Interview
Elbfischer klärt auf:"Fisch wird nicht als Fischstäbchen gefangen"
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Fisch wird immer knapper: Nicht nur in den Meeren, sondern auch in Flüssen. Schuld daran sind zugebaute Uferzonen, Wehre und der Klimawandel. Ein Elbfischer will aufklären.
ZDFheute: Schon Ihre Vorfahren fischten vor dem Hohnstorfer Elbufer gegenüber von Lauenburg an der Elbe. Wie weit reicht Ihre Familienchronik zurück?
Eckhard Panz: Ich gehe davon aus, dass um 1700 meine Vorfahren im Fischereihandwerk tätig waren. Vor mehr als 400 Jahren, am 8. Mai 1597, übergab Herzog Franz von Sachsen, Engern und Westfalen dem Fischereiamt Lauenburg und Hohnstorf eine "Fischerrolle". Die Fischer erhielten damit die offizielle Fangerlaubnis.
1720 hat eine Catharina Panzen den Lauenburger Schiffer geheiratet, so steht es in einer alten Heiratsurkunde. Das war die Tochter von Hans Panzen. Früher hatte der Name noch die Endung -en dran, heute heiße ich nur noch Panz.
Quelle: ZDF
... ist der letzte Elbfischer im niedersächsischen Hohnstorf an der Elbe kurz vor Hamburg. Die Elbfischerei Panz hat eine 400-jährige Geschichte. Eckhard Panz' Urgroßvater und dessen Vorfahren ruderten und segelten einst in Holzbooten zu den Stellnetzen und Reusen am Elbufer.
ZDFheute: In der Fischereigenossenschaft Hohnstorf organisierten sich damals rund 20 Fischer. Sie sind der letzte, der noch die 25 Kilometer lange Pachtstrecke bewirtschaftet. Warum lohnt sich der Fischfang in der Elbe nicht mehr?
Panz: Viele Elbfischer gaben auf. Die Fänge gingen im vergangenen Jahrhundert immer mehr zurück. Vor allem die Wintermonate sind schwer, in denen man kaum etwas fängt, weil die klassischen Winterfische, wie Lachs und Quappen, nur noch in geringen Mengen vorkommen.
Aber meine Vorfahren haben davon gelebt. Die haben genug Quappen gefangen von Ende November bis Mitte März. Wenn ich heute so einen Fisch hätte, wäre ich froh, denn der hat festes, mageres Fleisch, weil der ja verwandt ist mit Dorsch und Kabeljau. Und der Lachs war irgendwann komplett weg.
Früher auf der Sandbank vor Hohnstorf, da haben die Fischer mit dem Zugnetz in zwei Kolonnen tonnenweise Lachs rausgeholt. Das können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen.
ZDFheute: Und heute? Können Sie denn von der Fischerei leben?
Panz: Für mich ist es heute auskömmlich. Ich erziele zwar keinen Spitzenverdienst, aber ich kann davon leben. Und wenn ich mal ein schlechtes Aal-Jahr habe, also mit 400 Reusen die Woche nur zehn Kilo Aale fische, dann ist das erbärmlich wenig. Da ist dann mal gerade das Spritgeld wieder drin und du hast nichts verdient.
Ich habe heute mehrere Standbeine. Und ich bin gerade dabei, Neues aufzubauen: touristische Sachen. Die Besucher finden es ganz schön, wenn ich vom Fischen komme und sie können in die Bünn gucken, was drin ist.
Außerdem möchte ich eine Art grünes Klassenzimmer anbieten. Dann setze ich Fische in einen Eimer und zeige, wie Aale rückwärts schwimmen können und dass Hechte und Zander beeindruckende Raubfischzähne haben. Oder wie Fische ausgenommen und filetiert werden, damit die Kinder verstehen, dass der Fisch nicht als Fischstäbchen gefangen wird.
ZDFheute: Welche Rolle spielt der Klimawandel?
Panz: Die Quappe hat ein Problem mit den Klimawandel, das ist ein Winterlaicher, der bei drei bis vier Grad Wassertemperatur ablaicht, genauso wie der Lachs. Die anderen Fischarten haben Winterruhe.
In unseren warmen Wintern sterben Quappen einfach weg, die sind Verlierer des Klimawandels. Gewinner ist der Wels. Der liebt es warm und ist dann auch laichfreudiger.
Der Schuppenkarpfen kommt ebenfalls gut mit höheren Temperaturen klar. Ich hole hier richtig große Exemplare raus. Der hat so ein tiefrotes Fleisch. Geschnitten, filetiert und ohne Haut sieht Karpfen aus wie Thunfisch. Das liegt an der Naturnahrung, der muss sich was suchen und ist durchtrainiert. Weil er hier im Fließgewässer schwimmt, hat der Karpfen eine gute Muskelmasse und null Fett.
Quelle: ZDF
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ZDFheute: Warum sind Ufer- und Flussbauwerke schlecht für Fischbestände?
Panz: Die Elbe wurde stark vertieft in den vergangenen 100 Jahren. Die Uferzonen sind zugebaut mit Siedlungen und Industrieanlagen. Die Überflutungsfläche ist zu 90 Prozent zurückgegangen. So wie hier sind die Flüsse überall eingeschnürt.
Das Urstromtal der Elbe ist hier eigentlich 50 Kilometer breit. Auwälder und Flussauen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zerstört worden. Kein Wunder, dass der Nachwuchs Probleme hat, hochzukommen.
Denn viele Fischarten laichen im Frühjahr auf überschwemmten Wiesen. Darin entwickeln sich auch zum großen Teil die Jungfische. Dazu kommen Wehre und Schleusen, die für alle wandernden Fischarten nur schwer zu überwinden sind. Fische brauchen freie Flüsse.
Das Interview führte Britta Kunft.
Quelle: dpa
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