CL-Halbfinale gegen Barca: Thuram für Inter so wertvoll wie nie

Bei Marcus Thuram geht Simone Inzaghi kein Risiko mehr ein. Beim 1:0-Heimsieg gegen Hellas Verona in der Serie A am Samstagabend ließ Inter Mailands Chefcoach den Ex-Gladbacher 90 Minuten auf der Bank. Das Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Barcelona am Dienstag, 21 Uhr (ausführlicher Bericht in der Champions-League-Sendung am Mittwoch ab 23.15 Uhr) hat höchste Priorität.

Italiens Meister bangt bereits um seinen angeschlagenen Top-Torjäger Lautaro Martínez. Ein Ausfall dessen kongenialen Sturmpartners hätte für Inter aber wohl noch viel drastischere Folgen. Denn Thuram ist für das Offensivspiel der Mailänder mittlerweile fast unverzichtbar. Das wurde in den vergangenen Wochen mehr als deutlich - nicht zuletzt dann, wenn der Franzose nicht auf dem Platz stand.

Dreimal war der Angreifer nach dem 2:2 im Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Bayern München in der Königsklasse wegen Adduktorenproblemen zum Zuschauen verdammt. Prompt setzte es drei folgenschwere Niederlagen. Mit einem 0:1 beim FC Bologna und einem 0:1 gegen die AS Rom gab Inter Platz eins in der Serie A an die SSC Neapel ab.

Zwischendrin erlitten die Nerazzurri eine 0:3-Klatsche im Halbfinal-Rückspiel der Coppa Italia gegen Stadtrivale AC Milan. Damit platzte der Traum vom zweiten Triple nach 2010.

Ist es ein Zufall, dass Inter ohne Thuram in eine Mini-Krise stürzte? Eher nicht, wie diverse Statistiken nahelegen. Das Portal "FCInterNews" arbeitete vor dem 3:3 im Halbfinal-Hinspiel in Barcelona am vergangenen Mittwoch heraus, dass die Mailänder nur 7,5 Prozent ihrer bisherigen Saisonpartien verloren, wenn der 27-Jährige in der Startelf stand. Blieb der Angreifer draußen, gingen hingegen 37,5 Prozent der Spiele verloren.

Auch in der Liga stand der Ex-Spitzenreiter zuletzt bei 2,2 Punkten und 2,3 Toren pro Match, wenn Thuram spielte. Ohne "Tikus" sind es im Schnitt nur ein Punkt und 0,3 Tore. Nun ist Inter-Coach Inzaghi eher als Wundertrainer denn als Wunderheiler verschrien.

Nach Spiel eins gegen Barca deutete Thuram jedoch an, dass sein Last-Minute-Comeback nicht nur eine Frage der körperlichen Fitness gewesen sei. "Er hat von Trainer zu Spieler und von Ex-Spieler zu Spieler zu mir gesprochen", verriet der 29-malige französische Nationalspieler:

Schon nach 30 Sekunden unterstrich Thuram, dass er für Inter umso wichtiger ist, wenn er auf dem Platz steht. Sein Hackentor zur 1:0-Führung ist nicht nur der schnellste Treffer überhaupt in einem Champions-League-Halbfinale. Es läutete auch ein Fußball-Fest ein, in dem die Norditaliener - die nach 21 Minuten 2:0 vorn lagen - ihre Titelansprüche gegen die favorisierten Katalanen auf höchstem Niveau untermauerten.

Thurams Hacke war bereits in München ein Faktor. Sehenswert legte der Sohn des 1998er-Weltmeisters Lilian Thuram im Viertelfinal-Hinspiel (Endstand 2:1) das 1:0 für Inter durch Martínez auf. Vier Treffer und zwei Vorlagen stehen Thuram junior in der laufenden Champions-League-Saison zu Buche.

Wettbewerbsübergreifend bestreitet er mit 18 Toren und neun Assists in 45 Begegnungen schon jetzt seine beste Spielzeit als Profi. Zum Vergleich: Inter-Superstar Martínez steht bei 21 Toren und sechs Vorlagen in 47 Partien.

Teamplayer Thuram gefällt sich als zweite Spitze - und betont immer wieder, dass sein Qualitätssprung auf Inzaghis Arbeit und Fußballvision zurückzuführen sei. Der 49-Jährige zeigt sich wiederum angetan vom Fleiß, den der Vize-Weltmeister von 2022 an den Tag legt.

In dieser Spieler-Trainer-Beziehung greift offenkundig ein Rädchen ins andere - vielleicht ja auch am Dienstagabend. Auf dem Platz, versteht sich.