Interview
PV-Anlagen für Eigenheime:Solar-Förder-Aus: Kritik an Reiches Plänen
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Wirtschaftsministerin Reiche will einen Kurswechsel bei der Energiewende einläuten. Ihr Plan, die Förderung kleiner Solaranlagen zu streichen, stößt auf Kritik. Und nicht nur der.
Die Solarbranche und die Grünen haben mit scharfer Kritik auf Überlegungen von Reiche reagiert, die Förderung privater Solaranlagen künftig zu streichen. (Archivbild)
Quelle: ddp
Die Pläne von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zum Aus der staatlichen Förderung für neue kleine Solaranlagen stoßen auf Kritik. Der Bundesverband Solarwirtschaft erklärte, die Umsetzung eines derartigen Vorhabens würde die Klimaziele gefährden und die Branche mit ihren rund 150.000 Beschäftigten stark schädigen.
Solarwirtschaft fordert verlässliche Bedingungen
Es brauche verlässliche Investitionsbedingungen. Dazu zähle auch eine Förderung für Solarstrom, der nicht selbst verbraucht werden könne. Die Grünen riefen zu Protesten auf. "Die Freunde der dezentralen Energiewende in Bürgerhand müssen jetzt aufstehen", warnte der stellvertretende Grünen-Chef Sven Giegold in der "Augsburger Allgemeinen".
Egal ob Kommunen, Unternehmen, Landwirte und Klimaschützer - Reiches Politik hat viele Verlierer.
Sven Giegold, stellv. Bundesvorsitzender Bündnis'90/Die Grünen
Photovoltaikanlagen auf Dächern seien die umweltfreundlichste Form, um Energie zu erzeugen.
Reiche will Förderung für PV-Anlagen streichen
Neue, kleine PV-Anlagen rechneten sich schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung, sagte Reiche der "Augsburger Allgemeinen". Die Preise für Anlagen und Speicher seien deutlich gesunken.
An der Einspeisevergütung für bestehende Solaranlagen will die CDU-Politikerin mit Hinweis auf den Bestandsschutz aber nichts ändern. Reiche sagte der Zeitung weiter, die Vielzahl von nicht steuerbaren, kleinen Solaranlagen speise unkontrolliert ein und setze das Netz unter Stress.
Deshalb sollten PV-Anlagen mit Stromspeichern verbunden und steuerbar sein, am Markt teilnehmen und ihren Strom vermarkten.
Katherina Reiche, Bundeswirtschaftsministerin (CDU)
Steuerung der Stromnetze ist Argument des Wirtschaftministeriums
Der große wirtschaftliche Vorteil von Dach-Solaranlagen, so ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Montag, liege heute nicht mehr in der Förderung, sondern im Eigenverbrauch, bei dem der Strom deutlich günstiger sei, als wenn er vom Versorger bezogen werde.
Der Boom der Solarenergie in Deutschland erschwert zunehmend die Steuerung der Stromnetze, wie bereits vor einem Jahr eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben hatte. Dies könne in Stromnetzen zu zeitweisen Engpässen führen. Für die Energieversorgung müsse PV-Strom effizient in das Stromsystem integriert werden.
Quelle: imago/Eibner
Wer Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und in das Netz einspeist, erhält 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag. Dieser variiert nach Größe der Anlage, Art der Einspeisung und Zeitpunkt der Inbetriebnahme.
Kleine, neu installierte PV-Anlagen, die zur Eigenversorgung und Überschusseinspeisung betrieben werden, erhalten bei Inbetriebnahme seit Anfang August laut Branchenverband folgende Vergütungssätze in der festen Einspeisevergütung:
- für Anlagenleistungen bis 10 Kilowatt: 7,86 Cent je eingespeister Kilowattstunde
- für 10 bis 40 Kilowatt: 6,80 Cent je Kilowattstunde.
Die sogenannte Einspeisevergütung - also der Betrag, den man für ins Netz eingespeisten Solarstrom erhält - wird halbjährlich um ein Prozent gesenkt. Die letzte Kürzung erfolgte zum 1. August.
Verband fordert schnelleren Ausbau von Speichern und Netzen
Statt "schädliche Debatten" über eine Drosselung des Energiewende-Tempos bei der Photovoltaik zu führen, sollte die Bundesregierung anstehende Aufgaben der Energiewende konsequent angehen, forderte der Bundesverband Solarwirtschaft.
Er nannte den weiteren Ausbau der Photovoltaik, einen schnelleren Ausbau von Speichern und Netzen sowie eine Integration des erzeugten Sonnenstroms ins Stromsystem. Nach einer Umfrage unter Solarinstallateuren würden sich lediglich vier von zehn Kunden ohne eine Förderung noch eine Solarstromanlage im Heimsegment anschaffen, so der Verband.
Energieministerin Reiche strebt generell einen Kurswechsel bei der Energiewende an. Die Kosten müssten runter, sagte sie Mitte Juli der Deutschen Presse-Agentur.
Reiche will Beteiligung der Betreiber bei Stromnetzausbau
Sie hatte bereits vorgeschlagen, dass sich Betreiber von Ökostromanlagen künftig an der Finanzierung des Stromnetzausbaus beteiligen sollen. Es brauche mehr Steuerbarkeit, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien aus Wind und Sonne ausgleichen zu können.
Ende des Sommers will Reiche einen "Realitätscheck" zur Energiewende vorlegen. Mit Spannung wird erwartet, welche konkreten Schlussfolgerungen Reiche daraus zieht.
Reiches Amtsvorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Die erneuerbaren Energien sollten eine Schlüsselrolle spielen, damit Klimaziele erreicht werden können.
Quelle: dpa
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