Siemens-Chef Busch zum Konzernumbau: Tempo statt Regulation

Interview

Siemens-Chef zu Konzernumbau und KI:"Regulation ist das Gegenteil von dem, was wir brauchen"

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Trennung von Siemens Healthineers, Milliarden für KI, Kritik an EU-Regulationen: Siemens‑Chef Roland Busch erklärt, warum der Konzern umbaut - und wo Deutschland zu langsam ist.

Bayern, München: Roland Busch, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, spricht auf der Siemens Jahres-Pressekonferenz unter dem Titel „Siemens "One Tech - Strategy & Results"“ mit der Vorstellung der Zahlen für das 4. Quartal.

Siemens trennt sich von seiner Mehrheit an Siemens Healthineers. Der Konzern richtet sich mit der Strategie "One Tech Company" neu aus und setzt stärker auf Digitalisierung.

13.11.2025 | 1:48 min

Siemens stellt sich neu auf - ohne großen Teil seiner Medizinsparte, dafür mit Milliarden für Software und Forschung. Vorstandschef Roland Busch spricht über Investitionen, industrielle KI und den neuen Konzernanspruch "One Tech Company". Im Gespräch mit ZDFheute fordert der Physiker, Deutschlands Wirtschaft müsse entschlossener handeln, um international mitzuhalten.

ZDFheute: Herr Busch, Siemens trennt sich von großen Teilen seiner Medizinsparte Siemens Healthineers. Warum?

Roland Busch: Wir haben festgestellt, dass die beiden Geschäfte mehr und mehr auseinanderdriften, was die Synergien anbelangt. Siemens Healthineers geht mehr und mehr in den Therapiebereich, in den klinischen Bereich. Mit der Abspaltung schaffen wir ein Siemens, das ein synergetisches Kernportfolio hat, Industrie, Infrastruktur, Mobilität. Und ein Siemens-Healthineers, das sich fokussieren kann.

Beide Firmen können ihr Kapital ebenso einsetzen, wie sie es für notwendig halten. Und damit glauben wir, dass wir einen guten Schritt machen, der beiden Firmen weiterhilft.

Vorstandsvoritzender der Siemens AG Roland Busch.
Quelle: ddp

... seit Februar 2021 Vorstandsvorsitzender von Siemens. Der promovierte Physiker begann 1994 im Konzern und übernahm verschiedene internationale Führungspositionen. Er steht für Digitalisierung, Nachhaltigkeit und industrielle Transformation sowie für den Ausbau von KI und smarter Infrastruktur.


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ZDFheute: Was hat das für Auswirkungen?

Busch: Wir werden 30 Prozent der Anteile, die Siemens hält, an unsere Anteilseigner geben - in Form einer direkten Abspaltung. Der Spin selbst bringt keinen Cash, aber er hilft unseren Shareholdern. Aber die restlichen Anteile, die wir halten, wenn wir die weiterverkaufen, bringen Geld. Und dafür haben wir auch Ideen.

Wir investieren heftig. Zum Beispiel im letzten Geschäftsjahr 9,4 Milliarden in Fertigungen; unter anderem auch in Deutschland. Aber auch in Forschung und Entwicklung.

Roland Busch, Siemens-Chef

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ZDFheute: Deutschland steckt seit drei Jahren in der Rezession und Siemens verkündet ein neues Rekordergebnis. Wie ist das zu erklären?

Busch: Die einfache Version heißt: Wir haben die richtige Strategie, wir haben die richtige Technologie und wir haben ein Top-Team mit den richtigen Menschen, um diese umzusetzen. Wir haben über viele Jahre hinweg, knapp 30 Milliarden in unser Software-Portfolio investiert.

Das ist mittlerweile das größte industrielle Software-Portfolio, das eine Firma hat auf der Welt. Wir können den besten digitalen Zwilling bauen, egal ob sie von der Fertigung sprechen, von einem Produkt oder in der Medizin, wenn es um Moleküle geht.

Wir haben in Künstliche Intelligenz investiert und haben 1.500 KI-Experten. Zudem werden wir in den nächsten drei Jahren nochmal eine Milliarde investieren in Künstliche Intelligenz, in unsere Produkte.

Roland Busch, Siemens-Chef

Wir reden über industrielle KI. Das ist eine KI, die die Welt verbessert und verändert. Und wir haben natürlich ein globales Portfolio. Das heißt, wir sind in all den Märkten weltweit. Und wir haben eine sehr, sehr starke Innovationskraft, auch in Deutschland. Das Ökosystem, die Partner, die Kunden.

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ZDFheute: Die neue Strategie von Siemens heißt "One Tech Company". Was heißt das?

Busch: Wir wollen unsere Geschäfte unterstützen, dass sie schneller innovieren, einen stärkeren Kundenfokus haben - und damit auch schneller wachsen.

Wie machen wir das? Wir haben unser Betriebssystem dahingehend geändert, dass wir zum Beispiel Daten, einen Datensatz für alle Geschäfte bereitstellen, keine Datensilos mehr haben. Dass wir den gleichen Vertriebsansatz nehmen für alle Siemens-Vertriebler, die gleichen Tools nutzen, um sich besser auf Kunden anzupassen - zu schauen: Was kaufen Kunden, was können sie noch mehr kaufen? Aber auch eine Technologie horizontal einbauen, die alle Geschäfte synergetisch nutzen.

Wir werden damit schneller, kostengünstiger und die Geschäfte können ihre Innovationen schneller auf den Markt bringen.

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Es bräuchte "weniger Bürokratie, mehr Innovationen". Dazu müsse man "Regularien anhalten" und "Leistungsbereitschaft erhöhen", so Roland Busch, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG.

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ZDFheute: Im Sommer haben Sie sich für die Initiative "Made for Germany" stark gemacht: Deutsche Firmen investieren in Deutschland. Doch die Investitionsquote ist noch immer zu niedrig. Woran liegt das?

Busch: Es hat mehrere Gründe: Das eine ist: Wir sind nach wie vor viel zu sehr am Regulieren. Das liegt jetzt nicht nur an Deutschland. Manchmal machen wir noch den Goldrand drumherum. Aber es liegt vor allen Dingen an Europa.

Wir haben es noch nicht verstanden, dass wir, wenn wir Daten, Künstliche Intelligenz oder auch Cyber-Sicherheit zu stark regulieren, entschleunigen. Wir entschleunigen dann Innovationen.

Roland Busch, Siemens-Chef

Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen in einer Welt, die sich unglaublich schnell entwickelt. Und Künstliche Intelligenz beschleunigt alles nochmal.

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Das Zweite ist: Wir müssen nach wie vor entbürokratisieren, digitalisieren. Wenn wir über 500 Milliarden Investitionen in Infrastruktur reden, dann muss das Geld schnell in den Markt, und zwar investiv. Auch das sehen wir noch nicht in der Geschwindigkeit.

Wir haben an der Stelle auch noch einen Arbeitsmarkt, an dem wir arbeiten müssen. Wir brauchen alle Hände an Deck. Wenn wir wachsen wollen, wenn wir innovieren wollen, brauchen wir alle Hände, die wir haben, um letztendlich dazu beizutragen, schneller zu wachsen. Das sind die Hausaufgaben.

Das Interview führte Peter Aumeier, Wirtschaftsredakteur im ZDF-Studio München.

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