Fußball-EM der Frauen 2025: England und die Angst vorm Scheitern

Fußball-EM der Frauen 2025:Titelverteidiger England droht frühes Aus

von Frank Hellmann
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EM-Titelverteidiger England hat mit der Vorrundenpartie gegen die Niederlande schon ein erstes Endspiel. Trainerin Sarina Wiegman steht gegen ihr Heimatland früh unter Druck.

Schweiz, Zürich, Euro 2025, England - Frankreich: Englands Cheftrainerin Sarina Wiegman betritt das Spielfeld nach Spielende
Schon früh unter Druck: Englands Nationalteam um Trainerin Sarina Wiegman.
Quelle: AP

Ungefähr so stellt man sich ein Märchenschloss vor: auf einer Anhöhe über der Stadt thronend, mit großen Türmen, luxuriösen Zimmern und einem adeligen Ambiente. "The Dolder Grand" bekommt jeder zur Antwort, der nach dem besten Hotel von Zürich fragt. Wo ohnehin vieles stilvoll rüberkommt, ragt die von Englands Fußballerinnen bezogene Herberge noch heraus. Da wäre es jammerschade, wenn sie ihr teures Edelquartier - normaler Zimmerpreis 800-900 Franken pro Nacht - räumen müssten, ehe dieses Turnier für den amtierenden Europameister richtig begonnen hat.
Doch die Gefahr des Scheiterns ist seit der Auftaktniederlage gegen Frankreich (1:2) ganz real. Im zweiten EM-Gruppenspiel gegen die Niederlande (ab 18 Uhr live im ZDF) spielen die "Lionesses" (Löwinnen) in Zürich um "All or Nothing". Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass plötzlich auch die Nationaltrainerin Sarina Wiegman in der Bringschuld ist.

England droht das frühe Aus

Jene listige Niederländerin, die völlig überraschend bei der Heim-EM 2017 mit den "Oranje Leuwinnen" die Trophäe einsackte, dann fünf Jahre später als Englands Teamchefin das Kunststück wiederholte. Nach dem in der Verlängerung gegen Deutschland gewonnen EM-Finale 2022 im vollbesetzten Wembley lag ihr das Mutterland des Fußballs zu Füßen. Zwölf EM-Spiele in Folge hatte Wiegman gewonnen.
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Und wären bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland die Spanierinnen nicht so vollgepumpt mit Spielfreude und Selbstbewusstsein gewesen, dann hätte es gleich im Jahr darauf in Sydney zum nächsten Coup gereicht. Englands Verband FA hat seine Erfolgsgarantin bis zur WM 2027 in Brasilien gebunden. Aber was passiert, wenn der Titelverteidiger jetzt in der EM-Vorrunde rausfliegt?

Wir haben unsere eigenen Probleme geschaffen.

Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegman

"Natürlich sind wir frustriert“, gestand die 55-Jährige, die nach dem rätselhaften ersten Auftritt im Stadion Letzigrund eine "Steigerung" verlangt.

Nervosität ist nicht zu leugnen

Eine gewisse Aufregung ist im englischen Lager nicht zu leugnen, was sich an Details zeigt. Wenn das Team draußen in der Gemeinde Opfikon vor den Türen Zürichs trainiert, kann es schon mal vorkommen, dass die Medienvertreter mitten während der laufenden Einheit zuschauen dürfen - und nicht die erste Viertelstunde wie sonst üblich. Eine Störung der normalen Abläufe, die nicht besonders gut organisiert wirkte.
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Zudem diskutiert die Öffentlichkeit gerade darüber, inwieweit drei EM-Heldinnen fehlen. Torhüterin Mary Earps trat zurück, weil sie nicht mehr als Nummer eins in die Schweiz gereist wäre, auch Strategin Fran Kirby reichte kurz vor der Nominierung ihren Rücktritt ein.
Und dann war da noch Abwehrchefin Millie Bright, die mentale Probleme offenbarte. Die Kaderbekanntgabe von Wiegman geriet zur Rechtfertigung, wobei dieses Ü30-Trio längst nicht mehr unumstritten war.

Niederlage wirft Fragen auf

Der Auftritt gegen die Französinnen - übrigens vor den Augen von Männer-Nationalcoach Thomas Tuchel - hat weitere Fragen aufgeworfen, wo doch jeder wusste, dass dieser Gegner nur auf überfallartige Konter über seine pfeilschnellen Stürmerinnen warten würde. Die fahrige Lucy Bronze rechts und die langsame Jess Carter links in der Viererkette wirkten überfordert.
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Auch das Mittelfeld mit Keira Walsh und Georgia Stanway als zentrale Stützen hatte schon mal besseren Zugriff. Gerade die Mittelfeldspielerin vom FC Bayern, die weite Teile der Saison wegen einer Knieverletzung verpasste, wirkte über den Fehlstart verärgert. "Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf konzentrieren, die Dinge auf dem Rasen in Ordnung zu bringen", sagte Stanway.

Wir wissen, dass wir als Team zu wenig geleistet haben. Wir wissen als Einzelne, dass wir zu wenig geleistet haben.

Georgia Stanway

Wenn zwei Mannschaftsteile nicht funktionieren, nützt es auch nichts, dass Lauren James, Beth Mead, Lauren Hamp und Alessia Russo aus dem Offensivbereich eigentlich für das stehen, was auch Englands Basecamp verkörpert: gehobene Spitzenklasse.

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