Paris: Frankreichs Hauptstadt will Bewohner vor Hitze schützen
Paris will grüner werden:Wie eine Metropole mit der Hitze kämpft
von Elisa Kautzky und Carolin Auen, Paris
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Die Hitzewelle von 2003 mit über 15.000 Toten war ein Weckruf für Frankreich. Auch deshalb will Paris zur grünen Hauptstadt werden. Doch wie viel hat sich tatsächlich getan?
Stadtwälder und Wasserspender: Damit die Hitzewellen aushaltbar werden, will Paris zur grünen Hauptstadt werden.
Quelle: action press
Menschen, die sich in den Schatten drängen, Krankenhäuser am Limit: Bei der Hitzewelle von 2003 starben mehr als 1.000 Menschen in Paris. Deutlich mehr, als im Rest des Landes.
Auch deshalb will Paris zur grünen Hauptstadt werden. Zumindest ist das der Plan von Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Seit 2014 treibt sie den Wandel in Paris an - und die Autos aus der Stadt.
In den nächsten 30 Jahren erwarten wir bei Hitzewellen in Paris, Temperaturanstiege auf bis zu 50 Grad.
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Anne Hildago, Bürgermeisterin Paris im September 2017
Doch wie viel hat sich seitdem tatsächlich getan?
Stadtwälder, Fahrradwege, Wasserspender
Verkehrsberuhigte Innenstadt, neue Grünflächen und Fahrradwege bis in die Banlieue - es tut sich was in der Stadt. Mehr als 130 schattenspendende Dächer und 1.200 Wasserspender wurden aufgestellt, Bushaltestellen und Straßen begrünt.
Paris hat eine Hitzeschutzhotline, stellt schattenspendende Dächer und Wasserspender auf, begrünt Straßen und Schulhöfe – doch die dichte Bebauung bleibt eine Herausforderung.12.06.2025 | 2:12 min
Direkt vor dem Hôtel de Ville, dem Pariser Rathaus, entsteht ein kleiner Wald mit 150 Bäumen, Farnen und Sträuchern. Noch liegen Schubkarren herum, hinter dem Bauzaun ragen bereits Eichen und Hainbuchen hervor. Am 21. Juni soll der Stadtwald eingeweiht werden.
Kleine grüne Flecken in der Stadt verteilt
Auf dem Place de Catalogne ist es bereits grün. Hier wurde vor einem Jahr ein Stadtwald eröffnet. Mit Sitzmöglichkeiten und einer Sprühnebelanlage, die im Sommer die Luft abkühlen soll. Die Anwohner*innen sind zufrieden:
"Hier war es vorher grau. Dass hier jetzt Bäume stehen, ist sehr gut," findet Urbanismus-Student Raphael Cabassus. "Das wird im Sommer wichtig sein, um die Hitze mit den Kindern zu ertragen," sagt Johanna Parra.
Starkregen, Hochwasser, Hitzerekorde - gerade Städte trifft der Klimawandel besonders heftig, mit teils gravierenden Auswirkungen auf die Bewohner.27.07.2024 | 29:45 min
"Der Place de Catalogne ist ein perfektes Beispiel dafür, dass in der Stadt die Natur wieder einen Platz bekommt", erklärt Victoire Lejzerzon vom Forschungszentrum CEREMA. Sie befasst sich mit der Bekämpfung von Wärmeinseln, die sich in der Stadt bilden und zur Gefahr werden können.
Die Hitzewellen in Paris und im Umland sind vor allem durch die Form der Stadt bedingt, die engen Straßen mit hohen Gebäuden
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Victoire Lejzerzon, Forschungszentrum CEREMA
Eine einzige Lösung gebe es nicht, vielmehr müssten weiterhin die verschiedenen Ansätze verfolgt werden: Begrünung, Bewässerung, Begünstigung von Rad und Fußverkehr gegenüber dem Auto.
Quelle: Umweltbundesamt, Initiative Klima Mensch Gesundheit
Schulhöfe als kühle Oasen
Wer an heißen Tagen etwas Schatten sucht, findet diesen in den "Cours Oasis" wie den der Grundschule Emeriau im 15. Arrondissement von Paris. "Jeden Samstag von Frühling bis Herbst ist unser Hof geöffnet, wie ein öffentlicher Park", erklärt die Direktorin Isabelle de Chauveron. Große Bäume spenden Schatten, ein angelegter Fluss bietet Gelegenheit, sich abzukühlen.
Der Klimawandel trifft Europa besonders stark: Wärmerekorde, Trockenheit, Überschwemmungen - der EU-Klimadienst Copernicus zieht in seinem neuen Bericht Bilanz für das Jahr 2024. 15.04.2025 | 2:41 min
Es war die Stadt Paris, die der Schule 2019 angeboten hatte, ihren Schulhof in eine Oase umzuwandeln. Ein Jahr später wurde der dunkle Asphaltboden durch einen durchlässigen Bodenbelag ersetzt und eine Kletterlandschaft aus Holz gebaut. Bis 2030 sollen 360 weitere Oasen-Höfe dazukommen.
Es fehlt ein gesamtheitliches Konzept
Für Yves Contassot, Co-Präsident der Umweltorganisation France Nature Environnement (FNE) ist das nicht genug: "Es gab einige Fortschritte, aber wir sind noch weit entfernt von dem, was eigentlich nötig wäre." Er hatte 2007 den ersten Klimaplan mit auf den Weg gebracht.
Die Hürden seien finanzieller und technischer Art. "Die Stadt kann nicht alles machen, weil sie nicht für alles zuständig ist: Für den Verkehr ist die Region verantwortlich, für die Wasserqualität der Seine die Metropole Grand Paris, für die Sanierung der Gebäude der Staat", sagt Contassot. Es fehle ein kohärenter Gesamtansatz. Doch der Staat ziehe sich aktuell eher aus der Umweltpolitik zurück, kürze das Budget für die energetische Sanierung. "Dabei geht es auch um den Abbau sozialer Ungleichheiten - und darum, dass man in Paris überhaupt noch gut leben kann", so Contassot.
Alarmistische Schlagzeilen warnen vor einem "historischen Dürresommer" mit "Endlos-Hitze". Lässt sich das jetzt schon prophezeien? Was sagen die Wettermodelle wirklich?