Alarmstimmung wegen VW-Produktionsstopp:Was bedeutet der Chip-Lieferengpass für die Autoindustrie?
von Peter Kunz
Volkswagen kündigt einen vorübergehenden Produktionsstopp der Modelle Golf und Tiguan im Stammwerk Wolfsburg an. Der Lieferengpass bei Halbleitern soll nicht der Grund sein.
Chinesische Halbleiter sind für deutsche Autobauer unverzichtbar. Der Handelsstreit mit den USA bringt die globalen Lieferketten zunehmend aus dem Gleichgewicht.
22.10.2025 | 2:22 minInventurmaßnahmen seien dafür verantwortlich, dass am Freitag die Bänder im Stammwerk Wolfsburg stillstehen, teilt der Konzern VW mit. Nächste Woche soll die Fertigung dann wieder anlaufen.
Aber dahinter steckt doch noch mehr: Der Automobilindustrie geht das "Hühnerfutter" aus. So nennt die Branche die kleinen und nicht sonderlich raffinierten Chips, die als Massenware millionenfach in Fahrzeugen verbaut werden. Sie dienen als Halbleiter für die Fahrzeugsteuerung oder auch den Airbag.
VW und weitere Autohersteller könnten in den nächsten Wochen ernsthafte Probleme bekommen, so ZDF-Reporter Kunz. Dennoch geben sich die Unternehmen "verhalten optimistisch".
22.10.2025 | 7:05 minDiese Chips werden als Massenware gefertigt, und Produzenten verdienen ihr Geld entsprechend durch hohe Stückzahl.
Engpass steht in Verbindung zu Trump
Auf diese Weise hatte sich die in den Niederlanden ansässige Firma Nexperia mit ihrer chinesischen Mutterfirma Wingtech die Hälfte des weltweiten Marktes gesichert. Aber nun bleiben die Hühner hungrig. Und das hat wie so vieles heutzutage auch mit Donald Trump zu tun.
Die deutschen Automobilhersteller stehen womöglich vor einer neuen Halbleiterkrise. „Im Zweifel drohen Produktionsstopps“, so Handelsexpertin Samina Sultan (IW).
22.10.2025 | 4:03 minAus Gerichtsakten geht offensichtlich hervor, dass der amerikanische Präsident in seinem Handelsstreit mit China Druck auf die niederländische Regierung ausgeübt hatte, die Kontrolle über das in Nijmegen ansässige, aber chinesisch geführte Unternehmen Nexperia zu übernehmen. Ein selten genutztes niederländisches Gesetz zum Schutz vor Technologieabwanderung hatte dies möglich gemacht. Der chinesische Chef wurde entsprechend abgesetzt. Und seitdem tobt der Hühnerfutter-Streit.
Chinas Strategie ist es, andere Staaten abhängig zu machen, sagt China- und Handelsexpertin Antonia Hmaidi. Das betreffe neben der Halbleiter-Industrie auch viele andere Branchen.
22.10.2025 | 18:18 minAutoindustrie bangt
China liefert nicht mehr reibungslos nach Europa, und der neue Boss in den Niederlanden traut den chinesischen Bauteilen für die Nexperia-Produkte nicht mehr über den Weg, warnt sogar vor unzulässigen Änderungen an den Chips. Die Autoindustrie und die Zulieferer bangen, dass ihre Bänder bald stillstehen könnten, weil ohne die Nexperia-Chips wenig geht. Auch ein Nexperia-Werk in Hamburg ist betroffen.
Die deutsche Autoindustrie wankt: Jobabbau, sinkende Marktanteile und Konkurrenz aus China. Auf der IAA stellen die Hersteller, das Verbrenneraus infrage.
09.09.2025 | 1:54 minBisher werden die dort hergestellten großen Halbleiterscheiben, die sogenannten Wafer, nach China exportiert und dort in die Hühnerfutter-Chips zerschnitten und verpackt, bevor in den Markt gehen - zurück zum Beispiel zu Autozulieferern in Deutschland. Diese globalisierte Kette ist derzeit zerschnitten, und das Futterproblem beschäftigt auch Brüssel.
EU-Kommissar will vermittteln
Der Handelskommissar der EU, Maros Sefcovic, versucht zwischen chinesischer und niederländischer Regierung sowie Nexperia zu vermitteln. Die Branche schaut alarmiert zu. Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, wünscht sich "schnelle und pragmatische Lösungen".
"Wir müssen die Wertschöpfungskette stärker nach Europa verlagern", sagt der Experte für Automobilwirtschaft Stefan Bratzel mit Blick auf die Chip-Knappheit in der Auto-Industrie.
22.10.2025 | 4:04 minNoch können die vorhandenen Vorräte an Chip-Hühnerfutter verbaut werden, aber von Wolfsburg bis München tagen die Krisenstäbe der Autobauer und bereiten sich mit Notfallplänen auf den möglichen wirtschaftlichen Herbststurm mit Produktionsausfall vor.
Nach einer Meldung der "Bild"-Zeitung will Volkswagen die Fertigung des Golf schon ab Mittwoch nächster Woche aufgrund des Chipmangels einstellen. Volkswagen wollte das gegenüber dem ZDF nicht bestätigen, da derzeit "keine abschließende Aussage" möglich sei.
Man könne Einschränkungen nicht ausschließen, aber derzeit laufe die Produktion, von der Inventurmaßnahme abgesehen. Jede anderslautende Meldung sei vorschnell.
Peter Kunz ist Studioleiter im ZDF-Studio Niedersachsen
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