Silicon Saxony: Wie geht's mit deutscher Chip-Industrie voran?

Silicon Saxony im Mittelpunkt:Wie es um die deutsche Chip-Industrie steht

von Steffi Moritz-Möller
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Europa muss unabhängiger vom Weltmarkt werden: Das gilt auch für die Chip-Industrie - in Deutschland soll das mithilfe des Dresdner Silicon Saxony und hohen Subventionen gelingen.

Logo des Halbleiterherstellers Infineon Technologies AG
In Dresden liegt der Bau der neuen Infineon-Chipfabrik im Zeitplan. Rund 1.000 Arbeitsplätze sollen entstehen, unterstützt durch 920 Millionen Euro staatliche Förderung.04.08.2025 | 1:33 min
Es ist Sachsens Gold, das die Bundeswirtschaftsministerin in Dresden gezeigt bekommt, mit das Wertvollste, was Dresdens Wirtschaft aktuell - und auch zukünftig - zu bieten hat: die Chipschmieden im Silicon Saxony. Infineon präsentiert Katherina Reiche (CDU) die nagelneue Smart Power Fabric und preist damit seine Fünf-Milliarden Euro-Investition an. Der Staat schießt nochmal eine Milliarde Euro an Steuergeldern dazu.
Mit dieser neuen Fabrik will Infineon die steigende Nachfrage nach leistungsstarken Halbleitern bedienen, vor allem im Bereich Automobil und Industrie. Daneben die noch viel größere Baustelle vom taiwanesischen Chip-Giganten TSMC, der zusammen mit Infineon, Bosch und NXP ebenfalls fünf Milliarden Euro investiert, dafür auch noch mal fünf Milliarden Euro Steuergelder dazu bekommt.

Chip-Industrie in Sachsen: Chancen auch für kleine Firmen

Man könnte annehmen, das sehen kleinere Unternehmen kritisch und würden sich beschweren - aber das Gegenteil ist der Fall. Matthias Lohrmann vom Start-up Spinncloud profitiert indirekt davon. Seine 60 Mitarbeiter stellen KI-Leiterplatten der Zukunft her, hochleistungsfähig und vor allem energieeffizient, derzeit viel in medizinischen und industriellen Bereichen eingesetzt.

Unser Projekt konnte vor vier Jahren nur umgesetzt werden, weil es genau diesen Standort mit dem Cluster dieser großen Firmen gibt. Hier haben wir den Zugriff auf das benötigte Know-how, hier gibt es genügend Firmen, hier finden wir Experten, was woanders in Deutschland viel schwerer wäre.

Matthias Lohrmann, Mitgründer und Geschäftsführer von Spinncloud

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche
Mit knapp zehn Milliarden Euro sollte die Chip-Fabrik in Magdeburg gefördert werden, doch Intel stoppte die Pläne. In Sachsen liegt das neue Werk von Infineon hingegen im Zeitplan.04.08.2025 | 1:39 min
Über 80.000 Menschen arbeiten inzwischen im Silicon Saxony, wo sich neben Infineon und dem amerikanischen Chip-Hersteller Global Foundries auch Bosch und Jenoptik angesiedelt haben.
Lohrmann hat selbst an der TU Dresden studiert, danach bei Global Foundries in Dresden gearbeitet, um zu erkennen: Das ist der beste Standort, um innovative neue Produkte zu entwickeln. Dann gründete er Spinncloud.
Magdeburg: Betonfertigteilwände stehen auf der Baustelle des Industriegebiets «High-Tech-Park», wo unter anderem Intel ein Werk errichten wollte. Der kriselnde Chipkonzern Intel hat die milliardenschweren Pläne für eine Fabrik in Magdeburg aufgegeben.
Ein Milliardenprojekt ist gescheitert: Intel stoppt den Bau seiner geplanten Chip-Fabrik in Magdeburg endgültig. Die Ampel wollte damit Abhängigkeiten verringern und Jobs schaffen.25.07.2025 | 1:45 min

Ein Drittel aller Chips in Europa kommen aus Dresden

Inzwischen kommt ein Drittel aller Chips in Europa aus Dresden, und es sollen noch mehr werden. Europa will unabhängiger vom Chip-Weltmarkt werden, deshalb auch die immensen staatlichen Subventionen.
Über 3.000 Arbeitsplätze sollen damit zusätzlich am Dresdner Standort neu geschaffen werden.
20.08.2024, Sachsen, Dresden: Ein Hydraulik-Raupenbagger steht mit einem Banner mit der Aufschrift «Innovate together» anlässlich eines symbolischen Spatenstichs auf dem künftigen Gelände der Chipfabrik unter der Bezeichnung ESMC.
Für "ESMC" hat sich Chiphersteller TSMC mit Bosch, Infineon und NXP zusammengetan. Sie sollen Chips für die europäische Automobil- und Industriebranche fertigen.20.08.2024 | 1:37 min

Experte übt Kritik: Subventionen breiter verteilen

Doch es gibt auch Kritik: Reint Gropp, Präsident des Leibniz-Institutes für Wirtschaftsforschung Halle, sieht den Staat in der falschen Rolle. "Er agiert ein Stück weit als Unternehmer, da er entscheidet, wer Geld kriegt und wer nicht." Und oft fehle auch die Sorgfalt bei der Auswahl der Firmen wie bei Intel in Magdeburg.

Da hätte man auch schon vor fünf Jahren drauf kommen können, dass Intel nur alte Produkte herstellt.

Reint Gropp, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle

Gropp sieht generelle Fehler in der Verteilung der Subventionen: "Es wäre besser, wenn Steuergeld allen Unternehmen zugute käme und nicht nur wenigen Großen. Bürokratie, Lohnnebenkosten, Energiepreise, Planungssicherheit (...) das alles ist zur Zeit wichtiger anzugehen und käme allen Unternehmen und damit mehr Investitionen zugute."
neue Fabrik ESMC
Durch die neue Chipfabrik des taiwanesischen Konzerns TSMC in Dresden sollen tausende neue Arbeitsplätze entstehen. Wie nachhaltig ist die Investition?20.08.2024 | 1:48 min

Automobilbranche unter Druck

Um die Dresdner Chips weiterhin auch in Deutschland in großem Stile loszuwerden, muss die Autobranche wieder auf die Füße kommen. Im Osten hängen mit Zulieferern etwa 250.000 Arbeitsplätze davon ab. Damit ist Ostdeutschland besonders stark von der Transformation und aktuellen Konjunkturdelle der Autoindustrie betroffen.
Erste Zahlen aber lassen hoffen. Die Nachfrage nach deutschen E-Autos steigt wieder an, um bemerkenswerte 35 Prozent im ersten Halbjahr. Nur nützen die besten Halbleiter aus Dresden nichts, wenn noch immer 98 Prozent der seltenen Erden dafür aus China kommen.
Steffi Moritz-Möller ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Sachsen.
SGS Bethmann
Deutschland zählt laut Ifo-Studie zu den Top-Ten der globalen Halbleiter-Lieferanten. Welche Rolle das Land in der Chip-Industrie spielt, erklärt ZDF-Korrespondent Frank Bethmann.14.02.2025 | 1:25 min

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