KI und Online-Betrug: Deepfakes die neue Dimension

Interview

Expertin zu Internetkriminalität:Wie Deepfakes neue Dimensionen des Online-Betrugs eröffnen

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Künstliche Intelligenz und Deepfakes eröffnen Kriminellen neue Dimensionen des Online-Betrugs. Die Forscherin Julia Krickl erklärt, wie Betrüger vorgehen - und was uns schützt.

Deepfake. (Fotomontage)

Forscherin Julia Krickl warnt vor der Gefahr von Online-Betrugs durch Deepfakes. (Symbolbild)

Quelle: Imago

ZDFheute: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und so genannten Deepfakes eröffnet Kriminellen ganz neue Möglichkeiten beim Online-Betrug. Sie erforschen Deepfakes. Wie erklären Sie einem Laien, womit Sie sich befassen?

Julia Krickl: Täuschung hat Tradition. Aber mit generativer KI erreicht sie eine neue Dimension. Wo früher aufwendig Fotos entwickelt und montiert werden mussten, genügen heute wenige Klicks und kurze Textbefehle, um täuschend echte Bilder, Videos oder Tonaufnahmen zu erzeugen. Betrugsmaschen, die Menschen um ihr Geld bringen sollen, sind dadurch schneller, einfacher und raffinierter geworden.

KI macht Manipulation zur Massenware - und stellt die Gesellschaft vor enorme Herausforderungen.

Julia Krickl, Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation

Julia Krickl
Quelle: Helge Bauer

… ist Leitende Forscherin am Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT). Sie bearbeitet dort Projekte mit Fokus auf Algorithmen, Künstliche Intelligenz und deren ethische Fragestellungen, insbesondere im E‑Commerce, in sozialen Netzwerken und bei Internetkriminalität.


ZDFheute: Was kommt da auf uns alle zu?

Krickl: Wir sehen zum Bespiel, wie betrügerische Werbeanzeigen das Netz überschwemmen: Mit Fake-Bildern von TV-Stars, Politikerinnen oder auch Medizinern locken Kriminelle Menschen in Investmentfallen oder sie verkaufen ihnen zweifelhafte Mittel. Die Zahl solcher Fake-Kampagnen geht in die Tausende - ein klarer Hinweis darauf, dass Vertrauen in Bilder und Videos im Netz zunehmend riskant wird.

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ZDFheute: Kann es mir als Mensch, der nicht im Rampenlicht steht, auch widerfahren, dass ich mit Deepfakes missbraucht werde?

Krickl: Ja, jeder kann Opfer von Deepfakes werden - besonders, wenn die eigenen Fotos frei im Netz kursieren. Experten raten daher dringend, Social-Media-Profile auf privat zu stellen.

Häufig tauchen Deepfakes im Kontext intimer Gewalt auf: Vor allem Frauen werden ohne Zustimmung digital entkleidet oder in pornografische Inhalte montiert - ein massiver Eingriff in ihre Selbstbestimmung.

Julia Krickl, Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation

ZDFheute: Sie warnen auch davor, dass Deepfake-Angriffe oft zu großen finanziellen Schäden führen. Gibt es typische Szenarien?

Krickl: Eine Betrugsmasche, mit der wir uns am meisten beschäftigen, ist der Investmentbetrug. Immer häufiger nutzen Kriminelle Prominente, um angeblich lukrative Investments zu bewerben - von Aktien bis Kryptowährungen. Diese Masche nimmt stark zu. Deshalb Achtung: Sobald Politiker oder bekannte TV-Gesichter plötzlich für Finanzanlagen werben, ist höchste Vorsicht geboten. Denn dahinter steckt meist reiner Investmentbetrug.

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ZDFheute: Bei anderen Betrugsmethoden wird es noch kniffliger. Wie kann ich erkennen, ob ein Video oder eine Stimme gefälscht ist?

Krickl: Gefälschte Videos lassen sich derzeit oft noch an Details erkennen: unnatürliche Lippenbewegungen, unpassende Stimmen, unsaubere Übergänge zwischen Gesicht und Hintergrund oder auffällige Hände. Doch die Technik entwickelt sich rasant. Modelle wie Googles "Veo 3" erzeugen bereits Clips, die mit bloßem Auge kaum zu entlarven sind. Künftig wird es entscheidend sein, Inhalte kritisch im Kontext zu prüfen und auf technische Prüfwerkzeuge zurückzugreifen, um Täuschungen zu erkennen.





ZDFheute: Wie kann Technik helfen, Deepfakes effektiv zu enttarnen?

Krickl: Es gibt heute schon teils kostenlose Tools, die synthetische Medien - also KI-generierte Bilder, Videos oder Tonaufnahmen - erkennen können. Wir arbeiten in Österreich am Forschungsprojekt "Defame Fakes", das bessere Detektionsmethoden für Deepfakes entwickelt. Es ist ein Wettlauf zwischen Täuschung und Technik: Betrüger werden raffinierter, doch auch die Erkennungstools verbessern sich stetig.

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ZDFheute: Braucht es zudem bessere staatliche Schutzmechanismen oder bleiben Individuen auf sich gestellt im Umgang mit dem Phänomen?

Krickl: Der Kampf gegen digitale Betrugsmaschen darf nicht allein auf Einzelpersonen lasten. Hier greift in der Europäischen Union der Digital Services Act, seit 2024 in allen EU-Ländern anwendbar, der Plattformen stärker verpflichtet. Organisationen wie das ÖIAT agieren als "Trusted Flagger" und können illegale Inhalte priorisiert melden, die rasch geprüft und entfernt werden sollen. Doch die Durchsetzung bleibt problematisch: Plattformen handeln meist nur unter Druck. Sie verdienen an jeder Anzeige, auch an betrügerischen Investment-Scams.

Das Interview führte Marcel Burkhardt.

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