E-Autos und Wärmepumpen: Viele Fördermaßnahmen auf der Kippe

Analyse

E-Autos, Wärmepumpen, Solar:Viele Fördermaßnahmen des Bundes auf der Kippe

ZDF Börse mit Frank Bethmann
von Frank Bethmann
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Zentrale Vorhaben der Bundesregierung stehen unter Finanzierungsvorbehalt - darunter die Förderung für Elektroautos und Wärmepumpen. Das verunsichert Bürger und Unternehmen.

Archiv Ein Mann entfernt an einem Auto mit Plug-in-Hybrid-Antrieb in Berlin-Mitte am 16.04.2021 den Stecker.

Steht aktuell ebenfalls auf der Kippe: Die in Aussicht gestellte Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos. (Symbolbild)

Quelle: dpa

Eine 30-Milliarden-Euro-Lücke müsse im Haushalt für 2027 geschlossen werden, mahnte jüngst Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) im ZDF-Sommerinterview. Seine Kabinettsmitglieder rief er zum Sparen und zum Abbau von Subventionen auf.

Die Kassenlage ist angespannt. Längst hat die Bundesregierung festgelegt, dass alle Projekte, auch solche der Energie- und Klimawende, nur dann umgesetzt werden, wenn sie finanziell abgesichert sind.

ING-Volkswirt warnt vor Stillstand

Konkret heißt das, jede geplante Maßnahme - etwa die Verlängerung von Förderungen für Elektroautos oder Wärmepumpen - kann jederzeit durch akute Haushaltsprobleme gestoppt oder eingeschränkt werden.

Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 8.07.2025 in Berlin. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) stellt den Entwurf der Bundesregierung fuer das Haushaltsgesetz 2025 vor.

Milliarden an Sonderschulden für Deutschland - doch das Geld für einen robusten Haushalt reicht trotzdem nicht. Finanzminister Klingbeil muss sich verteidigen.

08.07.2025 | 2:47 min

Und das sei die Gefahr, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank: "Sobald ich anfange mit einem Hü und Hott, mit einem Hin und Her, sobald ungewiss ist, ob es die Förderung künftig noch gibt oder nicht, macht der Verbraucher gar nichts mehr, wartet ab."

Warten heißt halt wirtschaftlicher Stillstand.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING

Unsicherheit beim E-Auto-Kauf

Konkret sei das schon bei der E-Mobilität zu beobachten, so Brzeski. Die Unsicherheit führt dazu, dass viele Verbraucher nicht mehr wissen, ob sie bei einem E-Auto-Kauf wirklich unterstützt werden.

Auf der Kippe steht etwa die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035. Die aktuelle Regelung, wonach die Halter reiner Stromer bis Ende 2030 keine Kfz-Steuer zahlen müssen, gilt nur für Fahrzeuge, die bis Ende des Jahres erstmalig zugelassen werden. Darüber hinaus nicht mehr.

Symbolbild: Ein Mitarbeiter montiert einen Porsche Macan im Werk Leipzig. 

Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, mit verschiedenen Maßnahmen Unternehmen zu entlasten.

15.04.2025 | 7:31 min

Vergünstigungen wie verbesserte Abschreibungsbedingungen sind zwar auf den Weg gebracht, aber nur für gewerbliche Kunden und nicht für Privatkäufer. Kunden und Händler sind massiv verunsichert, wodurch der Umstieg auf E-Mobilität politisch gebremst wird.

Die notwendige Planungssicherheit fehlt. Man merke daran, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, dass die Krise der deutschen Wirtschaft in der Prioritätenliste der Regierung wieder deutlich abgerutscht sei.

Das hat dazu beigetragen, dass die bislang umgesetzten Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft keine Aufbruchstimmung hervorgerufen haben.

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank

Förderstopp von Wärmepumpen nicht auszuschließen

Auch die staatliche Unterstützung für Wärmepumpen - eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende - ist betroffen. Das Bundeswirtschaftsministerium beruhigt zwar, die Förderung werde auch 2025 "ohne Abstriche" fortgeführt. Im Bundeshaushalt 2025 stehen aber voraussichtlich 2,4 Milliarden Euro weniger dafür zur Verfügung als noch im vergangenen Jahr. Daher kann ein Förderstopp, falls das Budget ausgeschöpft wird, nicht ausgeschlossen werden.

Berlin: Eine Wärmepumpe steht in einem Raum in einem Kompetenzzentrum.

Offenbar fürchteten schon vor der letzten Bundestagswahl viele Hausbesitzer, dass es mit einer neuen Regierung weniger staatliche Zuschüsse für Wärmepumpen geben könnte. Die Nachfrage stieg zwischenzeitlich sprunghaft.

17.01.2025 | 1:31 min

Für Eigenheimbesitzer entsteht der Eindruck, dass die Förderlandschaft jederzeit kippen könnte. Gut möglich also, dass die Angst vor einem plötzlichen Förderstopp viele Sanierungsvorhaben bremst.

Weitere Bereiche von möglichen Kürzungen betroffen

Inzwischen stellt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) auch die Einspeisevergütung für kleine Solaranlagen infrage. Die entsprechende Vergütung für Solarstrom aus privaten Haushalten stand in der Vergangenheit zwar immer wieder auf dem Prüfstand, nun könnte es jedoch für Eigenheimbesitzer, die in eine neue PV-Anlage investieren wollen, ernst werden.

Zudem warten mehrere Gesetze zur Modernisierung des Gesundheitswesens - etwa zur Finanzierung der Pflege - seit Monaten auf endgültige Abstimmung im Bundestag und könnten noch scheitern oder sich weiter verzögern.

Pflegeheim Pflege immer teuerer

Über 5,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Die Heimkosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen: auf im Durchschnitt über 3.000 Euro monatlich.

24.07.2025 | 2:57 min

Zuschüsse für die Deutsche Bahn sollen umgebucht werden, um die Schuldenbremse einzuhalten. Ob die nötigen Mittel in vollem Umfang fließen, ist angesichts der Haushaltslage jedoch ebenfalls mehr als unsicher.

Wie schädlich ist die Unsicherheit?

Die Liste möglicher Einschnitte sei lang und bewirke nicht nur große Unsicherheit, sondern sei auch schädlich, sagt ING-Chefvolkswirt Brzeski. Stichwort Vertrauensverlust:

Wenn solche großen Versprechen von der Politik nicht spürbar ankommen, dann geht es nach hinten los.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING

Die Bürger verlieren das Vertrauen. Unternehmen, Handwerker und Selbstständige zögern mit größeren Anschaffungen, was eben gerade in Krisenzeiten wirtschaftlich fatal wirken kann und auch kein gutes Bild nach außen vermittelt.

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Die ersten 100 Tage der Bundesregierung stoßen in der Wirtschaft auf ein "geteiltes Echo", berichtet Sina Mainitz. Kritisiert werde etwa, dass es weiterhin zu viel Bürokratie gebe.

13.08.2025 | 1:19 min

Deutschland sendet das Signal, dass selbst zentrale Zukunftsprojekte nicht sicher kalkuliert werden können - mit Folgen für Standortattraktivität und Wachstumsaussichten. Letztere haben sich laut Deka-Chefvolkswirt Kater bereits wieder abgekühlt. "Die versprochene Wirtschaftswende bleibt bislang aus", lautet seine nüchterne Zwischenbilanz.

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