Skimpflation: Produkte mit weniger Qualität bei gleichem Preis

Tricks der Lebensmittelkonzerne:Skimpflation: So werden Verbraucher getäuscht

von Cornelia Petereit
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Zucker, Wasser, Aromastoffe - immer mehr Lebensmittel werden damit gestreckt, hochwertige Zutaten verringert. Skimpflation heißt der Hersteller-Trick. Was Verbraucher tun können.

Eine Frau betrachtet im Supermarkt ein Produkt aus einem Regal.
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Das Phänomen Skimpflation ist nicht neu: Hersteller sparen Kosten, indem sie die Qualität des Produkts senken. Gespart werde an Butter, Vanille oder anderen wertgebenden Zutaten, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Schon 2018 fiel bei einem Vergleich von Fertiglebensmitteln auf, dass die Rezeptur sich zum Teil gravierend veränderte. So wurde laut Verbraucherzentrale bei einem Schokoaufstrich ein Teil des Kakaos durch Magermilchpulver ersetzt.
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Bleibe der Preis trotz minderwertiger Zutaten gleich, sei das eine Mogelpackung, kritisiert Lebensmittelchemiker Valet. Ganz aktuell habe die Verbraucherzentrale Hamburg erneut ein Produkt mit dem Rohstoff Kakao auf die Liste von Skimpflation gesetzt.




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Ist Skimpflation legal?

Die Methode sei legal, solange die geänderte Zusammensetzung des Produkts korrekt auf der Verpackung stehe, erklärt Valet. Wie bei einem aktuellen Beispiel eines Produkts von Rosinen, die bisher mit Vollmilchschokolade überzogen waren.
Bislang war echte Schokolade drin, jetzt bestehe der Überzug nur noch aus einer Masse mit Milchschokoladengeschmack. Statt Kakaofett werden jetzt pflanzliche Fette wie Palm- und Sheafett verwendet, die deutlich billiger im Einkauf seien, beschreibt der Verbraucherschützer den Unterschied.

Verbraucher kaufen scheinbar das gleiche Produkt, erhalten aber weniger Qualität fürs Geld.

Armin Valet, Lebensmittelchemiker

Wird der Begriff "Geschmack" verwendet, bleibe das Vorgehen legal, so Valet. Der Hersteller setze offenbar darauf, dass der Verbraucher die Umschreibung "Geschmack" überlese. Den geschützten Begriff Schokolade dürfe der Hersteller aber nicht verwenden.
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Warum Skimpflation schwer zu erkennen ist

Es gebe für Hersteller und Händler bislang keine Verpflichtung, die Verbraucher mit Warnhinweisen auf Veränderungen zu stoßen. Skimpflation sei legal, auch wenn Rezeptur- oder Mengenänderungen nur im Kleingedruckten auftauchten. Die Qualitätsverschlechterung sei daher nicht immer direkt sichtbar, warnt Valet.

Verbraucher müssen beide Produkte vorliegen haben und auch noch die Zutaten genau vergleichen. Das ist fast unmöglich.

Armin Valet, Verbraucherzentrale Hamburg

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Aufdeckung durch Verbraucherbeschwerden

Die Verbraucherschützer gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Allerdings führten oft Verbraucherbeschwerden zur Aufdeckung von Skimpflation - wie bei der ja! Bolognese mit Hackfleisch von Rewe, die im Mai 2025 gemeldet wurde.
An erster Stelle der Zutatenliste stehe nach einer Rezepturveränderung nun Wasser, moniert Valet. Vergleiche beweisen weitere Qualitätsveränderungen: Statt 20,7 Prozent werden nur noch 16 Prozent Rindfleisch verwendet. Allerdings wurde die unverbindliche Preisempfehlung um 0,14 auf 1,49 Euro gesenkt.
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Wie Hersteller Skimpflation begründen

Wie fast immer gebe der Hersteller auch bei der Bolognese "eine Verbesserung der Sensorik" als Grund für die Rezepturänderung an, zitiert der Verbraucherschützer aus Stellungnahmen. Darin finde sich regelmäßig das Argument, dass mit "veränderten Rezepten die Wünsche der Kundinnen und Kunden berücksichtigt" würden.
Ob die Verbraucher tatsächlich die Produkte mit neuen Rezepturen vorab getestet oder um Veränderungen gebeten hätten, könne nicht überprüft werden, betont Valet.
Auch wenn mit Skimpflation die Kosten für Rohstoffe eingespart würden, "gehen die Lebensmittelkonzerne damit nicht offen um". Es ginge darum, die Marge zu erhöhen und Gewinne zu machen - auch wenn Hersteller und Händler sich anders darstellen wollen, kritisiert Valet.

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Was können Verbraucher tun?

Im Idealfall könne man die alte und neue Zutatenlisten nebeneinanderlegen und so die meist schlechtere Produktqualität entlarven, rät Armin Valet. Auch ein genauer Blick auf die Aufmachung der Verpackung sei wichtig. "Wenn da draufsteht veränderte Rezeptur oder neue Füllmenge, das alles sind Hinweise", erklärt der Verbraucherschützer.

Verbraucherschützer fordern - ähnlich wie bei Shrinkflation - einen klaren Hinweis auf den Verpackungen, wenn es substanzielle Änderungen bei der Rezeptur gebe. Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg fordert Rahmenbedingungen für die Verbraucher, so dass die Zusammensetzung der Produkte beim Einkauf klar ersichtlich seien und Verbraucher auf Augenhöhe einkaufen könnten.

Bei Verdacht auf Skimpflation können Verbraucher bundesweit die Fälle an die Verbraucherzentrale Hamburg melden. Die schreibt dann den Hersteller oder Händler an und fordert Aufklärung.
Cornelia Petereit ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne, Service täglich"

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Quelle: dpa

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