Schokolade und der Siegel-Dschungel: Bio, fair oder nachhaltig?

Bio, Fairtrade, palmölfrei:Schokolade: Durchblick im Siegel-Dschungel?

von Luca Simonis und Svaantje Schröder
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Beim Kauf von Schokolade werden viele Versprechen gemacht: fair, nachhaltig, bio, regional, ohne Palmöl, mit zertifiziertem Palmöl. Der Durchblick im Siegel-Dschungel ist schwer.

Eine Tafel Schokolade mit vier Reihen liegt auf einem Glastisch. Auf der Tafel liegen vier einzelne Stücke der Schokolade.
Schokolade kann von bio bis fair die verschiedensten Siegel tragen. Den Durchblick zu bewahren, fällt oft nicht leicht.
Quelle: dpa

Klar, Schokolade soll in erster Linie schmecken. Doch auch das Gewissen entscheidet beim Kauf immer öfter mit. Denn dass Schokolade oft unter für Umwelt, Klima und Menschen problematischen Umständen produziert wird, ist kein Geheimnis.
Im westafrikanischen Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) ist Kinderarbeit auf Kakaoplantagen nach wie vor ein Thema, ebenso die Abholzung von Ur- und Regenwäldern in Ländern wie Indonesien und Malaysia, um neue Flächen für Palmölplantagen zu schaffen.
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Unzählige Siegel, aber wenig Durchblick

Wie also Geschmack und Gewissen verbinden? Siegel sollen dabei helfen. Davon gibt es mittlerweile unzählige. Aber welche halten, was sie versprechen, welche sind mehr Schein als Sein?

Für Konsument*innen ist in diesem Siegeldschungel schwer herauszufinden, welche Siegel wirklich relevant sind.

Anna Leitner, Umweltschutzorganisation "Global 2000"

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Drei Siegel sind besonders gängig, wenn es um Schokoladen-Produkte geht:

RSPO-Siegel für nachhaltiges Palmöl

Wer zum Beispiel schon ein Glas Nutella gekauft hat, kennt den Aufdruck auf der Seite: ein grüner Baum mit der Aufschrift "100 percent RSPO-certified" - kurz RSPO. Das steht für Roundtable on Sustainable Palmoil.
Palmöl ist für die cremige Konsistenz vieler Schokoladenprodukte verantwortlich - und hat eine schwierige Vergangenheit: In den 1990ern boomte die Palmölproduktion, vor allem in Malaysia und Indonesien. Die Folge: Zwischen 1990 und 2005 entstand die Hälfte der neu angelegten Palmöl-Plantagen - dort, wo vorher Regenwald war. Unter anderem deshalb wurde der RSPO ins Leben gerufen.
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Das RSPO-Siegel verspricht, dass das verwendete Palmöl aus nachhaltiger Produktion stammt und auch indigene Gruppen in die Entscheidungsfindung beim Anbau einbezogen werden. Aber stimmt das?
Anna Leitner von Global 2000 steht dem Siegel zwiegespalten gegenüber: "Das Siegel ist eine Verbesserung, aber es gibt noch viel Luft nach oben vor allem was nachhaltige Anbaumethoden, die Bezahlung von Arbeiter*innen und Kontrollen vor Ort betrifft."

Die Doku "Greenwashed? Nutella: Das grüne Märchen von Ferrero" spürt der Frage nach, ob die Nachhaltigkeitsversprechen des Schoko-Imperiums wirklich gehalten werden. Sie können Sie am 22. Juni um 15:45 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streamingportal.

Bio-Siegel steht für ökologischen Anbau

Häufig auf Schokoladentafeln zu finden, ist das Bio-Siegel. Damit werden Lebensmittel gekennzeichnet, die nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau produziert und begutachtet werden. Das gilt auch für Kakao - die wichtigste Zutat für Schokolade.
Der Vorteil: Das EU-Siegel wird unabhängig überwacht - im Gegensatz zu vielen anderen Siegeln. "Viele große Unternehmen setzen auf unternehmenseigene Initiativen, die nicht extern kontrolliert werden", erklärt dazu Anna Leitner.
Kritik gibt es am EU-Biosiegel jedoch auch. Viele Experten finden die Anforderungen dafür zu lasch. Umweltorganisationen wie der BUND empfehlen deshalb, zusätzlich auf Bio-Siegel der Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland zu achten.
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Fairtrade-Siegel für gerechte Bezahlung

Wem die angemessene Bezahlung von Arbeiterinnen und Arbeitern ein Anliegen ist, der sollte beim Kauf von Schokolade auf das Fairtrade-Siegel achten. Es kennzeichnet Waren, die aus einem nach bestimmten Kriterien definierten fairen Handel stammen, bei deren Herstellung also fest definierte, soziale Kriterien eingehalten werden sollen.

Bei einem Fairtrade-Siegel kann ich tatsächlich darauf vertrauen, dass die Landwirt*innen wirklich besser bezahlt werden.

Anna Leitner, Umweltschutzorganisation "Global 2000"

Fotomontage mit Bananen, Plantage, Flugzeug und im Hintergrund der grün leuchtende Spur-Fingerabdruck.
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Das Fazit: Im Siegel-Dschungel bleibt es für Konsumentinnen und Konsumenten wohl weiterhin unübersichtlich. Expertin Anna Leitner empfiehlt, sich nicht von unternehmenseigenen Siegeln blenden zu lassen. Stattdessen solle man beim Kauf auf unabhängig kontrollierte Zertifizierungen setzen. Bio- und Fairtradesiegel seien dafür ein guter Anfang.

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