Stahlgipfel im Kanzleramt: Warum Zölle kaum helfen

Analyse

Stahlgipfel im Kanzleramt:Warum Abschottung kaum die Probleme der Stahlbranche löst

Britta Buchholz

von Britta Buchholz

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Auf dem Stahlgipfel geht es darum, die Branche zu retten. Nur wie? Mit höheren Zöllen? Oder einem Industriestrompreis? Lohnt sich das für eine mutmaßlich untergehende Industrie?

Blick auf das Gelände der Salzgitter AG (Luftaufnahme mit Drohne).

Zölle, günstige Importe und hohe Energiepreise belasten die deutsche Stahlindustrie. Beim Treffen im Kanzleramt werden Wege zu einem wettbewerbsfähigen Industriestandort beraten.

06.11.2025 | 0:23 min

Manch einer rieb sich die Augen, als SPD und Union über Strafzölle gegen chinesischen Stahl sprachen. "Deutscher Stahl first" - das klingt nach Donald Trump.

Auch der US-Präsident setzt auf hohe Zölle von bis zu 50 Prozent, um die heimische Industrie zu schützen. Nun will auch Deutschland gemeinsam mit der EU "faire Wettbewerbsbedingungen" erzwingen.

Schon jetzt existieren EU-Schutzzölle - die sogenannten Safeguards - doch sie laufen bald aus. Berlin will sie verlängern. Generell scheint die Lösung aller politischen Akteure: Strafzölle. CDU, CSU und SPD scheinen sich einig.

Eine 1 Dollar Münze (Münze) und eine 1 Euro Münze (Münze) stehen auf einer US Flagge.

Sommer 2025 - 50 Prozent auf Stahl und Aluminium: Während die Europäische Union weiterhin mit den USA um die Lockerung der Zollvorschriften verhandelt, schnürt sie andererseits Gegenmaßnahmen-Pakete.

04.06.2025 | 1:56 min

Der Preis der Abschottung für Deutschlands Stahlindustrie

Höhere Zollsätze? Abschottung? War da nicht was? Zunächst, Vorsicht, Vorsicht möchte man rufen. Denn diese Abschottung hat Nebenwirkungen und zwar auf viele Branchen.

Höhere Zölle würden Stahl verteuern - und damit auch Fahrräder, Autos, Maschinen oder Bauprojekte. Deutschland würde möglicherweise an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil Stahl ein zentraler Kostenfaktor vieler Industrien ist.

Die Bundesregierung hält das für verkraftbar - es ist eine Frage der Abwägung. Ein Argument in diesen Tagen: Auch die Rüstungsindustrie braucht Stahl - da darf sich Europa nicht abhängig von anderen Zulieferern weltweit machen.

Hohe Stahlpreise, schwache Nachfrage belasten Branche

Und außerdem: Hunderttausende Arbeitsplätze hängen an der Branche. Nicht nur direkt, sondern auch Zulieferer. Hochöfen laufen oft in strukturschwachen Gegenden - da geht es auch darum, Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Doch heiligt der Zweck die Mittel? Der Druck durch Energiepreise, Umweltauflagen und Bürokratie ist immens. Im September 2025 lag der europäische Preis für Warmbandstahl bei rund 615 Euro pro Tonne - in China kostete die gleiche Menge rund 480 US-Dollar.

Doch es scheint wenig sinnvoll, eine Industrie zu retten und damit anderen zu schaden.

Stahlarbeiter steht an einem Hochofen, im Hintergrund leuchtet es rot durch die Glut/Hitze

Die Feier zum Tag der Deutschen Einheit fand 2025 in Saarbrücken statt. Im Saarland wird die Einheit ohnehin europäisch gedacht, etwa durch eine Zusammenarbeit bei grünem Stahl.

02.10.2025 | 1:30 min

Kommt der Importstopp aus Russland?

Eine weitere Idee verwundert zunächst. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) fordert, russische Stahlimporte in die EU zu stoppen. Die EU importiert wirklich noch Stahl aus Russland. Andere europäische Länder sind dafür.

Das heißt, der Stahlgipfel kann hier nur Vorschläge machen, eine Lösung aber muss auf EU-Ebene her. Und die wird schwierig, denn der Druck auf die europäischen Produzenten würde weiter steigen.

US-Zölle: EU plant Gegenmaßnahmen

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09.04.2025 | 3:44 min

Industriestrompreis: Milliardenschwere Subvention?

Die dritte Idee ist nicht neu, aber eben noch nicht umgesetzt: der Industriestrompreis. Steuergelder werden genutzt, um die teure europäische Energie zu verbilligen. Gerade energieintensive Branchen wie Stahl könnten so wettbewerbsfähiger werden.

Der Industriestrompreis, vom einstigen Bundesfinanzminister Christian Lindner als "Brücke in die Zeit der Erneuerbaren" bezeichnet, könnte zwar kurzfristig helfen, wäre aber dauerhaft eine milliardenschwere Subvention.

Selbst die Opposition scheint sich einig, der strauchelnden Stahlindustrie muss geholfen werden. Die Grünen sehen sie als "strategisch unverzichtbar". AfD und Linke stimmen zu. Die Bundesregierung müsse nicht weniger, sondern mehr tun.

SGS Zimmermann - Bethmann

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Wovor Experten warnen

Doch die eigentliche Frage lautet: Soll der Staat eine Branche dauerhaft stützen, die kaum noch wettbewerbsfähig ist? Soll mit immer neuen Subventionen - etwa über den Industriestrompreis - eine Branche künstlich am Leben erhalten werden, die laut Experten kaum Zukunft hat?

Ökonomen wie Clemens Fuest vom ifo-Institut warnen vor einer Dauersubventionierung. Der Staat solle den Strukturwandel begleiten - aber nicht aufhalten. Protektionismus koste viel Geld und schaffe trügerische Sicherheit.

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