Sondervermögen: Wo Geld für Infrastruktur nötig ist

Kommunen in Finanznot:Wo das Geld dringend nötig ist

Mona Trebing
von Mona Trebing
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Marode Straßen, kaputte Sportplätze: Geld für Infrastruktur fehlt. 100 Milliarden Euro vom Bund sollen Ländern und Kommunen helfen. Wie sie ankommen, entscheidet der Bundestag.

Renovierungsbedürftige Schule in Suhl

100 Milliarden aus dem Sondervermögen des Bundes für Länder und Kommunen. Doch was kommt am Ende bei den Städten an? Im Osten wie im Westen haben viele Städte immensen Investitionsstau.

04.10.2025 | 4:40 min

Wer im vergangenen Jahr Fußball auf dem Kunstrasenplatz Haseltal im thüringischen Suhl spielen wollte, hatte schlechte Karten. Letzten Herbst sackte der Boden ab, weil die unterirdische Verrohrung eingebrochen ist. Seitdem ist der Platz gesperrt. Eine Reparatur ist kompliziert und der Stadt fehlt das Geld.

Die Investitionslöcher werden spürbar

An vielen Stellen in Suhl, am Rande des Thüringer Waldes, klaffen solche Investitionslöcher. Manche mehr, manche weniger sichtbar. Doch das fehlende Geld wird für die Menschen vor Ort immer spürbarer. Vor allem beim Zustand der Straßen und Wege. Der Suhler Oberbürgermeister André Knapp (CDU) sagt:

Wenn die älteren Bürger mit dem Rollator über die Wege laufen wollen und das funktioniert nicht, weil ein Schlagloch das andere jagt, dann ist das ein Zustand, der etwas mit den Menschen hier macht.

André Knapp (CDU), Oberbürgermeister Suhl

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Marode Landstraßen, eine schimmelige Feuerwache – der Sanierungsbedarf in den Gemeinden ist allgegenwärtig und immens. Geld und Personal zur Umsetzung könnte knapp werden.

12.09.2025 | 2:54 min

Die Liste des Sanierungsbedarfs ist lang. Kaputte Fenster, Löcher in den Wänden, Schimmel - im Internat, wo Büchsenmacher ihr einzigartiges Handwerk lernen sollen, wäre eine Renovierung längst überfällig. Das Schulgebäude des Suhler Förderzentrums für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedürfnissen wurde gerade für 13 Millionen Euro saniert. Für den Schulhof reicht es nun aber nicht mehr. So glänzt es drinnen, draußen bleibt Baustelle.

Über 200 Millionen Euro Investitionsstau

"Der Investitionsstau, nicht der Investitionsbedarf, liegt bei über 200 Millionen Euro", sagt André Knapp. Bei einem Haushaltsvolumen von jährlich 130 Millionen Euro stelle das die Stadt vor immense Herausforderungen.

Helfen soll da künftig das Sondervermögen des Bundes. 500 Milliarden Euro neue Schulden will der Bund aufnehmen, um die Infrastruktur in Deutschland voranzubringen. Der Gesetzentwurf, der heute im Bundestag beschlossen werden soll, sieht vor, dass davon 100 Milliarden innerhalb der nächsten 12 Jahre an Länder und Kommunen fließen, verteilt nach dem Königsteiner Schlüssel.

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So würde das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen am meisten bekommen - etwa 21 Prozent. Dem Freistaat Thüringen würden rund 2,5 Prozent des Sondervermögens zustehen.

Sachsen-Anhalt: 60 Prozent für die Kommunen

Wie viel dann wirklich bei den Kommunen vor Ort ankommt, ist derzeit noch offen. Im ursprünglichen Regierungsentwurf war ein Mindestanteil von 60 Prozent der Mittel für die Kommunen vorgesehen. Der wurde im Kabinettsentwurf gestrichen, was unter anderem der deutsche Städtetag kritisiert.

Sachsen-Anhalt beispielsweise sieht trotzdem vor, den Kommunen 60 Prozent, rund 1,6 Milliarden Euro, als pauschale Budgets zur freien Verwendung - innerhalb der Vorgaben des aktuellen Gesetzentwurfes der Bundesregierung - zur Verfügung zu stellen. Die übrigen 40 Prozent stünden für Investitionsmaßnahmen des Landes zur Verfügung, wobei auch kommunale Maßnahmen unterstützt werden könnten.

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100 Milliarden Euro sollen in den nächsten 10 Jahren für Infrastruktur an Länder und Kommunen fließen. Geld, das man in Sachsen-Anhalt dringend benötigt, etwa für marode Brücken.

13.09.2025 | 2:00 min

Thüringen plant eigenes Investitionsprogramm

Thüringen will auf das Geld vom Bund noch eigenes drauflegen und plant ein zusätzliches Investitionsprogramm. So sollen die Gemeinden, Städte und Kreise zwischen 2026 bis 2029 insgesamt eine Milliarde Euro erhalten. "Wir wissen, es gibt einen riesigen kommunalen Investitionsstau, da wollen wir ran", so Finanzministerin Katja Wolf (BSW) zu ZDFheute.

An die Kommunen verteilt wird das Sondervermögen nach Aufgaben und pro Kopf. Die sinkenden Einwohnerzahlen stellen sie jedoch vor weitere Herausforderungen - je weniger Einwohner, desto weniger Geld. Das macht auch dem Suhler Oberbürgermeister Sorgen. Dennoch findet er, die Investitionsprogramme seien ein Schritt in die richtige Richtung.

Es ist aber illusorisch zu glauben, dass wir mit diesen Mitteln den Investitionsstau, den wir haben, in kurzer Zeit aufholen können.

André Knapp (CDU), Oberbürgermeister Suhl

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Städtetag: "Kein Durchbruch, aber eine Hilfe"

Das betont auch der Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Leipzig Burkhard Jung (SPD): "Es wird nicht den Durchbruch bringen, aber es wird ein wenig helfen, vor Ort handlungsfähiger zu werden." Er fordert Tempo von den Ländern - bei der Verabschiedung der Landesgesetze, wie das Sondervermögen verteilt wird, und bei der Verteilung selbst.

Die Mittel müssen möglichst unkompliziert in den Kommunen ankommen, ohne komplizierte Antragsverfahren oder Förderkriterien.

Burkhard Jung (SPD), Präsident des Deutschen Städtetags

Experten vom ifo Institut fordern, dass die Mittel aus dem Sondervermögen zusätzlich sein müssen und nicht Projekte ersetzen, die ohnehin schon geplant waren.

Mona Trebing ist Redakteurin im ZDF-Studio in Erfurt.

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