Volkswagen: Zehn Jahren nach Dieselskandal - eine Bilanz

Abgasmanipulation bei Volkswagen:Zehn Jahre nach "Dieselgate": Was hat sich getan?

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Volkswagen geriet nach der Aufdeckung von Abgasmanipulationen im Jahr 2015 in die Krise. Was hat sich zehn Jahren später bei dem Automobilkonzern und in der gesamten Branche getan?

Auspuffrohre eines Volkswagen, fotografiert mit dem Markenhochhaus am VW-Werk Wolfsburg im Hintergrund. (Archiv)

Nach dem Dieselskandal stand Volkswagen schwer in der Kritik.

Quelle: dpa

Auf den Straßen von Kalifornien haben drei Studenten eine Welle ausgelöst, die wenig später als Tsunami im niedersächsischen Wolfsburg aufschlug: Ihre Tests mit einem VW Jetta im Frühjahr 2013 führten mit zur Aufdeckung der Abgasaffäre im Herbst 2015. Der "Dieselgate" erschütterte Europas größten Autobauer.

Zehn Jahre später ist einer der größten Skandale der deutschen Industriegeschichte längst aus dem Fokus. Das bedeutet aber nicht, dass alle Wogen geglättet sind.

Ein Volkswagen parkt vor dem Landgericht Braunschweig. Im Strafprozess zur Dieselaffäre sind vier frühere Führungskräfte von Volkswagen wegen Betrugs schuldig gesprochen worden.

Im September 2015, wurde öffentlich, dass Volkswagen Diesel-Abgastests manipuliert hatte. Vier ehemalige Führungskräfte sind nun wegen Betrugs schuldig gesprochen worden.

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VW-Chef Blume über Krise: Lehren gezogen

Von einem selbst verursachten "Kulturschock" sprach VW-Chef Oliver Blume jüngst auf der IAA Mobility in München.

Der Konzern habe aber aus seiner Sicht Lehren daraus gezogen. Es seien Compliance-Prozesse installiert worden, die Kultur bei Volkswagen habe sich verändert und dabei auch die Art und Weise, wie der Konzern geführt werde. "Wir haben die Produktstrategie verändert", sagte Blume mit Blick auf die Transformation zu mehr Elektromobilität.

Eine "Zäsur" für Volkswagen

"Das war das einzig Gute an der Sache", sagte Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule Wolfsburg. "Ansonsten wäre die Dieseltechnologie noch viel länger die erste Technologie geblieben", sagte Wisbert der Deutschen Presse-Agentur. Sie könne sich noch gut an 2015 erinnern.

Der Tag war eine Zäsur für VW. Danach hat sich alles geändert.

Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft

Am 18. September 2015 veröffentlichte die US-Umweltbehörde EPA die "Notice of Violation", in der VW beschuldigt wurde, mit einer Software Emissionsprüfungen für bestimmte Luftschadstoffe zu umgehen. Kurz zuvor hatte VW in den USA falsche Testergebnisse eingeräumt.

"Shit, voll schiefgelaufen", soll ein VW-Entwickler in den Tagen gesagt haben, als sich die Katastrophe in Verhandlungen mit den US-Behörden nicht mehr abwenden ließ.

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Gefängnisstrafen in den USA und Deutschland

Nach dem Bekanntwerden schmierten VW-Aktien ab und Vorstandschef Martin Winterkorn flog aus dem Amt. In den USA zahlte Volkswagen mehr als 20 Milliarden Dollar an Strafen und Entschädigungen. Auch in Deutschland wurden Bußgelder in Milliardenhöhe verhängt.

Mittlerweile gibt es unzählige Urteile und sowohl in den USA als auch in Deutschland wurden Gefängnisstrafen gegen frühere VW-Mitarbeiter verhängt. Ob der Prozess gegen Winterkorn jemals fortgesetzt wird, ist offen.

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Experte: Kein Schummel, sondern "knallharter Betrug"

"Mit welcher Hybris geglaubt wurde, man käme mit so etwas durch, war für mich unfassbar", sagte Professorin Wisbert. Sie sei überrascht gewesen, dass den besten Ingenieuren der Branche nichts anderes eingefallen ist als zu manipulieren.

Und auch Frank Schwope, der Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover lehrt, reagiert mit Kopfschütteln, wenn bis heute von "Schummeln" gesprochen wird.

Das ist kein Schummel, das ist knallharter Betrug gewesen.

Frank Schwope, Dozent für Automobilwirtschaft

Neben dem Imageschaden und dem Vertrauensverlust traf der Skandal den Konzern vor allem finanziell. Die eigenen Kosten für die Aufarbeitung der Manipulationsaffäre gibt Volkswagen mit rund 33 Milliarden Euro an.

Das ist schon ein ziemlich teurer Weckruf für die Elektromobilität gewesen

Frank Schwope, Dozent für Automobilwirtschaft

Studie sieht E-Mobilität auf gutem Weg

Dass die gesamte europäische Autoindustrie zehn Jahre nach der Aufdeckung des Abgasskandals bei VW auf einem guten Weg zu mehr Elektromobilität ist, bescheinigt ausgerechnet eine neue Studie der Organisation ICCT. Der internationale Umweltforschungsverbund hatte im Frühjahr 2014 eine Analyse zu auffälligen Messungen von Abgaswerten in den USA veröffentlicht - von Betrug war noch keine Rede.

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Themenfoto: Volkswagen in der Krise. (Fotomontage)
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Zusammen mit US-Umweltbehörden trug das "International Council on Clean Transportation" aber dazu bei, dass die VW-Dieselaffäre 2015 aufflog. Seitdem habe sich die europäische Autoindustrie tiefgreifend gewandelt.

Um Vertrauen zurückzugewinnen und Emissionen zu reduzieren, versprachen die Autohersteller, verstärkt auf Elektrifizierung zu setzen, sagte Peter Mock, Geschäftsführer des ICCT Berlin.

"Dreister Umgang" und Salamitaktik

Dennoch hat es nach Einschätzung von Professorin Wisbert auch Gründe, warum in erster Linie Volkswagen mit dem Dieselskandal verbunden wird. "Der anfängliche dreiste Umgang mit den Vorwürfen der Abgasmanipulation bei VW hat sich ins Gedächtnis eingebrannt", sagte Wisbert. Der Konzern habe damals nicht angemessen reagiert und eine Salamitaktik verfolgt.

Nach Überzeugungen der Automobilexpertin konnten andere Hersteller im Nachgang ihre Kommunikationsstrategie anpassen und haben aus den Fehlern bei VW gelernt.

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Quelle: dpa

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