CSU-Politikerin und Aktivistin streiten über "Stadtbild"-Aussage

CSU-Politikerin und Aktivistin streiten:"Stadtbild"-Aussage: Wahrheit oder Gegeneinander-Ausspielen?

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Mit der "Stadtbild"-Äußerung habe Kanzler Merz die Wahrheit ausgesprochen, meint Nicola Gehringer von der Jungen Union. Aktivistin Daniela Sepehri widerspricht im Streitgespräch.

Nicola Gehringer und Daniela Sepehri über VideoCall zugeschaltet ins ZDFheute Live Studio.

Kritiker werfen Merz vor, Vorurteile zu schüren. Die CDU hält weitgehend zu ihm. Bei ZDFheute live diskutiert die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union mit einer Merz-Kritikerin.

21.10.2025 | 19:03 min

Nach den umstrittenen "Stadtbild"-Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz haben am Dienstagabend Tausende Menschen in Berlin vor der Parteizentrale der CDU protestiert. Zu der Veranstaltung unter dem Motto "Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter" hatte das Bündnis "Zusammen gegen Rechts" aufgerufen.

Den Aufruf unterstützte auch die Aktivistin und Journalistin Daniela Sepehri. Sie diskutierte bei ZDFheute live mit Nicola Gehringer (CSU) aus dem Bundesvorstand der Jungen Union über Merz’ Äußerungen. Dieser hatte im Zusammenhang mit Migration von einem "Problem im Stadtbild" gesprochen und seine Aussage mit den Worten "Fragen Sie mal Ihre Töchter" gegen Kritik - auch aus den Reihen der CDU - verteidigt.

Sehen Sie das Streitgespräch oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen:

Sepehri warf Merz in dem Streitgespräch vor, sich nur um die Sicherheit von Frauen zu sorgen, wenn dies "ins rassistische Weltbild passt". "Da lasse ich mich als Frau natürlich nicht dafür instrumentalisieren", sagte sie. Tatsächlich seien Frauen und Töchter in Deutschland nicht sicher.

Das Problem sind aber nicht Migrant*innen, das Problem sind Männer.

Daniela Sepehri, Aktivistin

“Zahlreiche Demonstranten versammeln sich auf dem Pariser Platz.

Bundeskanzler Merz wird nach seiner "Stadtbild"-Aussage weiter kritisiert: Die Türkische Gemeinde warf ihm vor, zu polarisieren, die Grünen sprechen von "rechter Stimmungsmache".

22.10.2025 | 0:28 min

Politikerin Gehringer widersprach: In der Vergangenheit habe die Politik in Bezug auf Migration zu häufig beschönigt. "Der Bürger kriegt das ja mit, [...] dieses Stadtbild, und fragt sich, warum das nicht angesprochen wird." Jetzt werde dies mal offen ausgesprochen, und die Mehrheit der Bürger sage: richtig so, meinte Gehringer. Der Kritik an Merz' Äußerung könne sie daher "nichts abgewinnen".

Gewalt gegen Frauen ist in so vielerlei Hinsicht ein Problem, [...] aber man muss eben auch die Wahrheit ansprechen, und dazu gehört diese Stadtbild-Aussage.

Nicola Gehringer, Junge Union

Angst vor öffentlichen Verkehrsmitteln

Einig waren sich die Frauen darin, selbst nachts Angst davor zu haben, rauszugehen. Sie meide öffentliche Verkehrsmittel, sagte Gehringer, "wegen Gruppen von Männern". Ob diese einen Migrationshintergrund hätten, sei dabei "zweitrangig", räumte die stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Union ein.

Aber man hat eben eine andere Erwartungshaltung an Menschen, denen wir Schutz bieten, und die diese Haltung nicht gerade positiv fördern.

Nicola Gehringer, Junge Union

Tim Klüssendorf Symbolbild

Nach seiner umstrittenen "Stadtbild"-Aussage zum Thema Migration wächst der Druck auf Bundeskanzler Merz – auch aus den eigenen Reihen. SPD-Vertreter sprechen von Spaltung.

21.10.2025 | 1:40 min

Sepehri warf der Bundesregierung vor, eigentlich kein Interesse daran zu haben, Frauen nachts auf dem Heimweg zu schützen. In Bezug auf die Sicherheit von Frauen gebe es viele strukturelle Probleme wie häusliche Gewalt und Femizide. Bei Frauenhäusern rechne die Bundesregierung aktuell mit einer Finanzierungslücke.

Wir sehen immer wieder, dass für den Schutz von Frauen politisch nichts getan wird, außer es geht darum, Rassismus zu schüren.

Daniela Sepehri, Aktivistin

Gehringer: Sicherheitsgefühl "hängt auch mit Migration zusammen"

"Wir müssen mehr tun für die Sicherheit im öffentlichen Raum", räumte Gehringer ein, angefangen etwa bei der Straßenbeleuchtung oder Videoüberwachung, "damit wir die Verdrängung von Frauen aus dem öffentlichen Raum unterbinden können".

Daneben erwarte sie aber insbesondere von Männern, für die das "Gastrecht" in Deutschland gelte, "dass sie sich anständig aufführen". Einlasskontrollen in Schwimmbädern oder Sicherheitskontrollen auf Weihnachtsmärkten seien vor ein paar Jahren noch nicht nötig gewesen, so Gehringer. Diese Veränderung hänge auch mit Migration zusammen.

dennis-radtke

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stößt auch in der eigenen Partei mit seinen "Stadtbild"-Äußerungen auf Kritik. "Viele Probleme im Stadtbild lassen sich nicht auf Migration zurückführen", so Dennis Radtke (Chef des CDU-Sozialflügels).

21.10.2025 | 4:25 min

Der Bundeskanzler habe die Pflicht, die Wahrheit auszusprechen, betonte Gehringer - auch wenn die "Stadtbild"-Aussage den Menschen Unrecht tue, die ihr Bestes gäben, sich zu integrieren. Dennoch seien Abschiebungen, wie Bundesinnenminister Alexander Dobrindt sie plane, "teilweise auch eine Lösung".

Wir können den Bürgern nicht erklären, warum die Verfahren so lange dauern.

Nicola Gehringer, Junge Union

Sepehri: Abschiebungen treffen die Falschen

"Wen schieben wir ab?", warf Sepehri ein und nannte den Fall einer 60-jährigen Frau aus Bayern, die sie kürzlich vor ihrer Abschiebung betreut habe und die in ihrem Heimatland wohl wieder auf ihren gewaltbereiten Ex-Mann treffen werde.

Friedrich Merz bei der Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Praesidiumsklausur der CDU im Konrad-Adenauer-Haus.

Kanzler Merz hat seine umstrittenen "Stadtbild"-Aussagen bekräftigt.

21.10.2025 | 3:55 min

Für Abschiebungen nach Afghanistan nehme die Bundesregierung zudem in Kauf, dass Vertreter der Taliban nun in Botschaften und Konsulaten sitzen könnten, kritisierte Sepehri. Hintergrund sind Berichte, nach denen die Regierung in Kabul die Taliban-Fahne an der afghanischen Botschaft in Berlin hissen will.

Die "Stadtbild"-Debatte ist für Sepehri zu kurz gegriffen: Auch unbezahlbare Mieten oder die Klimakrise gäben ein Gefühl von Unsicherheit. "Ich würde mir wünschen, dass wir Menschen nicht mehr gegeneinander ausspielen. Für all die Probleme in diesem Land sind nicht Migranten oder einzelne Menschengruppen verantwortlich."

Die Interviews führte ZDFheute live-Moderatorin Alica Jung. Zusammengefasst hat sie Anja Engelke.

Quelle: ZDF

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