Afghanistan-Veteran: Wut über mögliche Taliban-Fahne in Berlin

Afghanische Botschaft :Taliban-Fahne in Berlin? "Macht mich wütend"

von Dominik Rzepka
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Weht vor der afghanischen Botschaft in Berlin bald die Taliban-Fahne? Für Robert Müller wäre das ein Skandal. Der Afghanistan-Veteran verlangt von der Regierung, das zu verhindern.

Ein Mann hält Taliban-Fahnen in der Hand (Archivbild)

Berichten zufolge will die Regierung in Kabul die Taliban-Fahne vor der afghanischen Botschaft in Berlin hissen.

Quelle: AP

Es ist jetzt über 20 Jahre her, dass Robert Müller bei einer Raketenexplosion in Afghanistan schwer verletzt wird. Fünf seiner Kameraden sterben, er selbst wird ausgeflogen. Drei Mal war Müller insgesamt in Afghanistan - 2002, 2003 und 2005. Er habe an den Einsatz geglaubt, sagt er.

Wir haben Deutschlands Freiheit am Hindukusch verteidigt, das Land stabilisiert und die Taliban vertrieben. Wir haben versucht, in Afghanistan eine Struktur aufzubauen.

Robert Müller, Berufssoldat

Heute ist Müller fassungslos. Allein der Gedanke, dass vor der afghanischen Botschaft in Berlin bald die weiße Fahne eben jener Taliban wehen könnte, die er einst bekämpft hat, sei unvorstellbar. "Das macht mich wütend", sagt er.

Gerade für uns Veteranen, die 20 Jahre in Afghanistan gekämpft haben, ist das ein Hohn. Das wollen wir uns nicht gefallen lassen.

Robert Müller, Berufssoldat

HANDOUT - 13.10.2021, Berlin: Ein Soldat trägt das Verbandsabzeichen des Wachbataillons bei der Kranzniederlegung in der Cella, dem Ehrenmal der Bundeswehr, in Gedenken an die 59 in Afghanistan gefallenenen Einsatzkräfte. Die Feierstunde erfolgte aus Anlass der Beendigung und Würdigung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan. Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr/BMVG/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

Nach der Machtübernahme der Taliban 2021 musste die Bundeswehr das Land überstürzt verlassen. Der Abschlussbericht des Untersuchungs-Ausschusses zeigt: Vieles ist schiefgelaufen.

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Weht in Berlin bald die Taliban-Fahne?

Grund für Müllers Zorn sind Berichte, nach denen die Regierung in Kabul die Taliban-Fahne bald in Berlin hissen will. Das ARD-Studio Südasien beruft sich auf eine entsprechende Aussage aus dem afghanischen Außenministerium.

Die afghanische Botschaft im Berliner Grunewald ist für Anfragen derzeit nicht erreichbar. Auf der Webseite kommuniziert die Botschaft entsprechende Pläne nicht. Stattdessen heißt es, die Fahne Afghanistans bestehe aus drei gleich großen Teilen aus den Farben schwarz, rot und grün.

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Auswärtiges Amt: Keine Kenntnis von Plänen

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, Pläne zum Hissen der Taliban-Fahne seien nicht bekannt. Die Bundesregierung spricht sich allerdings dafür aus, dass vor der Botschaft auch weiterhin die schwarz-rot-grüne Fahne verwendet wird:

Wir haben der afghanischen Seite klar unsere Erwartung kommuniziert, dass die Botschaft weiterhin Titel sowie Insignien der Islamischen Republik Afghanistan verwendet.

Auswärtiges Amt

Aber hätte Berlin überhaupt die Möglichkeit, das Hissen der Taliban-Fahne zu verbieten? Schwierig. Denn im sogenannten "Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen" heißt es sinngemäß, dass ein Land die Flagge zum Beispiel an der Residenz des Botschafters hissen darf. Und an dessen Auto.

Bundesaußenminister Johann Wadephul, CDU, im Berlin-direkt-Interview

In der Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan sagt der Außenminister im ZDF: "Wir führen Gespräche in Doha, also in Katar", so Wadephul, "und anderswo zum jetzigen Zeitpunkt nicht".

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Kritik von AfD und Linkspartei

Inzwischen hat die Diskussion den Bundestag erreicht. Der AfD-Abgeordnete Gerold Otten etwa kritisiert eine "fortschreitende Normalisierung des radikalen Islam in unserem Land". Er nimmt dem Auswärtigen Amt nicht ab, von den möglichen Plänen Kabuls keine Kenntnis zu haben und spricht von einem "diplomatischen und sicherheitspolitischen Armutszeugnis".

Es wäre eine "politische und moralische Schande", sollte tatsächlich die Fahne der Taliban über Berlin wehen, sagt auch die Linken-Abgeordnete Cansu Özdemir. Jahrelang habe sich Deutschland am Krieg gegen die Taliban in Afghanistan beteiligt.

Und nun ist die Bundesregierung bereit, genau diese Islamisten zu normalisieren - nur um Abschiebungen zu ermöglichen.

Cansu Özdemir, Linke

polizeibeamte begleiten einen afghanen auf dem flughafen leipzig-halle in ein charterflugzeug.

Die Bundesregierung will die Rückführungen nach Afghanistan deutlich ausweiten. Gespräche laufen schon auf technischer Ebene mit afghanischen Vertretern.

14.09.2025 | 1:35 min

Müller fordert Eingreifen der Regierung

Özdemir fordert die Bundesregierung auf, alles zu tun, um das Hissen der Taliban-Fahne in Berlin zu unterbinden. Eine Forderung, der sich auch Robert Müller anschließt. Er glaube nicht, dass der Bundesregierung die Hände gebunden seien.

Zu sagen, wir haben keine Möglichkeit, ist Blödsinn.

Robert Müller, Berufssoldat

Müller fühlt sich zu wenig wahrgenommen. Als im Jahr 2021 der letzte Flieger aus Afghanistan nach Hause gekommen sei, sei kein Abgeordneter dabei gewesen, sagt er. Und jetzt habe er schon wieder das Gefühl, die Politik interessiere sich nicht für die Afghanistan-Veteranen.

Frauen in Afghanistan

In Afghanistan wird Ärzten von Hilfsorganisationen von den Taliban verboten zu arbeiten. Immer mehr Kliniken müssen schließen. Es sind vor allem die Frauen, die darunter leiden.

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