"Stadtbild"-Debatte geht weiter:Dobrindt verteidigt Merz - CDU-Sozialflügel kritisiert ihn
Nach umstrittenen Aussagen von Kanzler Merz zur Migration stellt sich Innenminister Dobrindt hinter ihn. Doch die Kritik reißt nicht ab - und kommt sogar aus der CDU selbst.
Eine Formulierung mit Sprengkraft: Die "Stadtbild"-Äußerung von Kanzler Merz sorgt weiter für Empörung – Kritiker sehen darin pauschale Herabwürdigung von Migranten.
21.10.2025 | 2:03 minIn der von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ausgelösten Debatte um Migration und Probleme im "Stadtbild" hat sich Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) klar an die Seite des Kanzlers gestellt. Der "Bild" sagte er:
Dass illegale Migration das Erscheinungsbild unserer Städte verändert, entspricht dem normalen Empfinden vieler Menschen - und ich halte es auch für eine Tatsache.
Alexander Dobrindt (CSU), Bundesinnenminister
Die Bundesregierung sorge mit der eingeleiteten Migrationswende dafür, dass Städte, Gemeinden, Kitas, Schulen und das Gesundheitssystem spürbar entlastet würden. Das sei "eine Frage des Respekts und der Verantwortung gegenüber unserem Land".
In der Bevölkerung wird die Merz "Stadtbild"-Aussage zur Migrationspolitik kontrovers diskutiert. In Köln und Schwerin haben wir bei den Menschen nachgefragt.
21.10.2025 | 1:49 minSPD: Merz' Worte "schwer erträglich"
Der Kanzler war vor einer Woche in Potsdam von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Merz sagte daraufhin unter anderem, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. "Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen."
Was konkret Merz mit "dieses Problem" meinte, blieb unklar. Auf Nachfrage sagte der Kanzler am Montag: "Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort."
Die Äußerung war zunächst von Teilen der Opposition und vom Koalitionspartner SPD kritisiert worden. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf kritisierte die Worte als "schwer erträglich". Es gebe in Deutschland Probleme, die dürfe man benennen. "Aber das alles immer wieder auf eine Frage zurückzuführen, auf die Frage der Migration, und da so viel miteinander zu vermengen und zu pauschalisieren - das spaltet und das zerstört Vertrauen", sagte er in der ntv-Talkshow "Pinar Atalay".
Kritiker werfen Merz vor, Vorurteile zu schüren. Die CDU hält aber zu ihm. Bei ZDFheute live diskutiert die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union mit einer Merz-Kritikerin.
21.10.2025 | 19:03 minCDU-Sozialflügel kritisiert Merz
Doch auch in der eigenen Partei stößt Merz auf Kritik: Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, sagte im Mittagsmagazin des ZDF, es gebe zwar ein Problem im Stadtbild. Es sei aber falsch, die Erwartung zu wecken, dass sich das mit mehr Rückführungen lösen ließe. Viele Probleme ließen sich nicht auf illegale Migration zurückführen.
Drogensüchtige, Mackertum bei Jugendlichen - das sind Probleme, die werden wir nicht einfach abschieben können. Das hat nicht immer was mit der Legalität des Aufenthalts zu tun.
Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA)
Das Interview mit Dennis Radtke (Chef des CDU-Sozialflügels) in voller Länge.
21.10.2025 | 4:25 minDemo an Parteizentrale der CDU
Die Äußerungen des Kanzlers wurden von vielen als diskriminierend wahrgenommen. Die 29-jährige Klima-Aktivistin Luisa Neubauer schrieb auf Instagram, die "40 Millionen Töchter in diesem Land" hätten "keinen Bock, [...] als Vorwand oder Rechtfertigung missbraucht zu werden für Aussagen, die unterm Strich einfach diskriminierend, rassistisch und umfassend verletzend waren".
Die Berliner Polizei bestätigte, dass für diesen Dienstag eine Demonstration an der CDU-Bundeszentrale angemeldet wurde. Das Motto: "Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter". Am Sonntag hatte es bereits eine Demo unter dem Motto "Brandmauer hoch! Wir sind das Stadtbild" am Brandenburger Tor in Berlin gegeben.
Demonstration in Berlin
Am Sonntag haben laut Polizei etwa 1.800 Menschen gegen Merz' Stadtbild-Aussage in Berlin demonstriert.
Quelle: epaMehr zu Merz und Migration
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