China-Expertin: Chip-Lieferstopp muss Weckruf für VW sein

Drohender Produktionsausfall:China-Expertin: Chip-Lieferstopp muss Weckruf für VW sein

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Dass VW wegen eines Chip-Lieferstopps wohl Produktionsschwierigkeiten bekommt, überrascht Wirtschaftsexpertin Antonia Hmaidi. Sie habe Zweifel an den Krisenplänen des Autobauers.

Antonia Hmaidi

Chinas Strategie ist es, andere Staaten abhängig zu machen, sagt China- und Handelsexpertin Antonia Hmaidi. Das betreffe neben der Halbleiter-Industrie auch viele andere Branchen.

22.10.2025 | 18:18 min

Der weltweit größte Anbieter von Halbleitern Nexperia stoppt den Export seiner Mikrochips, die auch deutsche Autohersteller dringend benötigen. Bei VW kommt es dadurch wohl zu Produktionseinschränkungen. Hintergrund ist der Handelsstreit zwischen den USA und China, in dem es auch um seltene Erden geht.

Die Niederlande hatten im September auf Druck aus den USA die Kontrolle über Nexperia übernommen, das zum chinesischen Wingtech-Konzern gehört. Die chinesische Regierung belegte Nexperia daraufhin mit einem Exportverbot für bestimmte Waren.

Die Hintergründe des Exportstopps und die Folgen für die deutsche Autoindustrie erklärte Antonia Hmaidi, Analystin beim Mercator Institute für China Studies, bei ZDFheute live.

Sehen Sie das Gespräch oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagte Hmaidi ...

... über die Rolle von Trump und die Ursachen des Exportstopps:

US-Präsident Donald Trump, aber auch schon sein Vorgänger Joe Biden, hätten Druck auf die niederländische Regierung ausgeübt, sagte China-Wirtschaftsexpertin Hmaidi. Nexperia mit Sitz im niederländischen Nijmegen sei die Tochter eines chinesischen Konzerns, der in den USA als Militärunterstützer gelistet sei - und könnte womöglich ebenfalls als Militärunterstützer eingestuft werden.

ZDF-Reporter Peter Kunz

VW und weitere Autohersteller könnten in den nächsten Wochen ernsthafte Probleme bekommen, so ZDF-Reporter Kunz. Dennoch geben sich die Unternehmen "verhalten optimistisch".

22.10.2025 | 7:05 min

Der chinesische CEO von Nexperia habe allerdings wegen falschen Angaben in China auch schon "Dreck am Stecken" gehabt, so Hmaidi. Die niederländische Regierung und andere europäische Chefs in dem Unternehmen seien überzeugt gewesen, dass er versuchte, alle Produktionstechnologien nach China zu transferieren, "sodass hier im Prinzip leere Fabriken stehen würden und die Versorgungssicherheit noch geschwächter wäre".

Das sei aus niederländischer Sicht der Hauptgrund gewesen, für ein Jahr die Kontrolle über Nexperia zu übernehmen und alle Entscheidungen des Unternehmens unter Zustimmungsvorbehalt zu stellen.

... über Versäumnisse der Autobauer wie VW:

Die Reaktion von VW auf den Chip-Exportstopp sei bemerkenswert, auch weil andere Autohersteller wie BMW und Mercedes in den nächsten Monaten keine Einbußen befürchten würden, sagte Hmaidi.

Wenn jetzt Volkswagen zumindest intern sagt, nach drei Wochen gibt es Einflüsse, dann habe ich da schon Fragen in Bezug darauf, wie gut ihre Krisenpläne sind, wie gut sie sich vorbereitet haben.

Antonia Hmaidi, China-Wirtschaftsexpertin

Sie habe eigentlich gehofft, dass die Autobauer aus der Corona-Pandemie mehr gelernt hätten. Nexperia sei zwar Marktführer für eine bestimmte Art von Halbleitern, 60 Prozent des Marktanteils verteilten sich allerdings auf andere Hersteller. Die Autoindustrie könne daher auf verschiedene Quellen setzen und auch Vorratshaltung betreiben - dafür müsste sie jedoch höhere Preise in Kauf nehmen.

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22.10.2025 | 2:22 min

In Bezug auf Volkswagen gab die Expertin aber zu bedenken, dass eine Lagerhaltung für den ohnehin mit sinkender Nachfrage kämpfenden Konzern mit hohen Risiken verbunden wäre. Sie hoffe dennoch, "dass das jetzt der Wake-up-Call ist, der gebraucht wurde", damit die Autoindustrie verstehe, "dass billiger nicht immer besser ist und man in Resilienz investieren muss". Die Konsumenten müssten im Gegenzug aber auch bereit sein, mehr zu bezahlen.

... über Handlungsmöglichkeiten der Bundesregierung:

Die Bundesregierung habe jetzt drei Möglichkeiten, zu handeln, meint die China-Expertin. Erstens könne sie mit europäischen Chipherstellern darüber sprechen, welche Lieferungen diese kurzfristig ersetzen könnten.

Zweitens sei es langfristig wichtig, Abhängigkeiten von China abzubauen.

Mein Eindruck ist, dass wir uns in den letzten Jahren noch weiter abhängig gemacht haben von China.

Antonia Hmaidi, China-Wirtschaftsexpertin

Zwar sei unrealistisch, dass alle von deutschen Unternehmen benötigten Chips in Deutschland produziert werden. Lieferketten in europäische Länder wie Polen seien aber ganz anders zu bewerten als Lieferketten nach China oder Malaysia. Dieses Umdenken müsse nun stattfinden.

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Und drittens müsse sich die Regierung fragen, mit welchen Druckmitteln und Angeboten sie China dazu bringen könne, zu verhandeln - auch wenn das für Deutschland ein unüblicher Politikstil sei.

Der europäische Markt ist für China sehr viel wert.

Antonia Hmaidi, China-Wirtschaftsexpertin

Das Interview führte ZDFheute live-Moderator Philip Wortmann. Die Zusammenfassung ist von Anja Engelke.

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