Lipödem: Symptome und Behandlung der chronischen Erkrankung
Dicke Beine trotz Diät und Sport:Lipödem erkennen und behandeln
von Julia Tschakert
|
"Mach doch mal Sport! Iss weniger!" Diese Ratschläge sind für Betroffene mit Lipödem Alltag, denn oft wird die Krankheit mit einer Adipositas verwechselt. Was wirklich helfen kann.
Die Schwestern Celine und Jona leiden am Lipödem. Celine hat schon fünf Eingriffe hinter sich. Jona hofft, dass die Krankenkasse die Kosten auch bei ihr übernimmt.20.05.2025 | 6:29 min
Quälende Schmerzen, ein ständiges Schweregefühl: Das sind typische Symptome für das Lipödem, eine chronische Erkrankung des Unterhautfettgewebes. Betroffen sind fast ausschließlich Frauen. Schätzungsweise zehn Prozent sind hierzulande erkrankt, meist an Armen und Beinen.
Oft haben die Frauen nicht nur mit der krankhaften Fettverteilungsstörung zu kämpfen, sondern auch mit der Krankenkasse. Denn die bezahlt Operationen, die Linderung bringen könnten, derzeit nur im letzten Stadium.
Ursachen für Lipödem unklar
Häufig wird ein Lipödem mit starkem Übergewicht verwechselt. Die Erkrankten versuchen alles, um abzunehmen. Typisch für die Erkrankung ist jedoch, dass Diäten an den betroffenen Stellen meist kaum Erfolg zeigen.
Seit 2013 veröffentlicht Katrin Videos auf YouTube, mittlerweile hat sie tausende Zuschauer. An ihrem Sehnsuchtsort Den Haag erzählt sie unter anderem von ihrer Krankheit Lipödem.15.01.2025 | 8:28 min
Als ein Auslöser wird eine hormonelle Umstellung, etwa in der Pubertät, in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren, vermutet. Ein Lipödem kann auch weitervererbt werden, erklärt Anke Dörr, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie am Nardini Klinikum Zweibrücken.
Es ist relativ häufig, dass Geschwister, Mutter, Tanten oder Oma, auch die väterlicherseits, mit betroffen sind.
„
Anke Dörr, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Millionen Frauen in Deutschland kommen oder sind in den Wechseljahren. Doch viele von ihnen haben kaum eine Vorstellung, was auf sie zukommt.18.03.2025 | 28:43 min
Typische Symptome eines Lipödems
Beim Lipödem ist die Fettgewebsverteilung gestört. Typisch ist eine Vermehrung des Fettgewebes an Beinen und/oder Armen. Rumpf, Hände, Füße, Gesicht und Hals sind nicht betroffen. In der Folge kommt es oft zu Druckschmerzhaftigkeit und einem Schweregefühl. Auch die Neigung zu Hämatomen sowie zu Hautwülsten oder -rollen an Knöcheln und/oder Handgelenken ist häufig.
Die Entwicklung eines Lipödems ist langsam und kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Ob es generell eine Progression, also ein Fortschreiten der Erkrankung gibt, ist umstritten. Um ein Lipödem zuverlässig zu diagnostizieren, sind Phlebologen, Gefäßspezialisten und Lymphologen geeignete Ansprechpartner. Die Erkrankung wird in verschiedene Stadien unterteilt.
Lipödem: Einteilung in drei Stadien
Stadium I ist gekennzeichnet durch feinknotige, leicht wellige Haut, ähnlich einer Cellulite. Meist besteht schon eine Druckschmerzempfindlichkeit der betroffenen Stellen.
Typisch für Stadium II: Die Haut wird zunehmend grobknotiger, unebener und die Hautoberfläche überwiegend wellenartiger. Der Umfang der betroffenen Körperteile nimmt zu, ebenso die Druckschmerzempfindlichkeit und die Neigung zu Blutergüssen (Hämatomen).
In diesem Stadium haben Betroffene eine ausgeprägte Umfangsvermehrung mit überhängendem Fettgewebe, eine sogenannte Wammenbildung. Sind die Beine vollständig betroffen, spricht man auch von einer "Elephantiasis".
Gerade im Stadium III drohen Folgeschäden. So kann es etwa zu Lymphabflussstörungen, orthopädischen Erkrankungen sowie zu dermatologischen Komplikationen und psychischer Belastung kommen.
Wer beim Gehen immer wieder starke Schmerzen in den Beinen hat, könnte an der Schaufensterkrankheit leiden. Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann sie gefährlich werden.03.06.2024 | 5:10 min
Behandlung des Lipödems: Konservative Maßnahmen
Nach der Diagnose erfolgt zunächst eine konservative Therapie. Sie soll die Schmerzen und Wassereinlagerungen im Gewebe, die Ödeme, minimieren. An erster Stelle steht dabei das Tragen von Kompressionskleidung.
Das ist Voraussetzung für den abschwellenden Effekt regelmäßiger Bewegung, etwa Schwimmen. Auch manuelle Lymphdrainage verspricht nur unter Kompression einen dauerhaften Effekt zur Linderung der Symptome. Daneben ist eine Ernährungsumstellung Teil der Behandlung.
Liposuktion: Wann ist die Operation sinnvoll?
Bestehen trotz konservativer Therapie auch nach einem halben Jahr noch Beschwerden, kann eine OP in Betracht gezogen werden. Dabei wird das krankhafte Fettgewebe durch Fettabsaugung (Liposuktion) entfernt. Behandlungsziel ist vor allem eine Reduktion der Beschwerden.
Es geht nicht so sehr darum, die Beine schlank zu kriegen, sondern das Unterhautfettgewebe ausreichend zu entfernen.
„
Anke Dörr, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Bei dem Eingriff werden den Patientinnen bis zu acht Prozent ihres Körpergewichts an Fettgewebe abgesaugt.
Ärzte beraten, ob das Lipödem auch als chronische Schmerzerkrankung anerkannt werden soll.16.10.2024 | 1:32 min
Chancen und Risiken der Liposuktion
Neben den üblichen OP-Risiken können nach einer Liposuktion Schwellungen, Blutergüsse und Schmerzen auftreten, sie klingen aber meist nach einigen Wochen ab. Zudem kann es zu Wundheilungsstörungen und temporären Empfindungsstörungen kommen, in seltenen Fällen auch zu Infektionen, Narbenbildungen, Thrombosen oder Fettembolien.
Die Liposuktion wird seit Januar 2020 in bestimmten Fällen von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt. Und zwar bei Frauen, die ein Lipödem im Stadium III haben und einen Body-Mass-Index (BMI) von unter 35. Die Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist bis zum 31. Dezember 2025 befristet. Danach soll auf Basis einer Studie über Nutzen und Risiken der Liposuktion neu entschieden werden.
Im Regelfall sind mehrere Eingriffe nötig. Häufig haben Frauen im Stadium III allerdings einen BMI von über 35, weil die Fettwucherungen diesen schnell in einen krankhaften Bereich rutschen lassen. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Einzelfallentscheidung zu beantragen. Wird die OP aber nicht genehmigt, müssen die Frauen die Eingriffe selbst zahlen.
Eine Liposuktion könne auch schon in frühen Stadien Symptome wie Schmerzen verbessern, sagt Anke Dörr. Zudem habe die frühe OP einige Vorteile.
Die Haut ist nicht so ausgeleiert und es ist auch vom Volumen her viel weniger, sodass eine Straffungsoperation im Anschluss meist nicht nötig ist.
„
Anke Dörr, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Leben mit Lipödem
Ein Lipödem ist nicht heilbar und letztendlich weiß keiner, ob es wiederkommen kann, weil die krankhaften Fettzellen sich nicht nur vergrößern, sondern auch vermehren können. Die Erkrankung lässt sich aber mit einem entsprechenden Behandlungskonzept und einer Liposuktion in der Regel gut behandeln, sodass die Betroffenen auch dauerhaft schmerzfrei sein können.
Julia Tschakert ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne-Service täglich".
Diabetologe Professor Stephan Martin im Gespräch zu Anwendungsmöglichkeiten von Ozempic und Wegovy in der Therapie von Adipositas.
04.03.2024 | 6:42 min
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.