike
Der Großkonzern Meta sammelt Daten sämtlicher Nutzer auf Instagram, WhatsApp und Facebook. Wie kann man sich als Verbraucher schützen? Esther Görnemann, Weizenbaum-Institut e. V. im Gespräch.
17.11.2025 | 7:00 minSiemens-Vorstand Cedrik Neike sieht das größte Potential in wertvollen Daten. "Und es ist unsere Aufgabe, diese Daten nutzbar zu machen und daraufhin KI zu trainieren, um unsere Produkte wettbewerbsfähiger zu machen, also schneller, billiger und effizienter."
Wichtige Daten liegen in der Cloud bei Google, auf den Rechnern läuft Microsoft Office und auch die KI wird von US-Firmen dominiert – wie kann sich Europa unabhängiger machen von den mächtigen Unternehmen? Auf höchster politischer Ebene beraten Frankreich und Deutschland am heutigen Dienstag in Berlin mit den EU-Digitalministern und der EU-Kommission bei einem sogenannten Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität über dieses Thema.
Geplant sind Reden von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Diskussionsrunden, Vorträge und Gespräche mit Chefs europäischer Unternehmen. Firmen wie SAP, Telekom oder Siemens sind vertreten. Erwartet werden nach Angaben des Bundesdigitalministeriums mehr als 1.000 hochrangige Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und der digitalen Community.
Quelle: dpa
Wirtschaftsexperten fordern Abbau von Regulierung
Ein erster wichtiger Schritt dafür sei, die Regulierung handhabbar zu machen, findet Scheufen. Zu viele Regeln, kaum beherrschbar für Unternehmen. Die Gesetzgebung sei sogar innovationsfeindlich, sagt Bitkom-Präsident Wintergerst. Vieles würde kleine und mittlere Unternehmen administrativ belasten, statt Fortschritt zu bieten.
Es gebe Know-how, doch mehr amerikanische Geschwindigkeit würde guttun, meint auch Neike:
Wir sind ein bisschen das Silicon Valley der Regulierung und wir sollten eigentlich das Silicon Valley des Engineerings sein.
Siemens-Vorstand Cedrik Neike
Sehen Sie hier das Pressestatement zum "Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität" mit Karsten Wildberger (CDU, Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung) und Anne Le Hénanff (Digitalministerin Frankreich) in voller Länge.
18.11.2025 | 24:46 minBei Siemens wird generative KI und maschinelles Lernen in Form eines digitalen Co-Piloten verwendet. Zunächst hätten Mitarbeitende Angst vor Arbeitsplatzverlust gehabt. Tatsächlich könne mittels KI aber Wissen von älteren Mitarbeitenden, die in den Ruhestand gehen, einfacher an junge Kollegen weitergegeben werden.
Das wurde im Siemenswerk getestet mit dem Ergebnis, dass Mitarbeitende sagen: "Ich fühle mich sicherer und effektiver als vorher." Es mache schlichtweg effizienter und eine Maschine könne nun mehr in kürzerer Zeit produzieren.
Siemens-Vorstand: Fokus auf industrielle KI
Die globale Abhängigkeit werde bleiben, so Siemens-Vorstand Neike. "Wir müssen schauen, dass wir uns in diesem Umfeld differenzieren können und auch Wert bringen können." Die industrielle KI sehe er deswegen als die große Chance für Deutschland - mit Rechenleistung "made in Germany", damit die Daten in Deutschland bleiben.
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