Investitionsstau in den Kommunen: Bund-Länder-Gipfel soll helfen

Bund, Länder und Kommunen:Milliarden-Roulette um Investitionen

Susana Santina
von Susana Santina
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Nicht nur die Bundesländer, auch die Kommunen kämpfen mit Haushaltslöchern und fordern vom Bund Kompensationen für Steuerausfälle und Mehrausgaben.

Geldscheine mit dem Wert von 100 und 50 Euro liegen auf einem Tisch
Die Kommunen in Deutschland haben Schwierigkeiten ihre Ausgaben zu finanzieren. Der Bund-Länder-Gipfel soll Abhilfe schaffen.(Symbolfoto)
Quelle: dpa

Für Unternehmen, die Maschinen, Geräte und Elektroautos herstellen, will die Bundesregierung künftig bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten schaffen. Das ist eines der wichtigen Themen beim heutigen Bund-Länder-Gipfel, zu dem auch Bundeskanzler Friedrich Merz erwartet wird.
Doch dieses Entlastungspaket bedeutet für die Bundesländer enorme Steuerausfälle, deswegen fordern sie vom Bund eine angemessene Kompensation. Genauso wie die Kommunen, die deutschlandweit mit knapp 25 Milliarden Euro unterfinanziert sind.
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Landrat: Mit den Kosten allein gelassen

Auch im hessischen Rheingau-Taunus-Kreis schreibt man tiefrote Zahlen. CDU-Landrat Sandro Zehner spricht von einer sehr ernsten Lage. 153 Millionen Euro betrage die Unterfinanzierung, das heißt, diese Summe gebe man aus, auf Basis von Bundesgesetzen, die man aber vom Bund nicht erstattet bekomme. Kostentreiber sei z.B. das Bundesteilhabegesetz, dass die Sozialleistungen massiv in die Höhe getrieben habe. Das treffe die Kommune besonders.
Und dass das, was 2015 und 2016 noch gegolten habe, nicht mehr gelte. Damals, so Zehner, habe die Merkel-Regierung nicht nur gesagt, wir schaffen das, sondern auch wir zahlen das. Mittlerweile werde man mit den Kosten allein gelassen.

Und genau das ist das, was uns dann als Vollzugsbehörden vor Ort, also die Ebene, die für den Bürger die Leistungen tatsächlich organisiert und bereitstellt, am Ende das Genick bricht.

Sandro Zehner, CDU-Landrat Rheingau-Taunus Kreis

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Der Investitionsstau wächst

Auch der vom Bund beschlossene kostenlose Anspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 stellt den Rheingau-Taunus-Kraus, wie viele Kommunen, vor große Probleme. In der Äskulap Grundschule in Schlangenbad wird seit November ein Neubau errichtet.
Der sei nötig geworden, weil man keine Mensa, keine Aula, keine ausreichenden Klassen- und Betreuungsräume habe, sagt Schulleiterin Kirsten Jochim-Thomas. Im Hinblick auf den bevorstehenden Rechtsanspruch rechne man damit, dass sich zumindest fast alle Erstklässler anmelden würden.

Wir betreuen jetzt schon ca. 140 Kinder, die hier im alten Bau und in den Containern überall untergebracht sind. Und das wird einer ganztägigen Betreuung, wie sie vorgesehen ist, nicht gerecht.

Kirsten Jochim-Thomas, Schulleiterin Grundschule Schlangenbad

Grundschule: Zu wenig Geld für Neubau

Die Kinder bräuchten Rückzugsräume, Räume, in denen sie auch in kleinen Gruppen spielen könnten. Bei ihnen in der Grundschule in Schlangenbad sei das alles sehr zusammengepfercht, so die Schulleiterin.
Nur 80.000 Euro habe die Kommune für die Ausstattung des Neubaus zur Verfügung stellen können. "Das Budget war zunächst nur für die Küche. Und dann habe ich gesagt, ja, und wo sollen jetzt unsere Kinder sitzen, wo sollen die arbeiten? Dann waren erstmal Fragezeichen in 15 Gesichtern. 80.000 Euro ist zu wenig. Das kann ich Ihnen schon sagen."
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Kommunen fordern Bestellerprinzip

Die finanzielle Not der Kommune zeigt sich auch in der Außenstelle der Kreisverwaltung in Bad Schwalbach. Seit 2021 arbeiten die Mitarbeiter in einem Gebäude, das nicht nur wegen seines gemusterten Teppichs an die 70er Jahre erinnert. Mit renovierungsbedürftigen Fenstern, schlechter Internetverbindung und in kleinen Räumen, wo sich neben den Schreibtischen noch Duschkabinen befinden.
Denn bis 2004 war das Gebäude Sitz der Tannenwald-Klinik und eine grundlegende Renovierung, um das vergessen zu lassen, war aus finanziellen Gründen bis heute nicht möglich. Tobias Scheffel, der Sprecher des Rheingau-Taunus-Kreises sieht ebenfalls vor allem den Bund als Verursacher:

Wir übernehmen extrem viele Aufgaben für Bund und Land, die sind aber nicht gegenfinanziert.

Tobias Scheffel, Sprecher Rheingau-Taunus-Kreis

Ein Haushaltsproblem, was sehr viele Landkreise mittlerweile in Hessen aber auch bundesweit hätten, so Scheffel weiter. Im Rheingau-Taunus-Kreis ist man sich einig. Wenn der Bund Gesetze beschließe, die in den Kommunen Kosten verursachen, sollte er auch zahlen. Es müsse das Bestellerprinzip gelten.
Susana Santina ist Reporterin im ZDF-Studio in Hessen.

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Quelle: dpa

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