mit Video
Silicon Saxony im Mittelpunkt:Wie es um die deutsche Chip-Industrie steht
von Steffi Moritz-Möller
|
Europa muss unabhängiger vom Weltmarkt werden: Das gilt auch für die Chip-Industrie - in Deutschland soll das mithilfe des Dresdner Silicon Saxony und hohen Subventionen gelingen.
Es ist Sachsens Gold, das die Bundeswirtschaftsministerin in Dresden gezeigt bekommt, mit das Wertvollste, was Dresdens Wirtschaft aktuell - und auch zukünftig - zu bieten hat: die Chipschmieden im Silicon Saxony. Infineon präsentiert Katherina Reiche (CDU) die nagelneue Smart Power Fabric und preist damit seine Fünf-Milliarden Euro-Investition an. Der Staat schießt nochmal eine Milliarde Euro an Steuergeldern dazu.
Mit dieser neuen Fabrik will Infineon die steigende Nachfrage nach leistungsstarken Halbleitern bedienen, vor allem im Bereich Automobil und Industrie. Daneben die noch viel größere Baustelle vom taiwanesischen Chip-Giganten TSMC, der zusammen mit Infineon, Bosch und NXP ebenfalls fünf Milliarden Euro investiert, dafür auch noch mal fünf Milliarden Euro Steuergelder dazu bekommt.
Chip-Industrie in Sachsen: Chancen auch für kleine Firmen
Man könnte annehmen, das sehen kleinere Unternehmen kritisch und würden sich beschweren - aber das Gegenteil ist der Fall. Matthias Lohrmann vom Start-up Spinncloud profitiert indirekt davon. Seine 60 Mitarbeiter stellen KI-Leiterplatten der Zukunft her, hochleistungsfähig und vor allem energieeffizient, derzeit viel in medizinischen und industriellen Bereichen eingesetzt.
Unser Projekt konnte vor vier Jahren nur umgesetzt werden, weil es genau diesen Standort mit dem Cluster dieser großen Firmen gibt. Hier haben wir den Zugriff auf das benötigte Know-how, hier gibt es genügend Firmen, hier finden wir Experten, was woanders in Deutschland viel schwerer wäre.
Matthias Lohrmann, Mitgründer und Geschäftsführer von Spinncloud
Über 80.000 Menschen arbeiten inzwischen im Silicon Saxony, wo sich neben Infineon und dem amerikanischen Chip-Hersteller Global Foundries auch Bosch und Jenoptik angesiedelt haben.
Lohrmann hat selbst an der TU Dresden studiert, danach bei Global Foundries in Dresden gearbeitet, um zu erkennen: Das ist der beste Standort, um innovative neue Produkte zu entwickeln. Dann gründete er Spinncloud.
Ein Drittel aller Chips in Europa kommen aus Dresden
Inzwischen kommt ein Drittel aller Chips in Europa aus Dresden, und es sollen noch mehr werden. Europa will unabhängiger vom Chip-Weltmarkt werden, deshalb auch die immensen staatlichen Subventionen.
Über 3.000 Arbeitsplätze sollen damit zusätzlich am Dresdner Standort neu geschaffen werden.
Experte übt Kritik: Subventionen breiter verteilen
Doch es gibt auch Kritik: Reint Gropp, Präsident des Leibniz-Institutes für Wirtschaftsforschung Halle, sieht den Staat in der falschen Rolle. "Er agiert ein Stück weit als Unternehmer, da er entscheidet, wer Geld kriegt und wer nicht." Und oft fehle auch die Sorgfalt bei der Auswahl der Firmen wie bei Intel in Magdeburg.
Da hätte man auch schon vor fünf Jahren drauf kommen können, dass Intel nur alte Produkte herstellt.
Reint Gropp, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Gropp sieht generelle Fehler in der Verteilung der Subventionen: "Es wäre besser, wenn Steuergeld allen Unternehmen zugute käme und nicht nur wenigen Großen. Bürokratie, Lohnnebenkosten, Energiepreise, Planungssicherheit (...) das alles ist zur Zeit wichtiger anzugehen und käme allen Unternehmen und damit mehr Investitionen zugute."
Automobilbranche unter Druck
Um die Dresdner Chips weiterhin auch in Deutschland in großem Stile loszuwerden, muss die Autobranche wieder auf die Füße kommen. Im Osten hängen mit Zulieferern etwa 250.000 Arbeitsplätze davon ab. Damit ist Ostdeutschland besonders stark von der Transformation und aktuellen Konjunkturdelle der Autoindustrie betroffen.
Steffi Moritz-Möller ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Sachsen.
Themen
Mehr zur Computerchip-Industrie
- FAQ
EU investiert Milliarden:Was bringen die KI-Gigafabriken Europa?
von Klaus Weber - mit Video
Chiphersteller zieht Bilanz:KI, Chips und Roboter: Was Nvidia plant
von Mischa Ehrhardt - mit Video
Von Kohle bis Seltene Erden:Rohstoffe: Wie abhängig Deutschland ist
von Jenifer Girke