Deutsche Konzerne:No risk, no money: Die China-Abhängigkeit der Wirtschaft
von Christian Hauser, Florian Neuhann
China galt lange als Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft, nun gilt es als Risiko. ZDFheute hat nachgefragt: Wie steht es um die Abhängigkeit der Konzerne von China?
China nutzt seine Rohstoffe und industriellen Verarbeitungsmöglichkeiten zunehmend strategisch. Machen sich deutsche Unternehmen unabhängiger davon? Bislang ist das die Ausnahme.
17.12.2025 | 2:50 min60 Bauteile aus China - für eine einzige Treppe. Bis vor der Corona-Pandemie war das beim mittelständischen Steigtechnik-Hersteller Munk Group aus Günzburg in Bayern der Normalfall. Eine Abhängigkeit, die Inhaber und Geschäftsführer Ferdinand Munk inzwischen konsequent beendet hat.
"Heute kommen alle Teile aus Europa", so Munk. Früher konnte ein fehlendes chinesisches Teil die gesamte Produktion stilllegen und mit ihr die Auslieferung an die Kunden.
Es geht um politische Unsicherheit. Bei China fehlt das Vertrauen.
Ferdinand Munk, Geschäftsführer Munk Group
Beim Thema seltene Erden scheinen sich China und Deutschland anzunähern. Doch eine Expertin warnt vor zu viel Optimismus.
09.12.2025 | 4:56 minWirtschaftlicher Druck als mögliche Waffe
Eine solche Rolle rückwärts bleibt eine Ausnahme in der deutschen Wirtschaft. Viele Unternehmen sind eng mit China verflochten, ihre Geschäfte mindestens zum Teil abhängig von der Volksrepublik.
Doch was, wenn China seine Wirtschaft als Druckmittel einsetzt? Wenn Lieferketten abreißen und Märkte wegbrechen? Wie ist Deutschlands Wirtschaft vorbereitet?
China ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands. Zahlreiche deutsche Konzerne und mittelständische Unternehmen betreiben Produktionsstätten, Forschungszentren und Vertriebsniederlassungen in der Volksrepublik. Über globale Lieferketten sind sie auf Rohstoffe, Vorprodukte und Bauteile aus China angewiesen.
Für viele Firmen ist das Land zugleich ein zentraler Absatz- und Gewinnmarkt. Mit einem Handelsvolumen von rund 246,1 Milliarden Euro (2024) ist China nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner. Dabei ist das Handelsverhältnis nicht ausgeglichen: Deutschland importiert deutlich mehr aus China, als es dorthin exportiert.
Besonders abhängig sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau sowie die Chemie- und Elektrotechnikbranche.
Nach einem gescheiterten ersten Anlauf im Oktober reiste der Bundesaußenminister im Dezember doch nach China.
08.12.2025 | 2:36 minNur wenige Dax-Konzerne wollen Risiko reduzieren
ZDFheute hat 36 der 40 Dax-Unternehmen befragt - jene, die ein relevantes China-Risiko haben. Das Ergebnis:
- Nur sechs Unternehmen haben klar gesagt, sie wollen ihre Abhängigkeit verringern.
- Knapp die Hälfte wollte sich gar nicht äußern.
- Nahezu alle anderen halten ihre Investitionen in China stabil oder wollen sie sogar ausbauen.
ZDFheute Infografik
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China-Abhängigkeit: Alternativen fehlen
"Unternehmen unternehmen nicht genug", kritisiert Thorsten Benner vom Berliner Think Tank Global Public Policy Institute.
Viele Jahre hat Deutschland sehr vom Handel mit China profitiert und tut es immer noch. Deutsche Unternehmen tun sich schwer, ihre Abhängigkeit zu verringern, wie auch die Umfrage unter Dax-Konzernen zeigt.
Zahlreiche Lieferketten laufen nahezu ausschließlich über China, Alternativen fehlen. Sich Vorprodukte oder Rohstoffe von anderen Lieferanten zu besorgen, würde die Kosten erhöhen. Solange die Strukturen weitgehend funktionieren, bleibt der Veränderungsdruck trotz geopolitischer Spannungen gering.
Viele Unternehmen haben aus bisherigen Lieferkettenproblemen wohl kaum gelernt, berichtet Valerie Haller.
27.10.2025 | 1:19 minKritik an mangelndem Risiko-Bewusstsein
Benner findet, der Staat müsse aktiv werden, etwa durch Regulierung oder positive Anreize.
Wir haben riesige Abhängigkeiten bei kritischen Rohstoffen für unsere industrielle Produktion in Deutschland.
Thorsten Benner, Global Public Policy Institute
Unternehmen setzten nach wie vor auf einen Ansatz, der möglichst kostengünstig und effizient sein soll. Wenig investiert werde in Resilienz oder alternative Anbieter. "Volkswagen zum Beispiel hat selbst lange gesagt: 'Uns interessiert gar nicht, wo wir die seltenen Erden herbekommen'", so der Experte.
Fast im Wochenrhythmus verkündet Chinas Handelsministerium neue Exportbeschränkungen für seltene Erden. Die Abhängigkeit ist groß.
26.10.2025 | 2:43 minGenerell kümmerten sich viele Firmen nicht ausreichend um Lieferkettenrisiken und seien auch nicht bereit, für deren Minimierung höhere Preise zu zahlen.
Verband: Unternehmen wollen wettbewerbsfähig bleiben
Wie schnell Abhängigkeiten zum Problem werden können, zeigte sich im Oktober im Streit um den Halbleiterhersteller Nexperia. China veranlasste Ausfuhrbeschränkungen. Wichtige Chips für die europäische Autoindustrie wurden zeitweise knapp. Bei Konzernen wie Volkswagen drohten Werksschließungen.
China hat den Export von Halbleitern des Herstellers Nexperia gestoppt. Nun drohen Produktionsausfälle in der Autobranche.
27.10.2025 | 1:18 min"Die Aufgabe von einem Unternehmen ist, im Markt zu bleiben, wettbewerbsfähig zu sein und Gewinn zu machen", sagt Friedolin Strack, Abteilungsleiter Internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie. "Deswegen ist die politische Frage in Deutschland, wie man Risiken reduzieren kann, für die Unternehmen eine ganz andere Frage."
Bewusstsein wächst
Zugleich versuchten die Konzerne, ihr Engagement in anderen Märkten auszubauen. Diese Märkte seien jedoch deutlich kleiner als China. Die zweigleisige Strategie - Geschäft in China fortführen und Risiken durch Diversifizierung reduzieren - habe in nahezu allen Betrieben hohe Priorität.
Die EU arbeitet an neuen Handelsabkommen. Eines davon ist das lang geplante Mercosur-Freihandelsabkommen.
06.12.2024 | 3:06 minEinige Unternehmen produzieren in China nur noch für den Markt vor Ort, haben teils sogar Produktions- und Vertriebsstätten in andere Länder verlegt, um bei einem möglichen Stopp in China keine anderen Märkte zu gefährden.
Die deutsche Wirtschaft muss schwierige Entscheidungen treffen. Ihr langjähriges Geschäftsmodell ist anfällig für geopolitische Risiken. Reduziert sie Abhängigkeiten, trägt sie zur Sicherung der Versorgung und strategischen Unabhängigkeit bei. Doch gleichzeitig bedeutet das auch für Unternehmen: No risk, no money anymore.
China verschärft die Exportregeln für seltene Erden. Ein Signal, das in Europa für Unruhe sorgt.
30.10.2025 | 34:35 minMehr zur wirtschaftlichen Abhängigkeit von China
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