Xis Trumpf gegen Trump: Wie China die USA unter Druck setzt

Analyse

Eskalation im Handelsstreit Trump‑Xi:Wie China mit seltenen Erden die USA unter Druck setzt

Redakteur Lothar Becker, ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
von Lothar Becker
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Der Handelskonflikt zwischen den USA und China erreicht eine neue Eskalationsstufe. Im Zentrum steht ein unscheinbares, aber strategisch entscheidendes Gut: seltene Erden.

Schiffscontainer sind am 8. April 2025 am Port Jersey Container Terminal in Jersey City, mit der Skyline von Manhattan im Hintergrund.

China hat im Handelsstreit mit den USA ein starkes Druckmittel (Symbolfoto).

Quelle: AFP

Genau genommen geht es um 17 chemische Elemente, die essenziell sind für moderne Technologien. Also beispielsweise Computer, Prozessoren, Smartphones, Batteriesysteme, Elektromotoren, Windräder. Ohne seltene Erden funktioniert de facto nichts mehr. Zumindest nicht so, wie wir es derzeit gewohnt sind.

China fördert bis zu 70 Prozent der weltweiten Vorkommen

Und wenn es darum geht, aus den seltenen Erden Bestandteile unserer allgegenwärtigen Hightech herzustellen, dann führt fast kein Weg an chinesischem Knowhow, chinesischen Produktionsstandorten und Produktionsverfahren vorbei.

Fast kein Weg heißt: Auf chinesischem Staatsgebiet werden derzeit rund 60 bis 70 Prozent der weltweiten Vorkommen von seltenen Erden gefördert. Was nicht in China gefördert wird, wird größtenteils in chinesischen Anlagen verarbeitet: Rund 90 Prozent der weltweiten Verhüttung und Weiterverarbeitung von seltenen Erden finden in China statt. Soweit zur Ausgangslage.

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Doch seit ihrer Bekanntmachung am Donnerstag gelten neue Exportregeln: Produkte und Technologien, Methoden und Produktionsanlagen, unterliegen nun einer Genehmigungspflicht. Auch außerhalb Chinas gefertigte Güter, die mit chinesischen Bestandteilen aus seltenen Erden hergestellt werden, sind betroffen.

Zollstreit eskaliert: Trump reagiert mit 100-Prozent-Zöllen

Chinas Maßnahmen können als Reaktion auf die aggressive Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gewertet werden. Wie schon in seiner ersten Amtszeit reagiere China "auf Druck aus den USA mit möglichst identischem Gegendruck", sagt Doris Fischer, Professorin für chinesische Wirtschaft an der Uni Würzburg.

Es gehört geradezu zum Selbstverständnis chinesischer Politik, Druck aus den USA nicht nachzugeben, zumindest nicht offensichtlich.

Doris Fischer, Professorin für chinesische Wirtschaft an der Uni Würzburg

Man wolle den USA mit der Eskalation der Konflikte signalisieren, "dass man sich nicht herumschubsen lässt".

Trump verfolgt eine protektionistische Strategie, will die USA wirtschaftlich abschotten und technologisch unabhängig machen. Er reagiert mit der Ankündigung, 100 Prozent Strafzölle auf chinesische Importe zu erheben. Diese würden ab dem 1. November - oder je nach dem weiteren Agieren Chinas auch früher - erhoben, schrieb der Republikaner auf seiner Plattform Truth Social. Auch jegliche wichtige Software unterliege ab dann einer Exportkontrolle.

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Bereits Stunden zuvor hatte Trump sein geplantes Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping in Südkorea mit Verweis auf den laufenden Handelskonflikt infrage gestellt. Er habe Xi beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec), der Ende Oktober stattfindet, treffen sollen - "aber jetzt scheint es keinen Grund mehr dafür zu geben". Allerdings abgesagt hat Trump das lange erwartete Treffen mit Xi nicht.

China sendet geopolitisches Signal

Chinas Vorstoß scheint zumindest als geopolitisches Signal seine Wirkung nicht zu verfehlen: Xi macht vor jedem nächsten Gespräch zu Zöllen klar, wer die derzeit wichtigen Rohstoffe kontrolliert. Die chinesische Regierung sei sich relativ sicher, "dass sie am längeren Hebel sitzt und Nachteile aus dem Konflikt besser wegstecken kann", sagt Fischer.

Die Abhängigkeit von China trifft Schlüsselindustrien in den USA und Europa. Die Automobilbranche, Maschinenbau, Rüstungsindustrie - allgemein alles, wo Halbleitertechnik eine entscheidende Rolle spielt, in Produkten oder in der Herstellung.

Erinnerungen an Lieferengpässe während der Corona-Pandemie dürften laut werden und die verschiedensten Industriezweige weltweit auf eine schnelle Lösung zwischen Xi und Trump hoffen lassen.

Trotz Zollstreit wächst Chinas Wirtschaft

Chinas Wirtschaft habe das erste Halbjahr fast unbeschadet überstanden, so Frank Bethmann an der Frankfurter Börse. Es sei gelungen, die Rückgänge im US-Geschäft zu kompensieren.

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Denn auch Verbrenner-Fahrzeuge brauchen seltene Erden in den diversen Sensoren und Steuergeräten, moderne Gas-Kraftwerke brauchen seltene Erden in der Steuerelektronik. Und die kommen auf absehbare Zeit nur aus China. Ein vergleichbares Produktionsniveau in Qualität und Menge aufzubauen, unter anderem eigene Recyclingmethoden und Quellen zu erschließen, dürfte Jahre dauern, wenn es denn überhaupt gelingt.

Seltene Erden: Chinas Druckmittel trifft US-Wirtschaft hart

Keine schlechten Argumente aus Peking, um Washington anzuregen, die aggressive Zollpolitik der letzten Monate zu überdenken. Die über lange Zeit aufgebaute Marktmacht bei den seltenen Erden sei aus chinesischer Sicht "ein sehr geeignetes Instrument", so Fischer, um den USA ihre Verletzbarkeit deutlich zu machen.

In mehreren Verhandlungsrunden mit Zöllen und Gegenzöllen wurde ein "Deal" erreicht, wohl eher ein Burgfrieden - ein wackliger noch dazu. China hat nach Jahrzehnten technologischen Fortschritts gerade mit den seltenen Erden ein Druckmittel, an dem die US-Wirtschaft nicht vorbeikommt.

Xi weiß augenscheinlich genau, wie man Verhandlungen in Trumpscher Manier einleitet. Sein jetziger Vorstoß wenige Wochen vor einem möglichen Aufeinandertreffen der beiden Staatspräsidenten läutet sie ein, die nächste Runde im Zollstreit Trump vs. Xi.

Lothar Becker berichtet aus dem ZDF-Studio in Peking.

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