Morbus Crohn: Wenn der Darm chronisch entzündet ist
Chronisch entzündeter Darm:Morbus Crohn - der ständige Gang zur Toilette
von Gunnar Fischer
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Morbus Crohn ist eine unheilbare Erkrankung, die alle Abschnitte des Verdauungstraktes betreffen kann. Mit hochwirksamen Medikamenten können Betroffene heute gut behandelt werden.
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Heftige Bauchkrämpfe, Übelkeit, dazu schleimige oder blutige Durchfälle - und das über Wochen: Betroffene mit Morbus Crohn müssen bis zu 30-mal pro Tag auf die Toilette. Nicht selten trauen sie sich deswegen kaum noch aus dem Haus. Zu groß ist die Sorge, die nächste Toilette nicht rechtzeitig zu erreichen.
Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Sie kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Neben körperlichen Strapazen ist ihr Alltag von Ängsten, Scham und Unsicherheiten geprägt.
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Morbus Crohn tritt in Schüben auf
Aktuell leiden allein in Deutschland etwa 300.000 Menschen an Morbus Crohn. Die Erkrankung bricht meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr aus. In der Regel verläuft sie in Schüben: Beschwerdefreie Phasen folgen auf einen meist zeitlich begrenzten, akuten Ausbruch. Der gesamte Magen-Darm-Trakt kann betroffen sein.
An welchen Stellen und in welcher Intensität die Entzündungen auftreten, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und nur schwer vorhersehbar. Am häufigsten kommt es zu Entzündungen im unteren Dünndarm und Dickdarm.
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Schwere Komplikationen durch Morbus Crohn
Durch die permanenten Entzündungen der Darmschleimhaut kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, erklärt Robert Ehehalt, niedergelassener Internist und Gastroenterologe. Das Hauptproblem der Erkrankung bestehe darin, dass es bei anhaltender Entzündung zu einem Strukturschaden des Darms komme.
Im schlimmsten Fall können dann Fisteln, Darmgeschwüre oder Darmverengungen, sogenannte Stenosen, entstehen, die zu einem lebensbedrohlichen Darmverschluss führen können.
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Prof. Dr. Robert Ehehalt, Gastroenterologe
Außerdem drohe bei einer bakteriellen Infektion eine Sepsis, die lebensgefährlich sei, so Ehehalt weiter.
Die Erkrankung Morbus Crohn beschränkt sich nicht nur auf den Magen-Darm-Trakt. Auch andere Organe können betroffen sein:
Bei etwa einem Drittel der Patienten kommt es zu einer Arthritis, einer Entzündung der Gelenke. Sie tritt vor allem an Schulter, Hüfte, und Knie sowie an Händen und Füßen in Erscheinung. Betroffene klagen über unerträgliche Gelenk- und Gliederschmerzen, die ihre Bewegungs- und körperliche Arbeitsfähigkeit massiv beeinträchtigen. Zudem kann die Wirbelsäule betroffen sein.
Auch Entzündungen der Iris (Iridozyklitis) oder der Netzhaut (Uveitis) können mit Morbus Crohn in Zusammenhang stehen. Sie machen sich durch Schmerzen, Lichtempfindlichkeit oder Rötungen im Auge bemerkbar.
Gelegentlich kommt es zu einer Entzündung des Unterhautfettgewebes, die mit einer Knotenbildung und Rötung an der Haut einhergeht und zu Hautveränderungen an den Streckseiten der Unterschenkel führt. Auch schmerzhafte Geschwürbildungen (Pyoderma gangraenosum) an der Haut können auftreten.
Ursache für Morbus Crohn
Warum Morbus Crohn entsteht, ist nicht restlos geklärt. Womöglich führen eine gestörte Schleimhautbarriere des Darms und ein fehlgeleitetes Immunsystem dazu, dass die Darmschleimhaut dauerhaft angegriffen und zerstört wird.
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Für den Ausbruch der Erkrankung spielen genetische Faktoren, ein verändertes Mikrobiom, aber auch äußere Einflüsse wie die Ernährung eine Rolle.
Ziel der Therapie: Krankheit kontrollieren
Da Morbus Crohn nicht heilbar ist, liegt der Fokus der Behandlung darauf, die akute Entzündung schnell einzudämmen, die Symptome zu lindern und die Krankheit unter Kontrolle zu bringen. Dafür stehen einige Therapieoptionen zur Verfügung. Zudem kommen je nach Schwergrad verschiedene Wirkstoffe in Betracht.
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Da die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich sind, ist die Behandlung oft sehr individuell. Neben Medikamenten wie Kortison und Aminosalicylaten werden bei ausbleibendem Erfolg verstärkt moderne Wirkstoffe wie Biologika und sogenannte Small Molecules eingesetzt.
Morbus Crohn: Medikamente im Überblick
Zu den konventionellen Medikamenten zählt Kortison, das wegen der starken Nebenwirkungen in der Regel aber nur während der akuten Schubphase und nicht als Dauertherapie eingesetzt wird.
Aminosalicylate sind eine Gruppe von Medikamenten, die den Wirkstoff 5-Aminosalicylsäure (5-ASA) beinhaltet. Sie sollen die entzündete Darmschleimhaut zum Abheilen bringen, sodass sich neues Gewebe bilden kann. Aminosalicylate werden bei einem milden Verlauf von Morbus Crohn angewendet. Im Gegensatz zu Kortison können sie nach einem akuten Schub als Dauertherapie eingesetzt werden, um die Erkrankung in Schach zu halten.
Bei einem schweren Verlauf werden Immunsuppressiva verabreicht, die die Reaktionen des gestörten Immunsystems insgesamt unterdrücken und dadurch auch die Entzündung hemmen sollen.
In Deutschland wurden in den letzten Jahren verschiedene Biologika zur Behandlung von Morbus Crohn zugelassen. Während eine Gruppe den entzündungsfördernden Botenstoff TNF-Alpha blockieren, binden andere Wirkstoffe den Botenstoff Interleukin. Darüber hinaus gibt es Biologika, die das Einwandern von Entzündungszellen in die Darmwand unterbindet.
Small Molecules bedeutet übersetzt „kleine Moleküle“. Es handelt sich um Wirkstoffe mit besonders niedriger Molekülmasse, die in das Zellinnere eindringen können und dort ihre Wirkung entfalten. Zu den Small Molecules zählen unter anderem die sogenannten JAK-Inhibitoren. Sie greifen zielgerichtet in das Immunsystem ein, indem sie bestimmte Enzyme, die Januskinasen (JAK), blockieren. Dadurch wird die Weiterleitung von Entzündungssignalen und damit auch der Krankheitsprozess gestoppt.
Mit der Zunahme der zugelassenen Medikamente haben sich auch die Behandlungsmöglichkeiten für Morbus Crohn-Patienten deutlich verbessert. Allerdings ist es eine große Herausforderung, die individuell passende Therapie zu finden.
Der eine Patient spricht gut auf ein Biologikum an, der andere gut auf einen JAK-Inhibitor.
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Prof. Dr. Robert Ehehalt, Gastroenterologe
Welche Therapie für wen am besten geeignet sei, finde man meist nur durch Ausprobieren heraus, so der Gastroenterologe.
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Wann operiert werden muss
Gelingt es nicht die Entzündung im Darm medikamentös in den Griff zu bekommen, müssen kranke Darmabschnitte entfernt werden. Damit wird der Entzündungsherd ausgeschaltet und einer weiteren Zerstörung des Darms vorgebeugt. Ziel ist es, nur das erkrankte Gewebe zu entfernen und möglichst viel gesunden Darm zu erhalten.
Weitere Gründe für einen chirurgischen Eingriff können Komplikationen wie Fistelbildungen, Stenosen oder ein Darmverschluss sein, der einen Notfall darstellt. Ist der Darm stark geschädigt oder mussten große Teile entfernt werden, kann eine Versorgung mit einem künstlichen Darmausgang (Stoma) erforderlich sein.
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Quelle: dpa
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