Unabhängiger werden von China:So will die EU künftig Seltene Erden beschaffen
von Anne Sophie Feil
EU-Industriekommissar Séjourné will Europas Abhängigkeit von China reduzieren. Dazu soll künftig mehr in Europa gefördert und recycelt werden.
Seltene Erden gibt es zwar fast überall, aber in sehr unterschiedlichen Mengen. Der Abbau der Metalle ist aufwändig, ebenso die Aufbereitung. Ein Blick auf die globale Situation.
03.12.2025 | 1:16 minDie EU braucht Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Seltene Erden. Sie sind unverzichtbar für Alltagstechnologien wie Smartphones und Autos. Und sie werden für Batterien, Windräder, Elektroautos und Chips gebraucht, Technologien, die für Digitalisierung und Energiewende essenziell sind.
Das Problem: Europa ist bei diesen Materialien stark von Importen abhängig. Bei Seltenerdmagneten stammen über 90 Prozent des Bedarfs aus China. Das Reich der Mitte dominiert nicht nur den Abbau, sondern auch die Weiterverarbeitung kritischer Rohstoffe.
China hat die Exportregeln für Seltene Erden verschärft. Ein Signal, das in Europa für Unruhe sorgt. Die EU ist stark von China abhängig, wenn es um den Zugang zu diesen kritischen Rohstoffen geht.
30.10.2025 | 34:35 minChinas Marktmacht hemmt EU-Wirtschaft
China hat Exportbeschränkungen verhängt und nutzt die extreme Abhängigkeit Europas, um die eigene geoökonomische Position zu stärken und die internationale Konkurrenz klein zu halten. Deutsche Firmen mussten teilweise sensible Geschäftsdetails, zum Beispiel technische Baupläne, offenlegen, um die kritischen Rohstoffe aus China zu erhalten.
EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné sieht die europäische Industrie direkt im Visier der Chinesen und wirft Peking "Erpressung" vor. Am Mittwoch stellt er einen Plan zur wirtschaftlichen Sicherheit der Europäischen Union vor. Dieser umfasst eine neue Sicherheitsdoktrin sowie den Plan "ReSourceEU", mit dem die europäische Abhängigkeit von China bei kritischen Rohstoffen verringert werden soll.
China nutzt seine Monopolstellung für seltene Erden, um Druck auf die westliche Industrie auszuüben. Deutsche Unternehmen versuchen durch neue Innovationen, nicht mehr die Metalle Chinas zu brauchen.
22.10.2025 | 1:21 minDer Plan der EU-Kommission
Kern ist ein Paket aus Geld und Regeln. Bis 2030 sollen mindestens zehn Prozent des jährlichen Bedarfs an kritischen Rohstoffen in der EU gefördert, 40 Prozent verarbeitet und 25 Prozent recycelt werden. Zudem soll höchstens 65 Prozent eines strategischen Rohstoffs aus einem einzigen Drittland kommen.
Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 chemischen Elementen, darunter Neodym, Dysprosium oder Terbium, die vor allem für Hochtechnologie unverzichtbar sind. Sie werden unter anderem in Permanentmagneten für Elektromotoren, Windräder, Smartphones, Sensoren und Rüstungstechnik eingesetzt.
Trotz ihres Namens sind sie geologisch nicht extrem selten, aber ihre Gewinnung ist technisch aufwendig und oft umweltschädlich. China dominiert den Weltmarkt sowohl beim Abbau als auch bei der Verarbeitung. Wegen ihrer strategischen Bedeutung gelten sie als "kritische Rohstoffe" für Europas Industrie.
Weiterhin sollen drei Milliarden Euro kurzfristig aus dem EU-Haushalt in die 25 dringendsten strategischen Rohstoffprojekte fließen. Bei diesen gehe es um die Gewinnung Seltener Erden, Gallium, Germanium und Lithium entlang der Lieferkette, von der Mine bis zur Verarbeitung und Lagerhaltung.
Auch will die EU weitere Gelder aus dem Innovationsfonds und über die Europäische Investitionsbank locker machen. Mit schnelleren Genehmigungsverfahren soll der Abbau strategischer Rohstoffe innerhalb der EU künftig schneller möglich werden.
China besitzt ein Monopol auf den Abbau und den Export seltener Erden. Seit das Land dafür Ausfuhrbeschränkungen angeordnet hat, droht der Nachschub nun knapp zu werden.
19.06.2025 | 1:32 minGemeinsamer Einkauf und Recycling
Séjourné hat bereits angekündigt, dass die EU-Länder nach seiner Vorstellung künftig gemeinsam Seltene Erden anschaffen sollen. Die Kommission setzt sich zudem für Partnerschaften mit anderen Staaten ein und hat in diesem Jahr unter anderem bereits ein Abkommen mit Indonesien geschlossen.
Mit Exportbeschränkungen für Magnet-Schrott will die EU die heimische Versorgung mit wichtigen Rohstoffen sichern. Die Beschränkungen für Abfälle und Schrott von Seltenerden-Permanentmagneten sollen Anfang 2026 in Kraft treten. Durch Recycling könnten potenziell 20 Prozent des derzeit 20.000 Tonnen schweren EU-Bedarfs an Permanentmagneten gedeckt werden.
Die Rebellengruppe M23 kontrolliert im Osten des Kongo die Provinz Kivu und damit den Zugang zu seltenen Erden. An diesen Rohstoffen sind auch Europa und die USA interessiert.
30.07.2025 | 6:26 minEU-Firmen pochen auf Versorgungssicherheit
Trotz der Förderpläne sind europäische Unternehmer skeptisch. Dem norwegischen Selten-Erd-Förderer Rare Earths Norway zufolge fehlt es an Preissicherheit. Die Wirtschaft wünscht sich garantierte Mindestpreise oder andere Garantien von der Kommission, um sicherzustellen, dass sich Investitionen in neue Projekte auszahlen.
Wir brauchen in Europa und Norwegen erstens eine beschleunigte Genehmigung und zweitens Preissicherheit.
Alf Reistad, CEO, Rare Earths Norway
Die Industrievertreter monieren außerdem, die EU reagiere zu langsam. Sie warnen, dass die EU im globalen Wettbewerb gegenüber den USA und anderen westlichen Verbündeten den Kürzeren ziehen könnte, da diese bereits Milliarden von Dollars in breiter gestreute Lieferketten investieren.
Die Zeit läuft gegen die EU. Sie war zu langsam.
Mika Seitovirta, Europa-Chef, Sibanye-Stillwater
Kein E-Auto, kein Windrad oder Handy kann ohne seltene Erden gebaut werden. Doch die Edelmetalle sind rar, und China hat die Marktmacht. Zunehmend ein Problem für Europa und die USA.
05.06.2025 | 3:06 minUmweltschützer besorgt
Umweltorganisationen kritisieren die intransparente Projektauswahl der EU. Sie fürchten durch schnellere Genehmigungen erhebliche ökologische und soziale Risiken für die betroffenen Regionen und Anliegergemeinden.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein. Europa muss rasch handeln, um die Abhängigkeit bei diesen kritischen Rohstoffen zu verringern. Recycling und eigene Produktion müssen parallel zügig anlaufen, da die Zeit gegen die EU läuft.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
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