Schwarz-Rot beschließt Rentenreform :Regierungskrise abgewendet, Grundsatzfragen offen
von Jan Henrich und Stefanie Reulmann
Der Bundestag hat dem Rentenpaket mit absoluter Mehrheit zugestimmt. Grundlegende Fragen zur Rente sind allerdings noch offen und der Streit könnte der Koalition noch nachhängen.
Mit 318 Stimmen hat das Rentenpaket die absolute Mehrheit knapp erreicht. Trotz Abweichlern in den eigenen Reihen musste sich die Union nicht auf die angekündigte Enthaltung der Linken verlassen.
05.12.2025 | 1:52 minAls der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Jens Spahn nach der Abstimmung vor die Presse trat, hielt sich seine Erleichterung in Grenzen: "Jeder Debatte muss eine Entscheidung folgen", sagte er nüchtern. Mit 318 Ja-Stimmen hatten Union und SPD ihr Rentenpaket knapp mit der gewünschten "Kanzlermehrheit" durch den Bundestag bringen können.
Auf Enthaltungen aus der Linksfraktion war die Koalition am Ende nicht angewiesen. Die befürchtete Eskalation blieb damit aus. Doch das Gerangel um die Abstimmung könnte in der Koalition noch nachhängen und es zeigt sich: Bei den anstehenden noch größeren Rentenfragen scheint eine gemeinsame Linie weit entfernt.
Bei der "Kanzlermehrheit" muss das Abstimmungsergebnis im Bundestag um mindestens eine Stimme über der Hälfte aller Abgeordneten liegen. Bei derzeit 630 Bundestagsabgeordneten ist dies also bei 316 Stimmen erreicht. Diese absolute Mehrheit der Stimmen bezieht sich also nicht spezifisch auf die regierungsbildenden Fraktionen im Parlament.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung/Bundestag
Das Rentenpaket hat mit 318 Stimmen die absolute Mehrheit knapp erreicht. Was das für den Kanzler und die Union bedeutet, ordnet ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese ein.
05.12.2025 | 1:00 minUnion bekräftigt staatspolitische Verantwortung
Sieben Unions-Abgeordnete blieben bei ihrem Nein, trotz Koalitionsvertrag. CDU-Abgeordneter Pascal Reddig verteidigte seine Ablehnung im Parlament, andere Mitglieder der Jungen Gruppe ließen sich Umstimmen.
Das hat der Bundestag heute beschlossen:
Das Rentenpaket enthält die von der CSU durchgesetzte Mütterrente. Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, erhalten ein halbes Erziehungsjahr mehr, was etwa einem halben Rentenpunkt entspricht. Die Mütterrente soll erst zum 1. Januar 2027 eingeführt werden. Davon profitieren etwa 9,7 Millionen Mütter.
Die Aktivrente, die die CDU durchgesetzt hat, soll Rentnern ab dem 01. Januar 2026 ermöglichen, monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei hinzuzuverdienen.
Mit der Haltelinie, die das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 stabil bei 48 Prozent halten soll, hat sich die SPD durchgesetzt. Dieser Teil des Rentenpakets ist aufgrund der damit verbundenen, massiv steigenden Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr umstritten.
Vermutlich, um weiteren Schaden von der Koalition abzuwenden. Die Motivation vieler Unions-Abgeordneter brachte deren Fraktionsvorsitzender nach der Abstimmung auf den Punkt:
Wir haben zugestimmt, weil wir zu den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag stehen.
Jens Spahn, Unions-Fraktionsvorsitzender
Spahn hatte in den letzten Tagen etliche Gespräche geführt, um Abweichler einzufangen. Doch auch wenn die Wogen mit der Zustimmung zum Rentenpaket geglättet scheinen, dürfte es hinter den Kulissen in der Koalition weiter gären - zu unterschiedlich sind die Vorstellungen von Union und SPD in der Rentenpolitik.
Weil die Lebenserwartung immer weiter steige, müsse das Renteneintrittsalter daran angepasst werden. Das reduziere auch die Kosten, sagt Prof. Andreas Peichl bei ZDFheute live.
05.12.2025 | 10:12 minJunge Gruppe drängt auf zügige Reformen
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion pocht auf das anstehende zweite Rentenpaket. Aus Sicht von Johannes Winkel, CDU-Abgeordneter und Vorsitzender der Jungen Union, stehe die Regierung im Wort grundlegende Fragen des Rentensystems anzugehen. Der Reformbedarf sei durch das heute beschlossene Gesetz und damit einhergehenden finanziellen Belastungen für den Bundeshaushalt sogar größer geworden, so Winkel.
Der Rentenrebell kritisiert insbesondere eine mangelnde Kompromissbereitschaft der SPD. Doch dass der Mangel auf beiden Seiten bestehen könnte, zeigt ein anderer Vorgang aus den vergangenen Tagen.
Der Bundestag hat das Rentengesetz der schwarz-roten Regierung mit absoluter Mehrheit beschlossen. "Wir sehen, wie die Kanzlerdemokratie zerbröselt", so Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte.
05.12.2025 | 3:02 minKaum Einigkeit bei großer Rentenreform in Sicht
Mit einem Entschließungsantrag wollten Union und SPD einen Rahmen für die Arbeit der Kommission geben und damit eigentlich Kritiker beschwichtigen. Die Koalitionsspitzen hatten sich darauf geeinigt. Doch ähnlich wie beim Rentenpaket selbst, folgte unmittelbar Widerstand aus den eigenen Reihen.
Die Formulierung des Antrags ließ Raum für eine allgemeine Prüfung der Frage, ob auch auf Kapitalerträge Rentenbeiträge erhoben werden könnte. Das sorgte in der Union für Unmut. Am Ende wurde das Papier nicht verabschiedet.
Der Bundestag hat das umstrittene Rentengesetz mit einer absoluten Koalitionsmehrheit beschlossen. Analyse und Hintergründe bei ZDFheute live.
05.12.2025 | 149:24 minMerz: "Erst der Anfang"
Ihre Arbeit soll die Rentenkommission dennoch aufnehmen und das schnell. Noch im Dezember will Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) das Gremium einsetzen. Im Sommer sollen bereits Ergebnisse präsentiert werden.
Ob Empfehlungen von einer Expertengruppe die politischen Gräben zwischen den Koalitionspartnern dann überbrücken können, muss sich zeigen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) betonte heute, dass man nun an einem Anfang stehe. Ob am Ende ein ähnliches Gerangel, wie beim aktuell verabschiedeten Rentenpaket steht, scheint nicht ausgeschlossen.
Jan Henrich und Stefanie Reulmann berichten aus dem ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.
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