SuedLink in Bayern: Streit um lange Stromtrasse und Erdkabel
Spatenstich in Bayern:SuedLink: Der lange Streit um ein langes Kabel
von Simon Seitel
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Netzausbau ist nötig, um erneuerbare Energien effizient zu verteilen. Doch es gibt auch viel Widerstand gegen die Stomtrassen. Heute ist in Bayern Baustart von SuedLink.
Der vorletzte Bauabschnitt der 700 Kilometer langen Nord-Süd-Stromtrasse beginnt. Nach starkem Widerstand erfolgt die Verlegung der Leitungen nun überwiegend unterirdisch.25.07.2025 | 1:37 min
Der Stellenwert eines Termins lässt sich meist an der Gästeliste ablesen - zum Spatenstich der bayrischen SuedLink-Baustelle stehen mit Katharina Reiche, Dorothee Bär und Markus Söder gleich drei Spitzenpolitiker. Das unterstreicht die große Bedeutung dieser neuen Stromtrasse.
Die Energieversorgung werde durch die Trasse "nicht nur stabilisiert, sie kann auch unabhängig werden, sie wird klimaneutral und sie wird auch bezahlbar", so Olaf Lies (SPD), Ministerpräsident Niedersachsen, zum Bauauftakt von SüdLink.25.07.2025 | 6:17 min
Denn die insgesamt rund 700 Kilometer lange Stromleitung soll maßgeblich zur Energiewende beitragen und dafür sorgen, "dass die erneuerbaren Energien dort ankommen, wo sie gebraucht werden", wie Werner Götz, Vorsitzender des für den süddeutschen Trassenabschnitt verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW, feststellt. Während der Bau in anderen Bundesländern bereits läuft, wurden die etwa 130 bayerischen Streckenkilometer erst jetzt von der Bundesnetzagentur genehmigt.
Stromerzeugung im Norden, Verbrauch im Süden
Suedlink ist eine von mehreren geplanten "Stromautobahnen" in Deutschland. Da Stromerzeugung und -verbrauch oft weit auseinanderliegen, braucht es leistungsfähige Leitungen, um Energie zuverlässig zu transportieren.
Die Statements von Wirtschaftsministerin Reiche und Ministerpräsident Söder im Video. 25.07.2025 | 22:24 min
Durch SuedLink soll der im Überschuss vorhandene Windstrom aus dem Norden Deutschlands in den Süden der Republik gebracht werden - dorthin, wo nach der Abschaltung der Atomkraftwerke und dem Kohleausstieg ein wachsender Bedarf an erneuerbarer Energie besteht. Gleichzeitig verhindert es so das kostspielige Abregeln von Windparks oder Photovoltaikanlagen wegen Überlastung.
Kabel von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg und Bayern
Genau genommen handelt es sich bei SuedLink um zwei Stromverbindungen: Sie starten in Wilster und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein, verlaufen gebündelt unter der Elbe und trennen sich erst wieder in Süddeutschland. Ein Kabel endet in Leingarten in Baden-Württemberg, das andere in Bergrheinfeld in Bayern. Insgesamt können dadurch rund zehn Millionen Haushalte mit Ökostrom versorgt werden.
SuedLink soll Strom vom windstarken Norden in den industriestarken Süden transportieren. Der Bau eines neuen Teilabschnitts begann in Grünsfeld, in Baden-Württemberg. 27.09.2024 | 1:38 min
Langer Streit um Trassenführung
Die Pläne für SuedLink existieren bereits seit mehr als zehn Jahren. Von Anfang an wurde das Projekt von deutschlandweiten Protesten begleitet - insbesondere gegen die ursprünglich vorgesehenen oberirdischen Freileitungen. In der Hoffnung auf größere gesellschaftliche Akzeptanz beschloss die Bundesregierung 2015, die lang geplanten Freileitungen aufzugeben und stattdessen auf Erdkabel zu setzen.
Die falsche Entscheidung, findet Michael Sterner, Professor für Erneuerbare Energien an der OTH Regensburg:
Im Vergleich zur Freileitung ist ein Erdkabel technisch viel aufwendiger. Wirtschaftlich ist es ein Wahnsinn.
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Michael Sterner, Professor für Erneuerbare Energien
Nicht nur der Bau, sondern auch Wartungen und Reparaturen seien unterirdisch deutlich teurer, schwieriger und langwieriger. Zudem gäbe es trotz Erdkabel "zahlreiche Einwände und Klagen gegen diese Vorhaben, sodass wir jetzt unterm Strich zehn bis 15 Jahre später dran sind und zehn Milliarden Euro mehr zahlen."
Energieexperte: Leitungen wichtig für Versorgungssicherheit
Für den Energieexperten Sterner ist klar, dass der Netzausbau notwendig ist, um die Energieversorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen. Dass er so stockend vorankommt, hält der Wissenschaftler auch für ein Kommunikationsproblem. "In den 1950er-Jahren hatten wir Briefmarken mit Stromtrassen drauf - und das war ein Symbol für Fortschritt. Jeder hat sich gefreut über Stromanschlüsse und Stromtrassen, weil dann das Leben im Haushalt, beispielsweise das Waschen und das Trocknen, leichter wurde", sagt er.
Leistungsstarke Stromleitungen sollen die Energie vom windstarken Norden in den industriestarken Süden bringen. Dafür muss das Stromnetz um- und ausgebaut werden.27.09.2024 | 1:00 min
In diesem Geist, betont Sterner, sollten Projekte wie SuedLink verstanden und vermittelt werden. Sie seien "wichtig für unsere Zukunft, einerseits um klimaneutral zu werden, aber andererseits um die Versorgungssicherheit im Land zu gewährleisten, dass wir unabhängiger sind von Kohle-, Öl- und Gasimporten und uns selber mit erneuerbaren Energien versorgen - und damit unser Land stärken."
Simon Seitel ist Reporter im ZDF-Studio in München.