E-Autos, Wärmepumpen, Solar:Viele Fördermaßnahmen des Bundes auf der Kippe
Zentrale Vorhaben der Bundesregierung stehen unter Finanzierungsvorbehalt - darunter die Förderung für Elektroautos und Wärmepumpen. Das verunsichert Bürger und Unternehmen.
Steht aktuell ebenfalls auf der Kippe: Die in Aussicht gestellte Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos. (Symbolbild)
Quelle: dpaEine 30-Milliarden-Euro-Lücke müsse im Haushalt für 2027 geschlossen werden, mahnte jüngst Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) im ZDF-Sommerinterview. Seine Kabinettsmitglieder rief er zum Sparen und zum Abbau von Subventionen auf.
Die Kassenlage ist angespannt. Längst hat die Bundesregierung festgelegt, dass alle Projekte, auch solche der Energie- und Klimawende, nur dann umgesetzt werden, wenn sie finanziell abgesichert sind.
ING-Volkswirt warnt vor Stillstand
Konkret heißt das, jede geplante Maßnahme - etwa die Verlängerung von Förderungen für Elektroautos oder Wärmepumpen - kann jederzeit durch akute Haushaltsprobleme gestoppt oder eingeschränkt werden.
Milliarden an Sonderschulden für Deutschland - doch das Geld für einen robusten Haushalt reicht trotzdem nicht. Finanzminister Klingbeil muss sich verteidigen.
08.07.2025 | 2:47 minUnd das sei die Gefahr, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank: "Sobald ich anfange mit einem Hü und Hott, mit einem Hin und Her, sobald ungewiss ist, ob es die Förderung künftig noch gibt oder nicht, macht der Verbraucher gar nichts mehr, wartet ab."
Warten heißt halt wirtschaftlicher Stillstand.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING
Unsicherheit beim E-Auto-Kauf
Konkret sei das schon bei der E-Mobilität zu beobachten, so Brzeski. Die Unsicherheit führt dazu, dass viele Verbraucher nicht mehr wissen, ob sie bei einem E-Auto-Kauf wirklich unterstützt werden.
Auf der Kippe steht etwa die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035. Die aktuelle Regelung, wonach die Halter reiner Stromer bis Ende 2030 keine Kfz-Steuer zahlen müssen, gilt nur für Fahrzeuge, die bis Ende des Jahres erstmalig zugelassen werden. Darüber hinaus nicht mehr.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, mit verschiedenen Maßnahmen Unternehmen zu entlasten.
15.04.2025 | 7:31 min
Vergünstigungen wie verbesserte Abschreibungsbedingungen sind zwar auf den Weg gebracht, aber nur für gewerbliche Kunden und nicht für Privatkäufer. Kunden und Händler sind massiv verunsichert, wodurch der Umstieg auf E-Mobilität politisch gebremst wird.
Die notwendige Planungssicherheit fehlt. Man merke daran, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, dass die Krise der deutschen Wirtschaft in der Prioritätenliste der Regierung wieder deutlich abgerutscht sei.
Das hat dazu beigetragen, dass die bislang umgesetzten Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft keine Aufbruchstimmung hervorgerufen haben.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank
Förderstopp von Wärmepumpen nicht auszuschließen
Auch die staatliche Unterstützung für Wärmepumpen - eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende - ist betroffen. Das Bundeswirtschaftsministerium beruhigt zwar, die Förderung werde auch 2025 "ohne Abstriche" fortgeführt. Im Bundeshaushalt 2025 stehen aber voraussichtlich 2,4 Milliarden Euro weniger dafür zur Verfügung als noch im vergangenen Jahr. Daher kann ein Förderstopp, falls das Budget ausgeschöpft wird, nicht ausgeschlossen werden.
Offenbar fürchteten schon vor der letzten Bundestagswahl viele Hausbesitzer, dass es mit einer neuen Regierung weniger staatliche Zuschüsse für Wärmepumpen geben könnte. Die Nachfrage stieg zwischenzeitlich sprunghaft.
17.01.2025 | 1:31 minFür Eigenheimbesitzer entsteht der Eindruck, dass die Förderlandschaft jederzeit kippen könnte. Gut möglich also, dass die Angst vor einem plötzlichen Förderstopp viele Sanierungsvorhaben bremst.
Weitere Bereiche von möglichen Kürzungen betroffen
Inzwischen stellt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) auch die Einspeisevergütung für kleine Solaranlagen infrage. Die entsprechende Vergütung für Solarstrom aus privaten Haushalten stand in der Vergangenheit zwar immer wieder auf dem Prüfstand, nun könnte es jedoch für Eigenheimbesitzer, die in eine neue PV-Anlage investieren wollen, ernst werden.
Zudem warten mehrere Gesetze zur Modernisierung des Gesundheitswesens - etwa zur Finanzierung der Pflege - seit Monaten auf endgültige Abstimmung im Bundestag und könnten noch scheitern oder sich weiter verzögern.
Über 5,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Die Heimkosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen: auf im Durchschnitt über 3.000 Euro monatlich.
24.07.2025 | 2:57 minZuschüsse für die Deutsche Bahn sollen umgebucht werden, um die Schuldenbremse einzuhalten. Ob die nötigen Mittel in vollem Umfang fließen, ist angesichts der Haushaltslage jedoch ebenfalls mehr als unsicher.
Wie schädlich ist die Unsicherheit?
Die Liste möglicher Einschnitte sei lang und bewirke nicht nur große Unsicherheit, sondern sei auch schädlich, sagt ING-Chefvolkswirt Brzeski. Stichwort Vertrauensverlust:
Wenn solche großen Versprechen von der Politik nicht spürbar ankommen, dann geht es nach hinten los.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING
Die Bürger verlieren das Vertrauen. Unternehmen, Handwerker und Selbstständige zögern mit größeren Anschaffungen, was eben gerade in Krisenzeiten wirtschaftlich fatal wirken kann und auch kein gutes Bild nach außen vermittelt.
Die ersten 100 Tage der Bundesregierung stoßen in der Wirtschaft auf ein "geteiltes Echo", berichtet Sina Mainitz. Kritisiert werde etwa, dass es weiterhin zu viel Bürokratie gebe.
13.08.2025 | 1:19 minDeutschland sendet das Signal, dass selbst zentrale Zukunftsprojekte nicht sicher kalkuliert werden können - mit Folgen für Standortattraktivität und Wachstumsaussichten. Letztere haben sich laut Deka-Chefvolkswirt Kater bereits wieder abgekühlt. "Die versprochene Wirtschaftswende bleibt bislang aus", lautet seine nüchterne Zwischenbilanz.
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