Marode Infrastruktur: Bundestag berät Milliardenpaket

Bundestag berät:Milliarden für marode Infrastruktur - mit Zweifeln

|

Milliarden für die Infrastruktur in Ländern und Kommunen: Die Regierung verteidigt ihr Paket, die Opposition zweifelt am Erfolg. Experten befürchten, dass das Geld versickert.

22. Bundestagssitzung: Blick ins Plenum zu Beginn der Sitzung, Bundesminister der Finanzen Lars Klingbeil (SPD) steht am Rednerpult

100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen Länder und Kommunen bekommen, um ihren Investitionsstau aufzulösen. Linke und AfD üben Kritik. Kommende Woche wird abgestimmt.

12.09.2025 | 1:38 min

Verkehr, Bildung, Sport: Mit 100 Milliarden Euro will der Bund Ländern und Kommunen unter die Arme greifen, um die marode Infrastruktur aufzumöbeln. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil verteidigte die schwarz-roten Pläne in einer ersten Lesung im Bundestag.

Es ist höchste Zeit, dass der bröckelnde Putz, die gesperrten Bäder und die kaputten Bolzplätze endlich verschwinden aus unserer Landschaft.

Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister

"Und dafür nehmen wir jetzt Geld in die Hand", sagte Klingbeil. Die Länder müssten dafür die nötigen Mittel bekommen. Sie sollten auch in Kultureinrichtungen, Sportstätten und Schwimmbäder fließen, so der SPD-Chef.

Wir räumen einen Investitionsstau beiseite, der jahrelang Kinder, Vereine und Ehrenamtliche buchstäblich ausgebremst hat.

Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister

Hamburg: Schlaglöcher und Fahrbahnschäden auf einer Seitenstraße in Hamburg-Eimsbüttel

Marode Landstraßen, eine schimmelige Feuerwache - der Sanierungsbedarf in den Gemeinden ist allgegenwärtig und immens. Geld und Personal zur Umsetzung könnte knapp werden.

12.09.2025 | 2:54 min

Befürchtung, dass das Geld versickert

Die klare Erwartung sei, dass ein Großteil der Gelder auch bei den klammen Kommunen ankomme, stellte der Vizekanzler klar. Er reagierte damit auf Bedenken unter anderem in den Kommunen, dass dies wegen unklarer Gesetzesformulierungen nicht sichergestellt sei.

Kritiker monieren, der Gesetzentwurf schreibe nicht explizit fest, dass auf kommunaler Ebene die Investitionen zusätzlich zu bereits geplanten Maßnahmen stattfinden müssen. Der Bundesrechnungshof mahnte in einem Bericht: Im Gesetzentwurf fehlten Mindestvorgaben, der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sei unzureichend verankert, Erfolgskontrollen fehlten.

Leeres klassenzimmer symbolbild marode Schulen

Bröckelnder Putz, kaputte Toiletten: Viele Schulen verfallen. Länder und Kommunen sollen nun ihren Anteil am Infrastruktur-Sondervermögen erhalten, der dringend gebraucht wird.

11.07.2025 | 2:34 min

Es bestehe die Gefahr, dass die 100 Milliarden Euro der Länder nur in geringem Maße für zusätzliche Investitionsprojekte verwendet würden, befürchtet auch das Münchner Ifo-Institut. "Die Politik sieht vor, dass mit den neuen Schulden auch bereits geplante Investitionsvorhaben finanziert werden können", sagte Ifo-Forscher Niklas Potrafke. Dann stehe in den Kernhaushalten mehr Geld für Anderes zur Verfügung. "De facto wäre dies eine schuldenfinanzierte Ausweitung des Sozialstaates." So werde das viele Geld nicht zu mehr Wirtschaftswachstum führen.

Wenn statt neuer Straßen Theater oder Sportplätze finanziert werden, wird der gewünschte Effekt nicht eintreten.

Ifo-Forscher Niklas Potrafke

Verteilt wird das Geld nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. 21,1 Prozent der Mittel gehen demnach an Nordrhein-Westfalen, Bayern bekommt 15,7 Prozent, Baden-Württemberg 13,2 Prozent. Am wenigsten erhält der kleine Stadtstaat Bremen mit 0,9 Prozent. Projekte können finanziert werden, wenn sie nicht schon vor Anfang 2025 begonnen wurden.

Bis Ende 2036 können Maßnahmen bewilligt werden. Neben der Verkehrsinfrastruktur kann das Geld auch in den Bevölkerungsschutz, Krankenhäuser und Pflegeheime, Energieinfrastruktur, Bildungsstätten und Digitalisierung fließen.

Das Geld kommt aus dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen, für das im Frühjahr eigens das Grundgesetz geändert wurde.


Opposition: Tropfen auf heißen Stein

Kritik am Gesetzespaket kommt auch von der Opposition. Die Linke sprach im Bundestag von einem Tropfen auf den heißen Stein, der bei weitem nicht ausreiche, um den Investitionsstau aufzulösen.

Die AfD bemängelte, dass die schwarz-rote Koalition Probleme nur mit neuen Schulden zu lösen versuche. Weil die Baukapazitäten begrenzt seien, würden die Schulden am Ende zu höheren Preisen führen. Statt neuer Brücken werde es teurere Brücken geben. "Das wird nicht zu Wirtschaftswachstum führen", sagte AfD-Haushaltsexperte Michael Espendiller.

SGS Bethmann

Der Finanzminister betont den Nutzen des Infrastruktur-Pakets. Kommunen und Experten warnen jedoch vor versickernden Mitteln. ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann berichtet.

12.09.2025 | 1:03 min

Der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg verteidigte dagegen die Finanzpläne. "Wir handeln mit diesem Gesetz und zwar ganz konkret." Er bemängelte, dass die Länder bei der Verteilung der 100 Milliarden eine Mindestquote zugunsten der Kommunen verhindert hätten. Dies wäre fairer gewesen. Die Länder seien in der Pflicht.

Die Möglichkeiten des Bundes sind begrenzt.

Mathias Middelberg, CDU-Haushaltspolitiker

Talbrücke im Odenwald gesprengt

Hessen hat besonders viele marode Brücken – ein Symbol für den Sanierungsstau im ganzen Land. Der Haushalt 2026 soll helfen. Doch reicht das für die Infrastrukturwende?

30.07.2025 | 2:44 min

Ein Referentenentwurf Anfang Juni sah noch vor, dass mindestens 60 Prozent der Gelder für die Länder an die Kommunen gehen. Diese Quote tauchte aber in dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf nicht mehr auf.

Infrastruktur für Länder und Kommunen

Infrastruktur für Länder und Kommunen: Die Debatte im Bundestag in voller Länge bei Phoenix

12.09.2025 | 63:53 min

Quelle: Reuters, AFP, dpa

Mehr zur schwarz-roten Haushaltspolitik